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Polizisten stehen im Rahmen einer Durchsuchung vor einem Wohnhaus.

© dpa

Exklusiv

Terrorverdacht in Berlin: 15-Jähriger soll Anleitung zum Bombenbau heruntergeladen haben

Die Berliner Polizei hat die Unterkunft eines 15-jährigen Turkmenen durchsucht. Nach dem Anschlag von Wien rücken Gefährder wieder stärker in den Blick.

Ob mit seinem Fall eine tatsächliche terroristische Bedrohung verbunden war, ist bisher ungeklärt, doch das Alter des Tatverdächtigen erschreckt: Am Mittwoch durchsuchten Berliner Polizeibeamte die Unterkunft eines 15-Jährigen. Er soll sich eine Anleitung zum Bau einer Bombe im Internet heruntergeladen haben. Das bestätigte die Berliner Generalstaatsanwaltschaft am Freitag auf Tagesspiegel-Anfrage. Den Angaben zufolge wurde ein Datenträger sichergestellt, der nun ausgewertet werde.

Die Durchsuchung fand kurz nach dem islamistischen Anschlag eines IS-Sympathisanten in Wien statt, bei dem ein 20-Jähriger vier Menschen erschossen und 23 verletzt hatte. Am Freitag durchsuchten Sicherheitskräfte im Zusammenhang mit dem Anschlag von Wien Wohnungen und Geschäftsräume von vier Personen in Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein. Es soll Verbindungen zu dem mutmaßlichen Attentäter gegeben haben.

Das Thema Terror bleibt also auch in Berlin aktuell: Bis Ende Oktober wurde in diesem Jahr ein islamistischer Gefährder abgeschoben worden. Dies teilte die Senatsinnenverwaltung auf Anfrage des Tagesspiegel mit. Welche Nationalität diese Person hatte, wurde nicht bekannt. Im vergangenen Jahr sind dagegen vier Gefährder in ihr jeweiliges Heimatland zurückgeführt worden. Die Diskussion um die Abschiebung und den Umgang mit Gefährdern ist nach dem Anschlag von Wien wieder aufgeflammt.

In Berlin sollen derzeit angeblich 60 Gefährder aus dem islamistischen Milieu leben, eine Zahl, die ein Sprecher der Senats-Innenverwaltung nicht bestätigte. Im vergangenen Jahr seien allerdings im „Phänomenbereich religiöse Ideologie“ Gefährder im oberen zweistelligen Bereich geführt worden. „Die als Gefährder eingestuften Personen besitzen zum Teil die deutsche Staatsangehörigkeit“, sagt der Sprecher. Die differenzierte Veröffentlichung der weiteren Staatsangehörigkeiten aber „würde das schützenswerte Interesse des Landes an einer wirksamen Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus und damit das Staatswohl erheblich beeinträchtigen“. Deswegen könne er dazu keine weiteren Details nennen, sagte der Sprecher.

Wenn es rechtlich möglich sei, schiebe Berlin Gefährder, aber auch andere ausländische Straftäter, konsequent ab, teilte der Sprecher mit. Die Bemühungen aller daran beteiligten Behörden werde durch eine Arbeitsgruppe des Senats koordiniert. Abschiebungen sind rechtlich dann nicht möglich, wenn es sich um Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit handelt oder wenn Abschiebungsstopps beziehungsweise Abschiebungsverbote in den Herkunftsländern bestehen.

Soll Abschiebestopp für Syrer aufgehoben werden?

Das gilt aktuell für Syrien, allerdings gibt es inzwischen bei den Innenministern der Länder heftige Diskussionen, ob diese Regelung geändert werden soll. Sie läuft am Jahresende aus. Die Ressortchefs von Sachsen (CDU), Nordrhein-Westfalen (CDU) und Bayern (CSU), fordern die Abschiebung von Gefährdern oder Terroristen.

Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte: „Ich werde sehr dafür eintreten, dass wir überprüfen, ob man nicht nach Syrien in die befriedeten Gebiete abschieben kann, aber bisher war die Einschätzung des Auswärtigen Amts eine andere.“ Die Länderinnenminister der SPD sind strikt dagegen.

Abschiebungen aus der Haft 2020 deutlich reduziert

Gefährder, die in Berlin leben und nicht abgeschoben werden, sind auf dem Radarschirm der Sicherheitsbehörden. Polizei, Verfassungsschutz, aber auch die Organisation Violence Prevention Network (VPN), die radikalisierte Islamisten schon in der Haft und auch danach betreut und dabei hilft, sie zu reintegrieren, arbeiten dabei eng zusammen.

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VPN hatte vor kurzem eine Person, die sie eng betreut, den Behörden als zusätzlich erhöhtes Sicherheitsrisiko gemeldet. Details zur Überwachung konnte der Sprecher der Innenverwaltung öffentlich nicht nennen, „weil die Maßnahmen ihrem Wesen nach dauernd geheim gehalten werden müssen und eine Bekanntgabe die öffentlichen Interessen gefährden würden“.

2019 wurden aus der Strafhaft in Berlin 207 Menschen abgeschoben, im laufenden Jahr sind es 104. Das bezieht sich aber auf Straftäter allgemein, nicht auf Personen, die bei ihren Straftaten einen religiös motivierten Hintergrund hatten.

Berlins Polizei rüstet im Anti-Terror-Kampf auf

Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte am Donnerstag ein „umfangreiches Anti-Terror-Konzept“ angekündigt. Sein Sprecher verwies auf die Maßnahmen, die bisher schon in diesem Zusammenhang unternommen worden seien. Die entsprechenden Bereiche im Landeskriminalamt seien personell und organisatorisch verstärkt worden, zum Beispiel durch die Gründung des Dezernats „Islamistischer Extremismus/Terrorismus“. Zudem sei am 1. Oktober ein neues Staatsschutzreferat bei der Senats-Innenverwaltung eingerichtet worden. Auch beim Verfassungsschutz sei ein neues Referat geschaffen worden, das sich ausschließlich mit dem Salafismus und dem islamistischen Terrorismus beschäftigt.

Auch in die Ausrüstung der Polizei sei nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt 2016 viel investiert worden. So seien 24.000 Pistolen beschafft worden, sagte der Sprecher der Senatsverwaltung, „dazu Sturmgewehre und ballistische Helme (mehr als 3500) und Schutzwesten (mehr als 7000 ballistische Platten)“. Ein Spezialfahrzeug "Survivor" wurde beschafft. Verbesserung der mobilen Kommunikation durch Beschaffung von entsprechenden Endgeräten.

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