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Die Amerika-Gedenk-Bibliothek erhält möglicherweise einen Erweiterungsbau.

© DPA

Tempelhof, Mitte, Kreuzberg: Landesbibliothek: Der Senat prüft drei Standorte

Nach dem gescheiterten Projekt auf dem Tempelhofer Feld hat der Senat neue Pläne für die Landesbibliothek. Welchen Standort finden Sie gut - und warum?

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Seit dem Volksentscheid im Mai 2014 ist klar: Auf dem Tempelhofer Feld wird es keine neue Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) geben. Trotzdem hält der Senat an den Plänen für einen Neubau fest, andere Standorte wurden geprüft und das Ergebnis soll im November präsentiert werden. In der engeren Wahl sind: Der Blücherplatz in Kreuzberg, auf dem schon die Amerika-Gedenkbibliothek (AGB) steht, die Stadtbibliothek in der Breite Straße in Mitte und das ehemalige Flughafengebäude in Tempelhof.

Die neue Landesbibliothek soll, wo auch immer sie gebaut wird, viel kleiner werden als ursprünglich geplant. In Tempelhof wäre ein mächtiger, mehrgeschossiger Bau mit 51700 Quadratmetern Nutzfläche entstanden. Jetzt empfehlen Experten, mit 37000 Quadratmetern auszukommen. Das hört sich bescheiden an, ist es aber nicht.

Vor zwei Jahren wurde die Library of Birmingham eröffnet. Als größte Bibliothek Europas präsentiert sie ihre medialen Schätze auf einer Fläche von 35000 Quadratmetern. Das geschrumpfte, aber immer noch rekordverdächtige Raum- und Funktionsprogramm für die Berliner ZLB liegt seit Juli intern vor.

Senat setzt auf Synergieeffekte

Im Vergleich zur alten Planung soll der Bereich für frei zugängliche Medien verringert und die Zahl der Arbeitsplätze, die von Besuchern genutzt werden können, auf den Bundesdurchschnitt verringert werden. Das wären 0,7 statt 0,9 Arbeitsplätze je tausend Einwohner. Außerdem soll das Magazin auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden.

Mit teilweise automatisierten Hochregalen, in jedem Fall sehr kompakt. Trotzdem hätte das Magazinbauwerk beeindruckende Ausmaße: 117 Meter lang, 17 Meter breit und 20 Meter hoch, errechnete eine externes Ingenieurbüro als optimale Variante. Das Außenmagazin am Berliner Westhafen, das derzeit 1,5 Millionen Medieneinheiten beherbergt, wäre dann entbehrlich.

Der Neubau in Tempelhof, aus dem nichts wurde, sollte eine großzügige Außenanlage („Park-Arena“) erhalten. Diese Idee ist vom Tisch, auch das spart Platz. Außerdem setzt der Senat auf Synergieeffekte. Die Zentral- und Landesbibliothek ist mit dem Neuen Berliner Kunstverein im Gespräch, der die größte Arthotek Deutschlands betreut. Diese Bestände könnten mit der ausleihbaren Kunst der ZLB fusioniert und mit Unterstützung der Bezirksbibliotheken besser als bisher verfügbar gemacht werden.

Noch 264,5 Millionen Euro eingeplant

Ob das neue Konzept auch Geld spart, wird sich erst zeigen. Die Standorte, die im November als geeignet identifiziert werden, müssen sich anschließend einer strengen Kostenprüfung unterziehen. Dabei geht es nicht nur um die Baukosten, sondern auch um die Wirtschaftlichkeit der neuen Bibliothek. Der Landesrechnungshof fordert nämlich für solche Großprojekte eine „systematische Wirtschaftlichkeitsuntersuchung“. Bei der Planung für Tempelhof hatte der Senat darauf verzichtet.

Im Investitionsprogramm des Senats bis 2019 sind für die Landesbibliothek noch 264,5 Millionen Euro eingeplant. Wie viel Geld tatsächlich zur Verfügung stehen wird, muss die nächste Landesregierung entscheiden. Denn erst im Herbst 2016 sei mit einem Senatsbeschluss zur neuen Zentral- und Landesbibliothek zu rechnen, kündigte Kultur-Staatssekretär Tim Renner in einer Vorlage an den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses an. Die Berliner Wahlen finden voraussichtlich am 18. September nächsten Jahres statt.

Müller favorisiert Blücherplatz

Der Neubau in Tempelhof hätte mindestens 350 Millionen Euro gekostet, das waren die letzten Prognosen, bevor das Projekt von den Bürgern per Volksentscheid gestoppt wurde. Jetzt steht erst einmal eine „grundsätzliche Richtungsentscheidung“ zum Standort und dem neuen Raumkonzept an. Die Regierungsparteien SPD und CDU haben sich politisch schon festgelegt, sie wollen die neue Bibliothek am Blücherplatz bauen. Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) favorisiert diesen Standort.

Dort könnte auf der grünen Wiese, gleich neben der traditionsreichen AGB, ein Erweiterungsbau entstehen. Der Standort liegt zentral und ist verkehrlich gut angebunden. Außerdem hat der vernachlässigte Platz eine Sanierung und städtebauliche Aufwertung dringend nötig. Auch Friedrichshain-Kreuzberg räumt dem Blücherplatz für die ZLB „erste Priorität“ ein, wie die Bezirksverordnetenversammlung beschloss.

Vereinigung folgt auf dem letzten Platz

Auch eine „Nutzwertanalyse“ des Senats, die 2014 noch vor dem Volksentscheid erarbeitet wurde, sah die bauliche Erweiterung der AGB am Blücherplatz klar auf Rang 2 hinter dem Neubau in Tempelhof. Gefolgt vom Umbau des alten Tempelhofer Flughafengebäudes. Eine Vereinigung der zersplitterten Berliner Bibliotheksstandorte in der Breite Straße, wo die Stadtbibliothek steht, folgte auf dem letzten Platz. Gegen Tempelhof (Alt) und Breite Straße sprechen vor allem die ruinöse Bausubstanz und der Denkmalschutz, beides treibt die Kosten in die Höhe.

Offen ist noch, was mit der geplanten Filiale der ZLB im Humboldt-Forum (Stadtschloss) geschieht. Der Senat arbeitet für die 4000 Quadratmeter an einem neuen Konzept.

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