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Tempelhof: Bread & Butter: Alle warten auf den Richterspruch

Die CDU will Einsicht in die Verträge des Senats mit der Modemesse. Und wird wahrscheinlich klagen müssen. Allerdings könnten die Wasserbetriebe in diesem Streit zum Präzedenzfall werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Finanzverwaltung des Senats will bis zum 15. Juli prüfen, ob der CDU-Abgeordnete Florian Graf den Mietvertrag mit der Modemesse Bread & Butter einsehen darf. Aber die zugesagte „vertiefte juristische Bewertung“ wird voraussichtlich nichts an der Rechtsauffassung der Behörde ändern, die sich auf die Berliner Verfassung beruft. Demnach hat jeder Abgeordnete das Recht, Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Verwaltung zu nehmen. Dies darf jedoch abgelehnt werden, wenn „überwiegend öffentliche Interessen einschließlich des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung oder überwiegende private Interessen oder Geheimhaltung dies zwingend erfordern“.

Ergänzend heißt es im Informationsfreiheitsgesetz des Bundes: Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen dürfe nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt habe. Also auf freiwilliger Basis. Außerdem beruft sich die Finanzverwaltung darauf, dass private und öffentliche Vermieter gleichgestellt sein müssen. Auch bei bundes- und landeseigenen Flächen – wie dem Flughafen Tempelhof – müsse sich der Mieter darauf verlassen können, dass abgeschlossene Verträge ein Geschäftsgeheimnis bleiben, das keinem Dritten offenbart wird. Auch nicht dem vertrauenswürdigen Unionspolitiker Graf, der die Akten im Geheimschutzraum des Abgeordnetenhauses einsehen will. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die Tempelhof mitverwaltet, teilt im Übrigen die Rechtsauffassung des Senats.

Also wird die CDU klagen müssen – und beim Landesverfassungsgericht liegt schon ein ähnlicher Fall. Die Initiative „Berliner Wassertisch“ und die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche hatten im April 2008 Einspruch gegen einen Senatsbeschluss erhoben, der Teile eines Volksbegehrens für unzulässig erklärte. Es ging um die Forderung, Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden im Zusammenhang mit dem Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe an die Konzerne RWE und Veolia offenzulegen. Der Verfassungsgerichtshof hat die mündliche Verhandlung für 15. Juli angesetzt.

„Wir sind gespannt“, sagt Clemens Teschendorff, Sprecher der Finanzverwaltung. Ein Grundsatzbeschluss des obersten Gerichts könnte für die Zukunft beiden Seiten mehr Rechtssicherheit bringen. Denn auch das Berliner Informationsfreiheitsgesetz enthält viele auslegungsfähige Begriffe. Was genau ist ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis? Und was ist ein „nicht unwesentlicher wirtschaftlicher Schaden“, der die Offenlegung eines Vertrags erzwingen könnte? Schon in seiner ersten Bilanz des 1999 in Kraft getretenen Landesgesetzes hatte der Datenschutzbeauftragte kritisiert, dass „die Verwaltung dazu neigt, den Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses sehr weit auszulegen, insbesondere dann, wenn es ums Geld geht“.

Beim Mietvertrag mit Bread & Butter geht es ums Geld. Besser gesagt, um die Höhe der Miete und mögliche Nebenabreden zugunsten des Mieters. Nimmt man die Geheimverträge zur Teilprivatisierung der Wasserbetriebe als Präzedenzfall, so hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg im Oktober 2007 erste Pflöcke eingeschlagen. Die Betriebe wurden verpflichtet, Einsicht in die Kalkulationsunterlagen zu gewähren, denn den Wasserbetrieben entstehe dadurch wegen ihrer Monopolstellung kein Wettbewerbsnachteil.

Das OVG sagte aber auch, dass innerbetriebliche Daten geheimhaltungswürdig sein können, wenn sie Rückschlüsse auf die Betriebsführung, Wirtschafts- und Marktstrategie sowie die Kostenkalkulation eines im Wettbewerb stehenden Unternehmens zuließen. Auch bei Bread & Butter werden die Richter letztlich abwägen müssen: Zwischen öffentlicher Informationsfreiheit und privatunternehmerischer Wettbewerbsfreiheit.

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