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Hinaus zur Fête. Jeder kann mitmachen, jede Straßenecke zur Bühne werden – das ist das Schöne am alljährlichen Ereignis.

© dpa / Gregor Fischer

Tipps zur Fête de la Musique 2019 in Berlin: Es klingt und schwingt, es trötet und flötet

Berlin feiert am Freitag zum Sommeranfang die Fête de la Musique. Alles umsonst, vieles draußen: Hier finden Sie die Höhepunkte, Bezirk für Bezirk.

12 Bezirke, 12 Bühnen? Nein, es sind viel mehr. In unseren Tagesspiegel-Newslettern haben wir - Bezirk für Bezirk - viele Tipps zur Fête de la Musique konkret für Ihren Kiez zusammengetragen. Eine Auswahl finden Sie hier. Und noch viel mehr Tipps für Ihren Bezirk in unseren Newslettern. Die können Sie ganz unkompliziert und kostenlos bestellen unter leute.tagesspiegel.de.

Neukölln

Eine besonders große Bühne steht etwas abseits der Ringbahn am Jugend-, Kultur- und Werkzentrum (JKW) in der Grenzallee 5. „Die Fête ist ein Begegnungsort für viele Menschen“, sagt Leiterin Jana Krystlik-Einberger. Gerade in einem Bezirk, der so bunt und divers wie Neukölln sei, hätten die Jugendlichen bei der Fête die Möglichkeit, mal über den eigenen Tellerrand zu schauen und Menschen zu treffen, denen sie in ihrem Alltag nicht unbedingt begegnen. Auf der „No Frontiers“-Bühne am JKW stehen vor allem Hip-Hop-Bands. Die meisten Acts kommen selbst aus dem JKW.

Zeichnet Neukölln eigentlich musikalisch Hip-Hop aus? Ja, sagt „Von Wegen Lisbeth“-Sänger Matthias Rode, selbst Wahlneuköllner. „Musik, die aus den geleasten BMWs auf der Sonnenallee zu hören ist.“ Einen typischen Neuköllner Sound gibt es laut Rode aber nicht. Eher so Institutionen: Livekonzerte im „Keller“ (Karl-Marx-Straße 52) oder den legendären „Blue Monday“ im „Sandmann“ (Reuterstraße 7). So klingt es auch bei der Fête auf jeder Bühne im Bezirk anders, von Hip-Hop und Jazz über Rock bis zu Gospel. Madlen Haarbach

Steglitz-Zehlendorf

Ihre Stimme ist tief, dunkel, jazzig: Marissa Möller, die Leadsängerin der Kölner Band „molass“, hat erst Musical und dann Schauspiel studiert, als Bühnenprofi kann sie auch fechten. Mehrere Jahre gehörte sie fest zum Ensemble des Schlosstheaters Moers. Dann gründete sie gemeinsam mit dem Pianisten Jan Lammert „molass“. Das Quartett experimentiert mit Neo-Soul und Jazz, die Musik bleibt aber zugänglich und tanzbar, es groovt. Hören Sie hin: Bei der Fête feiert „molass“ Berlin-Premiere. Los geht es um 20.30 Uhr auf der Dorfplatzbühne im Studentendorf Schlachtensee (Wasgenstraße 75). Boris Buchholz

Friedrichshain-Kreuzberg

Im „Birgit und Bier“ (Schleusenufer 3) gibt es ab 16 Uhr Musik unter freiem Himmel, bis die Party um 22 Uhr nach drinnen verlagert wird. Es spielen zum Beispiel Reinhardt Buhr, The Blue Ones und Blouzouki. Auch im Badehaus auf dem RAW-Gelände (Revaler Straße 99) findet ein Open Air statt, ab 16 Uhr spielen unter anderem Make A Move, Tanka Elektra und Lisaholic.

Im Gretchen (Obentrautstrasse 19-21) werden die Tanzbeine ab 22 Uhr mit „Berlin’s finest Drum’n’Bass“ in Schwung gebracht, unter anderem von Survey, Phonomat, Mr. Jay und Emma Deluxe. Im Garten der Wilden Renate (Alt-Stralau 70) performen ab 16 Uhr Seven Sisters, Curses und Alexander Arpeggio. Die ganze Nacht gefeiert werden kann im Ritter Butzke (Ritterstrasse 26) – unter freiem Himmel zum Beispiel mit Sailor & I, Tropical Space Patrol und dapayk solo & VARS. Nele Jensch

Charlottenburg-Wilmersdorf

Erstmals beteiligt sich das Netzwerk Süd-West Berlin und verspricht am Rüdesheimer Platz „ein bunt gemischtes Programm aus Brass, Jazz, Chansons und Gospel“. Los geht’s um 16 Uhr mit dem Jazzorchester Kreuzberg und vielen Talenten aus der Berliner Jazzszene. Argentinische Klänge bringt ab 17.15 Uhr das Singer-Songwriter-Duo Ron Görlick und Gabriela Beradone auf die Bühne.

Mit Gypsy-Musik und Klezmer macht die Band Aero Brass ab 18.15 Uhr weiter, um 19 Uhr singt der Chor „Wings of Joy“ Gospelmusik. „Spatz trifft Engel“, heißt eine Hommage der Schauspielerin und Sängerin Cornelia Schönwald an Edith Piaf und Marlene Dietrich (ab 20 Uhr). Zum Abschluss will der Chor „Singing me happy“ ab 20.45 Uhr mit Jazz gute Laune verbreiten. Übrigens kann man auf dem Platz auch gemütlich ein Glas Wein trinken: Parallel zur Fête geht das Winzerfest „Rheingauer Weinbrunnen“ weiter.

Bisher nicht verzeichnet im Fête-Programm ist eine Veranstaltung im Lietzenseepark: Vor dem alten Parkwächterhaus plant der Bürgerverein Parkhaus Lietzensee ab 15 Uhr ein Programm mit Musikern, einem Eiswagen und einer Freiluftbar. Zusätzlich informieren die engagierten Anwohner aber auch über die Sanierung des Baudenkmals, das sie zum Nachbarschaftstreff machen wollen. Besucher können an Begehungen der Baustelle teilnehmen. Cay Dobberke

Treptow-Köpenick

Leona Heine, Singer-Songwriterin mit biografischen Wurzeln in Treptow-Köpenick, ist am Freitag um 19 Uhr im Kiezclub Adlershof zu sehen und zu hören. Heine spielt Gitarre und singt, zumeist auf Deutsch, erzählt aus ihrem Leben, von Träumen und Sehnsüchten. Sie wurde an der Musikschule Adlershof ausgebildet. Ihr letztes Album „Unvergessen“ ist im Herbst erschienen.

Viele Auftritte in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg absolviert Heine inzwischen mit einer Loop-Station, dabei werden live eingespielte Sequenzen aufgenommen und wieder abgespielt. Das lässt ihre Musik noch professioneller klingen und macht es leichter, auch mal ohne Band aufzutreten. Heines Plan B heißt weiterhin Musiklehrerin. Auf diesen Abschluss studiert sie an der Universität der Künste. Thomas Loy

Lichtenberg

Das Kiezfest Ostseeviertel bringt Stimmung in die Ruhe am Malchower See. Von 15 bis 20 Uhr findet das Kiezfest statt. Zum Bühnenprogramm mit Musikern aus der ganzen Stadt präsentieren Vereine und Träger aus dem Stadtteil mit Mitmachaktionen ihre Arbeit. Karussellfahren, Bogenschießen, Tombola und eine Bungee-Spinne beleben den Platz.

Die Polizei codiert Fahrräder und Herthino von Hertha BSC sorgt mit seiner Torwand für WM-Feeling. Riesenseifenblasen laden zum Träumen ein, die Feuerwehr bringt alle wieder in die Realität zurück und bei der Mitmach-Rallye gibt es etwas zu gewinnen. Robert Klages

Reinickendorf

Auf der Fête-Bühne am Stadtplatz im Märkischen Viertel spielt ab 16 Uhr eine Mädchenband, die sich im Jugendzentrum „ComX“ gefunden hat. Die sieben Mädchen auf der Bühne covern aktuelle Songs und interpretieren Hits der 80er, 90er und 00er. Ab 17 Uhr kommt die Band „Ahabs Linkes Bein“ auf die Bühne – dahinter steckt das Brüderpaar Matthias und Daniel Hartwig.

Zitat aus der Bandbeschreibung: „Es wird rührselig von den kleinen Dingen gesungen, nur um kurz darauf schwer verkatert und doch hocheloquent drauf zu spucken und lächelnd, mit gebrochenem Herzen und dem Kopf in den Wolken, den Untergang zu predigen.“ Und später: Elektronik, Hip-Hop... Gerd Appenzeller

Tempelhof-Schöneberg

Der Lesbenchor Spreediven tritt um 17.30 Uhr im Belmundo auf, Winterfeldtstraße 36.

Wer sind die Spreediven?

Wir sind ein Lesbenchor mit 20 Sänger*innen aus Berlin und dem Umland. Wir sind jung und alt, brünett, blond und Perücken-blau, haben Kinder oder keine und arbeiten oder nicht in den verschiedensten Berufen. Seit 2001 singen und feiern wir in wechselnden Besetzungen.

Welche Lieder stehen auf dem Programm?

Unser Repertoire umfasst Pop, Jazz, Klassik und internationale Folklore. Von allem werden wir auf der Fête de la Musique etwas singen.

Was bedeutet die Fête de la Musique für die Diven?

Der Inbegriff des Sommers: Vielfalt, Fröhlichkeit und Verständigung über alle Grenzen hinweg, Musik auf Straßen, Plätzen, Parks – umsonst und draußen!

Wo treten Sie sonst auf?

Wo immer wir gefragt sind, ob Straßenfest, Kirche oder Friedhof. Wir beteiligen uns an queeren Chorveranstaltungen wie dem LFCT (Lesben Frauen Chöre Treffen), Nordakkord und der „Schönen Bescherung“. Zuletzt waren wir auf dem Crelle-Fest zu hören.
Die Fragen stellte Sigrid Kneist.

Mitte

Antoine Villoutreix ist Franzose und lebt seit vielen Jahren in Berlin. „Paris-Berlin“ heißt sein neues Album. Er ist Germanist und singt einige Lieder auf Deutsch. Das Album soll seinen Werdegang in den beiden Städten symbolisieren. „Paris und Berlin sind komplementär“, sagt er. „Sie unterscheiden sich in sehr vielem: Paris ist sehr viel dichter als Berlin, die Innenstadt ist klein, es gibt wenig Platz und sehr viele Menschen. Weite spürt man in Paris auf den Boulevards, von denen ich in meinem Lied, ‚Les boulevards de Paris‘ singe.“

Solche Boulevards gebe es auch in Berlin, zum Beispiel die Straße des 17. Juni. Die Weite würde man in Berlin besonders in den Parks und Grünflächen spüren, die einzigartig für eine Großstadt seien. Für Villoutreix bedeutet Berlin Freiheit. Als er nach Berlin kam, war alles neu für ihn. Fest stand, dass er die Stadt „tiefer kennenlernen“ wollte. Dabei hilft ihm die Musik.

„Ich bin Berliner“, sagt er. „In meinem Song ‚Berlin‘ singe ich über eine Punkfigur an der Warschauer Straße, die mich sehr fasziniert. Sie ist für mich typisch Berlin und symbolisiert Freiheit und Selbstbestimmtheit.“ Im Herzen ist er aber doch Franzose: „Chansons sind die ,DNA‘ meiner Musik“, beantwortet Villoutreix die Frage nach seinem Genre. Bei seiner Musik steht der Text ganz klar im Vordergrund, wenn dieser steht, überlegt er, welche musikalischen Farben dazu passen. Das können auch Einflüsse aus Folk, Swing oder Rock sein. Er tritt um 16 Uhr im Centre Français, Müllerstraße 74, auf. Carmel Schnautz

Spandau

Carsten Albrecht, 55, ist Berlins Landeschorleiter und Kirchenmusiker in Staaken. Hier finden Sie das Interview im Spandau-Newsletter mit weiteren Infos.

Was brachte Sie nach Staaken?

Ich komme aus Osnabrück, bin eine Weile gereist und in den 70ern als Kind nach Spandau gekommen, Hakenfelde. Abitur machte ich am Stein-Gymnasium, mein Vater hatte eine Firma für Elektro-Motoren am Klinkeplatz. Ich kam über den Konfirmandenunterricht zur Kirche in Staaken und war ziemlich schnell begeistert von der Orgel. Diese Größe, dieser Farbklang! Ich weiß noch, wie ich als 15-Jähriger in der Wichernkirche in Hakenfelde Unterricht bekam. Ich habe meine Orgel-Lehrerin bewundert. Also habe ich die Nächte durch geübt.

Sie haben nachts in der Kirche geübt?

Wenn die Besucher weg sind und sich draußen nur noch die Nachtigall meldet, hat man die Kirche für sich allein. Sehr romantisch, um an der Orgel zu üben.

Wo steht die beste Orgel in Spandau?

Da gibt es zwei richtig gute. Die eine steht in der Lutherkirche in der Neustadt. Klangschön, aber vielleicht etwas zu groß für die Kirche. Noch besser ist die Orgel in der Kirche St. Nikolai – die passt mit ihrer Größe perfekt in die Kirche. Und sie ist wirklich gut abgestimmt. Da kann man raffinierte Stücke spielen.

Planen Sie etwas Besonderes zur Fête de la Musique?

Ich habe jeden Tag Fête de la Musique. Das ist mein großes Glück! Die Fête ist ein großer Kulturschatz, weil es rausgeht aus den Proberäumen, rauf auf die Straßen – überall in Berlin. Wir haben als Chöre auch schon oft in ganz Berlin mitgemacht.

Eine offizielle Bühne haben Sie aber nicht in Spandau, oder?

Nein, aber wir veranstalten am Freitag unser „music@summernight“-Fest in Staaken. In der Kirchengemeinde am Pillnitzer Weg 8, um 18 Uhr. Der Kinderchor macht den Anfang, musiziert wird bis in die Dunkelheit. Jeder kann vorbeikommen und hören, was wir so machen. Vielleicht sind wir 2020 bei der Fête de la Musique dabei – mit eigener Bühne.
Die Fragen stellte André Görke.

Tipp: In Spandau stehen zwei Bühnen an zwei markanten Orten, die jeder kennt im Bezirk - vorm "Barfly" und vorm "Lutetia". Und gefeiert wird auch nicht nur am Freitag - am Sonnabend steht nämlich das große Wilhelmstadtfest an. Hier im Spandau-Newsletter stellen wir die Bühnen und das Programm vor.

Pankow

Susanne Bormann, 39, ist Schauspielerin („Tatort“, „Russendisko“ oder „Der Baader-Meinhof-Komplex“) und liebt die Musik. Die „Fête de la Musique“ gehört für sie zum Kiez-Pflichtprogramm.

Sie leben in Prenzlauer Berg. Manche Ihrer Nachbarn fühlen sich inzwischen von Musik genervt, wie man an den Diskussionen um den Mauerpark sehen kann. Sie nicht?

Nein. Ich finde es schön, mich auf der Straße immer wieder überraschen zu lassen. Die Lebendigkeit reißt mich aus meinem Alltag. Manchmal kann der Lärm in der Stadt auch nerven. Aber wenn es mir zu viel wird, fahre ich einfach raus aus Berlin.

Gehört Musik zu Ihrem persönlichen Leben?

Zwangsläufig, ich bin ja mit einem Musiker zusammen, da ist das zwangsläufig so. Lustigerweise sind wir sogar auf der Fête de la Musique zusammengekommen – auf der Schönhauser Allee direkt vorm Pfefferberg.

Ist die Fête für Sie also ein jährliches Ritual?

Ja. Früher hat mein Partner selbst immer gespielt, da war ich natürlich dabei. Seit ein paar Jahren haben wir Kinder, aber wir sind trotzdem dabei. Häufig gehen wir dorthin, wo Freunde oder Kollegen spielen. Generell schauen wir einfach ein bisschen mehr danach, ob der Ort auch für Kinder passt. Da gibt es gerade in Pankow viele schöne Locations.

Was sind Ihre Favoriten dieses Jahr?

Ich mag es ja, einfach rumzulaufen und zu schauen, was es so an Musik gibt. Um 17 Uhr spielt die Saythams Balkan Band in der Kleingartenanlage Bornholmer Straße, die wollen wir uns ansehen. Vielleicht gehen wir auch auf den Bauspielplatz „Kolle 37“ in der Kollwitzstraße.

Haben Sie noch keinen Spielplatz-Overkill?

Der Bauspielplatz ist speziell, ein Refugium zwischen den Neubauten am Kollwitzplatz. Verwunschen und kreativ, noch so ein richtiges Stück altes Prenzlauer Berg. Wenn wir das mit den Kindern schaffen, gehen wir zwischendurch vielleicht auch rüber in den Frannz Club in der Kulturbrauerei. Im Biergarten läuft den ganzen Tag Swing. Ab 22 Uhr ist nebenan im Kesselhaus noch „French Night“. Da müssen wir sehen, ob wir nach dem Tag mit den Kids noch genug Energie haben.

Wo gehen Sie tanzen, wenn keine Fête ist?

Einer meiner liebsten Orte war der Club der Republik in der Pappelallee. Leider wurde er abgerissen, jetzt steht da ein Neubau. Da muss ich mir mal wieder was Neues suchen. Zumindest gibt es Clärchens Ballhaus noch, ein toller Ort! Die Fragen stellte Christian Hönicke.

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