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Der Test mit Ultraschall (Sonografie) kommt während der Schwangerschaft dreimal zum Einsatz: im 3., 6. und 8. Monat.

© imago/blickwinkel

Tests während der Schwangerschaft: Bauch unter Beobachtung

Zurzeit wird viel über den Trisomie-Bluttest disktuiert. Er ist aber nur einer von vielen vorgeburtlichen Untersuchungen. Wir stellen die wichtigsten davon vor.

Neun Monate lang wächst ein Kind im Bauch der Mutter heran – eine lange Zeit, in der viel passieren kann. Vorsorgeuntersuchungen erlauben es, die Entwicklung des Ungeborenen zu beobachten und mögliche Krankheiten früh zu erkennen. In Deutschland zahlen die Krankenkassen zahlreiche Grunduntersuchungen von Schwangeren. Hinzu kommen weitere Tests, die die Ärzte als sogenannte Individuelle Gesundheitsleistungen (IGel) anbieten, die werdenden Eltern selbst zahlen müssen. Manche werden nicht von den gesetzlichen Krankenkassen getragen, weil diese deren Aussagekraft bezweifeln. Der Arzt ist verpflichtet, die Schwangere über Aussagefähigkeit, Konsequenzen und Risiken solcher vorgeburtlichen Untersuchungen aufzuklären und eine Einverständniserklärung einzuholen.

Zu den angebotenen Tests gehören auch solche, mit denen der Arzt das Risiko berechnen kann, ob und wie stark Störungen in den Chromosomen des Ungeborenen zu einer Behinderung führen können. „Viele dieser pränatal-diagnostischen Untersuchungen werden heutzutage aus mütterlichem Blut vorgenommen und sind daher ohne jegliches Risiko für das Ungeborene“, sagt Geburtsmediziner Wolfgang Henrich, Direktor der Klinik für Geburtsmedizin der Charité. Ergäben sich daraus auffällige Befunde, seien auch invasive Eingriffe nötig, bei denen mittels einer Punktion Fruchtwasser- oder kleine Mutterkuchenproben aus dem Körper der werdenden Mutter entnommen werden. Auch wenn in den allermeisten Fällen keine Komplikationen auftreten, besteht dabei ein Risiko, eine Fehlgeburt auszulösen.

Manche Tests, vor allem die auf Erbkrankheiten, verlangen die schwere Entscheidung, ob Eltern das Ergebnis überhaupt wissen möchten. Denn vor einem Erbguttest sollte immer die Frage stehen: Wie gehen wir damit um, wenn unser Kind möglicherweise behindert ist? Ist für uns ein Schwangerschaftsabbruch dann überhaupt eine Option? Denn wenn diese Möglichkeit von vornherein ausgeschlossen wird, ist ein Screening auf Behinderungen während der Schwangerschaft eigentlich überflüssig. Grundsätzlich gilt hier, dass jede Schwangere ein Recht auf Nicht-Wissen hat. „In der Realität wünschen sich aber mehr als 99 Prozent der Schwangeren, alles Mögliche zu erfahren“, sagt Henrich. Und das sei auch gut so. Denn es gehe bei diesen Untersuchungen nur nachrangig um das sogenannte Down-Syndrom. „Wichtiger ist die Früherkennung von angeborenen Krankheiten, die zum Teil im Mutterleib behandelt werden können, wie zum Beispiel Herzfehler oder angeborene Fehlbildungen.“ Im Folgenden stellen wir die gängigsten Vorsorgeuntersuchungen, ihre Aussagekraft und Risiken vor und klären, ob die Krankenkassen die Kosten übernehmen.

3., 6. und 8. Monat

Ultraschall ist in der Schwangerschaft die wichtigste Methode, um das sich entwickelnde Kind im Auge zu behalten. Bei der Sonografie werden von einem Schallkopf, den der Arzt über den Bauch der Schwangeren führt, Schallwellen ins Innere des Körpers gesendet und zum Teil als Echo zurückgeworfen. Daraus erzeugt ein Computer ein zweidimensionales Bild des Babys. Sowohl für die Mutter als auch für das Ungeborene sind die Schallwellen ungefährlich.

In der Regel gehen die Eltern während der Schwangerschaft dreimal zum Ultraschall. Der erste Termin findet zwischen der 9. und 12. Schwangerschaftswoche statt und dient vor allem dazu, eine Einlings- oder Mehrlingsschwangerschaft festzustellen, grob die Anatomie des Kindes zu beurteilen und die Vitalität des Embryos zu überprüfen. Beim zweiten Termin zwischen der 19. und 22. Woche kann der Arzt das ungeborene Kind in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium erneut von Kopf bis Fuß untersuchen und die Organe und deren Funktion überprüfen. So lassen sich angeborene Fehlbildungen ausschließen. Auch die Gebärmutterhalslänge wird gemessen und damit das Frühgeburtsrisiko eingeschätzt. Blutflussuntersuchungen der Gebärmutterarterien erlauben eine Vorhersage für eine mögliche spätere Präeklampsie – also einen durch die Schwangerschaft ausgelösten, ernsten Bluthochdruck, verbunden mit Wasseransammlungen im Gewebe –, kindliche Wachstumsstörungen, eine drohende vorzeitige Plazentalösung oder eine Frühgeburt.

Zwischen der 29. und 32. Schwangerschaftswoche findet die dritte Untersuchung statt. Der Arzt kontrolliert neben dem Wachstum des Ungeborenen die Plazentafunktion und die Fruchtwassermenge. Bei Auffälligkeiten veranlasst er eine Doppler-Ultraschalluntersuchung, die die Durchblutung sichtbar macht. So lassen sich eine mögliche Unterversorgung oder drohende Geburtskomplikationen erkennen. Werden bei den Untersuchungen Auffälligkeiten entdeckt, überweist der Arzt meist an ein spezialisiertes Zentrum für Pränataldiagnostik oder in ein Perinatalzentrum. Kassenleistung: ja

Ab der 10. Woche

Ein genetischer Bluttest kann im Blut der Mutter Bruchstücke von kindlicher DNS aufspüren und diese auf Chromosomenabweichungen wie die Trisomien 13, 18 und 21 oder das Turner-Syndrom untersuchen. Die Analyse bietet sich als frühe Ergänzung des Ersttrimester-Screenings an und gilt als risikoärmer als die invasiven Verfahren der Chorionbiopsie (Plazenta-Punktion) und der Fruchtwasseruntersuchung. Für die Analyse werden der Schwangeren etwa 20 Milliliter Blut aus der Vene abgenommen.

Finden sich darin etwa übermäßig viele Abschnitte der genannten Chromosomen, kann daraus abgeleitet werden, ob eine Trisomie vorliegt. „Die Genauigkeit des Bluttests ist sehr hoch“, sagt Karl Oliver Kagan, Leiter der pränatalen Medizin am Universitätsklinikum Tübingen und Experte der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Nach Studien der Hersteller liegt die Erkennungsrate für eine Trisomie 21 bei über 99 Prozent, für andere Chromosomenabweichungen etwas niedriger. Das heißt: Eine hundertprozentige Diagnose kann der Test nicht geben. Das Ergebnis wird in zwei Risiko-Gruppen angegeben: Bei einem „niedrigen Risiko“ kann eine Chromosomenanomalie zu fast 100 Prozent ausgeschlossen werden. Wird hingegen ein „hohes Risiko“ attestiert, liegt in 80 bis 90 Prozent der Fälle eine Abweichung vor. Etwa zwei Prozent der untersuchten Blutproben liefern aber keinen Befund, etwa, wenn nicht genug schwangerschaftsspezifische DNA im Blut gefunden werden konnte. „Ein auffälliger Befund durch den Bluttest muss immer durch weitere Untersuchungen, insbesondere eine Fruchtwasseruntersuchung abgeklärt werden“, sagt Kagan.

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Und noch etwas sollte bedacht werden: „Mit den Trisomien 13, 18 und 21 sowie dem sogenannten Turner-Syndrom decken diese Untersuchungen nur 80 Prozent der möglichen Chromosomenstörungen ab“, sagt Kagan. Damit verbleibt also auch bei einem unauffälligen Befund ein Restrisiko, dass das Baby von einer anderen Chromosomenabweichung betroffen ist. Kassenleistung: Im September 2019 entschied der Gemeinsame Bundesausschuss, dass der Bluttest von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird, wenn „im Rahmen der ärztlichen Schwangerenbetreuung die Frage entsteht, ob beim Fötus eine Trisomie vorliegen könnte, und dies für die Schwangere eine unzumutbare Belastung darstellt.“ Die genauen Voraussetzungen müssen danach noch definiert werden. Deshalb wird der Bluttest voraussichtlich erst ab Herbst 2020 Kassenleistung.

Ab der 12. Woche

Die Untersuchung der Plazenta, die Chorionbiopsie, ist die frühestmögliche invasive Methode, um beim ungeborenen Kind Erbkrankheiten oder Stoffwechselstörungen zu entdecken. „In der Regel wird die Plazenta-Punktion empfohlen, wenn eine Ultraschall-Untersuchung oder der Ersttrimester-Test einen Hinweis auf eine Trisomie ergeben haben oder wenn mögliche Erbkrankheiten in der Familie bekannt sind“, sagt Pränatalmediziner Kagan. Der ideale Zeitpunkt liegt zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche. Für die Analyse entnimmt der Arzt Gewebe von der Plazenta, entweder über die Vagina mit einem Schlauch oder durch die Bauchdecke mit einer dünnen Hohlnadel. Die Ergebnisse der Analyse treffen in über 99 Prozent der Fälle zu. Die Plazenta-Punktion kann also sehr genau bestimmen, ob eine Chromosomenabweichung vorliegt. Wie schwer das Kind beeinträchtigt sein wird, kann sie aber nicht sagen. Zudem birgt der Eingriff auch ein Risiko: „0,2 Prozent der Frauen erleiden durch die Punktion des Mutterkuchens eine Fehlgeburt. Bei 0,5 Prozent gibt es Komplikationen“, sagt Experte Kagan. Kassenleistung: ja, bei einem medizinischen Anlass.

12. bis 14. Woche

Das Ersttrimester-Screening (im ersten Schwangerschaftsdrittel) beinhaltet einen Bluttest, mit dem Hormon- und Eiweißwerte bestimmt werden, und eine Ultraschalluntersuchung, um die Nackenfalte des Fötus zu messen. Kombiniert mit dem Lebensalter der Mutter und der Schwangerschaftswoche lässt sich so die Wahrscheinlichkeit einer Chromosomenstörung (Trisomie 13, 18 und 21) abschätzen. Die Risikobeurteilung für eine Chromosomenstörung kann aber nur eine Wahrscheinlichkeit für eine Chromosomenabweichung beim Fötus ermitteln. Endgültige Diagnosen kann sie nicht liefern. Da das Screening nicht invasiv ist, besteht für das Ungeborene kein Risiko. Bedacht werden sollte aber, dass bei einem auffälligen Befund invasive Untersuchungen folgen, die mit einem, wenn auch kleinen, Risiko verbunden sind. Kassenleistung: nur bei medizinischem Anlass.

Ab der 16. Woche

Mit einer Fruchtwasseruntersuchung können Mediziner Chromosomenstörungen und Stoffwechselerkrankungen diagnostizieren. „Diese Untersuchung wird empfohlen, wenn eine Ultraschalluntersuchung einen auffälligen Befund ergeben hat oder das Risiko für eine Chromosomenstörung oder eine vererbbare Erkrankung erhöht ist“, sagt DGGG-Experte Kagan. Um eine Probe zu entnehmen, sticht der Arzt mit einer feinen Hohlnadel durch die Bauchdecke in die Gebärmutter und saugt dort 10 bis 15 Milliliter Fruchtwasser ab. Das Ergebnis liegt nach zwei bis drei Wochen oder bei einem Schnelltest meist schon nach zwei Tagen vor. „Die Fruchtwasser-Analyse ist sehr präzise: Mehr als 99 Prozent der Ergebnisse treffen zu“, sagt Karl Oliver Kagan.

Wie auch andere Pränataluntersuchungen kann die Fruchtwasseruntersuchung jedoch keinen Aufschluss darüber geben, wie schwer das Kind im Einzelnen beeinträchtigt sein wird. Auch werden Fehlbildungen, die nicht auf einer Chromosomenanomalie beruhen, nicht erkannt. Da es sich um eine invasive Untersuchung handelt, besteht für das Ungeborene ein Risiko: Bei rund 0,1 Prozent der untersuchten Frauen kommt es infolge des Eingriffs zu einer Fehlgeburt. Kassenleistung: nur bei einem medizinischen Anlass.

Ab der 18. Woche

Bei einer Nabelschnurpunktion stechen Ärzte mit einer feinen Hohlnadel durch die Bauchdecke, um aus der Nabelschnur des Kindes Blut zu entnehmen. Die Probe kann über eine Blutarmut, eine Unverträglichkeit zwischen den Blutgruppen von Ungeborenem und Mutter, einen Blutplättchenmangel oder über Infektionen des Kindes Aufschluss geben. Wie andere invasive Verfahren ist auch diese Untersuchung nicht risikolos: Bei etwa einer von hundert Punktionen stirbt das Ungeborene infolge des Eingriffs. Kassenleistung: nur bei medizinischem Anlass.

Monatlich

Vorsorgeuntersuchungen finden während der gesamten Schwangerschaft einmal im Monat statt, ab der 32. Schwangerschaftswoche alle 14 Tage und ab dem errechneten Geburtstermin alle zwei Tage. Beim ersten Termin erhält die Schwangere einen Mutterpass, in dem die Ergebnisse sämtlicher Untersuchungen dokumentiert werden. Überprüft werden Lage, Wachstum und Herztöne des Kindes, bei der Mutter unter anderem Urin und Blutdruck. „Hoher Blutdruck erhöht das Risiko für eine Schwangerschaftsvergiftung“, sagt Geburtsmediziner Henrich. „Diese gefährdet die Mutter und kann zu einer Frühgeburt per Kaiserschnitt führen.“ Auch die Immunität gegen Röteln wird geprüft, da bei einer frischen Infektion der Schwangeren das Ungeborene geschädigt werden könnte. Zudem wird ein Test auf Schwangerschaftsdiabetes angeboten. Denn wenn dieser früh erkannt wird, können eine Diät und Bewegung bereits helfen, den zu hohen Blutzuckerspiegel zu senken.

Zur Vorsorge gehört auch ein HIV-Test, denn wenn eine HIV-Infektion rechtzeitig diagnostiziert wird, bestehen gute Chancen, die Übertragung auf das Ungeborene durch antivirale Medikamente zu verhindern und sogar eine natürliche Geburt zu ermöglichen. Und natürlich beinhaltet die Schwangerschaftsvorsorge auch eine ausführliche Beratung der schwangeren Frau – auf Wunsch auch mit ihrem Partner. Kassenleistung: ja.

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