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Akte X. Noch diese Woche lüftet sich das Geheimnis, was im Abschlussbericht zum Fall Amri steht. Foto: Christian Ditsch/Imago

© imago/Christian Ditsch

Terror am Berliner Breitscheidplatz: Abschlussbericht im Fall Amri soll Pannen offenlegen

Sonderermittler Jost stellt an diesem Donnerstag seine Dokumentation zum Terroranschlag am Breitscheidplatz vor. Es gab Versäumnisse auf allen Ebenen.

Von Sabine Beikler

Schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhob im Juli Bruno Jost, der Sonderermittler zum Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche. Manipulationen in Akten des Landeskriminalamtes zum Attentäter Anis Amri sollten eigene Versäumnisse verschleiern, sagte damals der frühere Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe im Innenausschuss.

Der vom Senat eingesetzte Sonderermittler untermauerte die Position des Innensenators Andreas Geisel (SPD), wonach es diverse Gründe gegeben hatte, dass Amri bereits vor dem Anschlag in Untersuchungshaft hätte genommen werden können. An diesem Donnerstag wollen Jost und Geisel den Untersuchungsbericht vorstellen.

Drei Stunden zu viel

Mitte April hatte Jost seine Arbeit aufgenommen. In einem Zwischenbericht zählte der Sonderermittler Versäumnisse und Fehler der Polizei auf. Er betonte aber auch, dass es keine Hinweise auf ein flächendeckendes Fehlverhalten der Polizei gegeben habe.

Beim Anschlag auf dem Breitscheidplatz am 19. Dezember starben zwölf Menschen. Laut eines internen Berichts hatte die Polizei, wie berichtet, mehr als drei Stunden gebraucht, bis sie umfassende Fahndungsmaßnahmen eingeleitet hatte wie sie bei Amokläufen oder Terroranschlägen vorgesehen sind. So konnte Amri zunächst entkommen.

Abschiebung war möglich

Aber schon viel früher hätte der Attentäter aus Tunesien abgeschoben werden können. Eine weitere folgenschwere Panne hätte es nicht gegeben, wenn die Behörden in die polizeiliche Datenbank Inpol geschaut hätten. Amri hatte offiziell keine Papiere. Tunesien verlangte vor der Abschiebung für die Identitätsfeststellung und das Ausstellen von Ersatzpapieren nicht nur Fingerabdrücke und Fotos, sondern auch Abdrücke der Handflächen.

Diese lagen bei der Bundespolizei vor, weil sie die Abdrücke Amri nach seiner Einreise im Juli 2015 abgenommen hatten. Und sie wurden sogar von der Berliner Polizei erneut im Februar 2016 abgenommen. Nach Recherchen von RBB und „Berliner Morgenpost“ wies der für die Abschiebung zuständige Mitarbeiter der Ausländerbehörde in Kleve in Nordrhein-Westfalen immer wieder darauf hin, dass die Handflächen-Abdrücke benötigt werden.

Da das BKA aber nicht für die Abschiebung zuständig war, wurden diese Abdrücke offenbar auch nicht weitergeleitet. Amri wurde während seines Aufenthaltes in Europa mehrfach an verschiedenen Orten kontrolliert – ein Abgleich in der Datenbank fand offenbar nicht statt.

"Sehr bescheidene Erkenntnisse"

Am Freitag lädt der Amri-Untersuchungsausschuss zwei BKA-Beamte als Zeugen vor. „Wir versprechen uns davon Erkenntnisse, wie das Schengener Informationssystem für Personenfahndung funktioniert“, sagte der Ausschussvorsitzende Burkard Dregger (CDU) dem Tagesspiegel. Die BKA-Beamten sollen auch über das Eurodac-System, ein Fingerabdruck-Identifizierungssystem für Asylbewerber, Auskünfte geben. Dregger sagte, man sei in der Aufklärung „erst am Anfang“.

Der Vize-Ausschussvorsitzende Karsten Woldeit (AfD) erwartet sich am Freitag „sehr bescheidene Erkenntnisse“. Er würde lieber Zeugen aus der damaligen Lageso-Leitungsebene hören. Sonderermittler Jost soll im November im Ausschuss als Zeuge gehört werden.

Der Ausschuss will erneut den früheren Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) vorladen. Dieser hatte im September kurz vor der Sitzung ein ärztliches Attest vorgelegt und lief zwei Tage später den Berlin-Marathon mit.

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