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Die sogenannten Geisterfahrräder werden in Berlin aufgestellt, wenn ein Radfahrer bei einem Verkehrsunfall stirbt (Symbolbild).

© Tobias Kleinschmidt dpa/lbn

Update

Tod einer Radfahrerin in Neukölln: Lkw-Fahrer nach Abbiegeunfall zu Geldstrafe verurteilt

Im November 2016 wurde eine Radfahrerin von einem Lastwagen überrollt und starb. Dessen Fahrer muss nun wegen fahrlässiger Tötung 2700 Euro bezahlen.

Ein weiß gestrichenes Fahrrad, ein sogenanntes Geisterrad, erinnert an die 76 Jahre alte Frau. Bärbel M. war mit dem Rad unterwegs und bei grüner Ampel angefahren, als sie von einem nach rechts abbiegenden Lkw erfasst wurde. Neun Monate später musste sich der 57-jährige Fahrer vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten. Ihm gegenüber als Nebenkläger saß der 82-jährige Witwer. Weinend und in dem Bewusstsein, dass keine Strafe seinem Verlust gerecht werden kann.

"Es tut mir unendlich leid"

Es war 15.50 Uhr, als Ralf F. mit einem schweren Sattelschlepper an einer Ampel in der Gutschmidtstraße in Neukölln stand. Er wollte rechts in den Buckower Damm abbiegen. Als die Ampel auf Grün sprang, fuhr er an – langsam, wie er sagte.

„Ich sah in den Spiegel, da war nichts. Ich kann mir nicht erklären, wo die Frau herkam.“ Er wandte sich an den Witwer. „Es tut mir unendlich leid, dass ich einen Menschen aus dem Leben gerissen habe. Auch ich muss mit der Tatsache leben.“ 

Die Seniorin befand sich auf dem Radweg parallel zur Straße. Sie wollte ihre Fahrt geradeaus fortsetzen, geriet in den „toten Winkel“. Ein Zeuge sagte, der Lkw habe sie mit der rechten Ecke der Zugmaschine erfasst. „Er ist ohne zu bremsen über die Frau gerollt.“ Sie verstarb wenig später.

Straßenverkehrsrechtlich eine weiße Weste

Der Angeklagte sei kein gewissenloser Kraftfahrer, hieß es nun. Eher das Gegenteil: Seit 32 Jahren ist er Berufskraftfahrer und hat auch straßenverkehrsrechtlich eine weiße Weste. 

Mit Wimpel und LED-Lampen hatte F. sein Fahrerhaus damals ausstaffiert – zum Teil unzulässig. „Dadurch war meine Sicht aber nicht beeinträchtigt“, erklärte er nun. Auch die Anklage ging nicht davon aus. „Er hätte sich beim Heranfahren an die Ampel vergewissern müssen, ob da Radfahrer sind.“

Haupttodesursache für Radfahrer 2016: rechtsabbiegender Lkw

17 Radfahrer starben im Jahr 2016 bei Verkehrsunfällen in Berlin, Ursache Nummer eins waren rechtsabbiegende Lkw. Im Fall von F. stand für das Gericht fest: Eine „minimale Unachtsamkeit“ löste eine Tragödie aus. Der „tote Winkel“ sei beim Lkw groß, der Fahrer müsse sich darauf einstellen, „notfalls superlangsam“ abbiegen. Und: „Motorisierter Straßenverkehr bleibt ein Risiko.“ Das Gericht folgte dem Ankläger – wegen fahrlässiger Tötung wurde eine Strafe von 2700 Euro verhangen.

Heinrich Strößenreuther, Mit-Initiator des Volksentscheids Fahrrads, rief in den sozialen Netzwerken zu einer Mahnwache auf: an diesem Donnerstag um 12 Uhr vor dem Amtsgericht in der Turmstraße 91.

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