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In Berlin gilt im öffentlichen Nahverkehr die Maskenpflicht.

© Christoph Soeder/dpa

Teils „sehr aggressive Reaktionen“: Immer weniger Berliner tragen Maske in Bus und Bahn

Die Maskenpflicht im ÖPNV und an Haltestellen wird immer häufiger ignoriert. Die BVG beobachtet, dass viele die Maske erst kurz vor dem Einsteigen aufsetzen.

Nach Angaben der BVG trugen in der vergangenen Woche im Schnitt nur 78 Prozent der Fahrgäste eine Maske. Je nach Tageszeit und Ort schwanken die Zahlen sehr stark. Am besten sieht es in U-Bahn-Zügen und Bussen aus, hier haben 85 Prozent der Fahrgäste die vorgeschriebene Maske auf.

In der Straßenbahn sind es noch 75 Prozent. An Haltestellen von Bus und Straßenbahn trägt nur noch jeder Dritte (30 Prozent) die Maske wie vorgeschrieben, also über Mund und Nase. Diese Zahlen nannte BVG-Sprecherin Petra Nelken am Montag.

Seit der jüngsten Lockerung der Berliner Corona-Regelungen sei die Tragequote um fünf Prozentpunkte gesunken, sagte Nelken. Auf Bahnsteigen ist die Quote deutlich stärker gesunken.

In der vergangenen Woche hatte die BVG dem RBB noch Quoten von 60 Prozent an Bushaltestellen und 80 Prozent in U-Bahnhöfen genannt. Die BVG wertet Videoaufnahmen aus, um die Tragequote zu erheben, zudem werden Mitarbeiter befragt, die Zahlen werden wöchentlich erhoben.

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Am besten sei die Situation im Berufsverkehr, also wenn viele Pendler unterwegs sind, sagte Nelken dem Tagesspiegel. Tagsüber, abends und nachts sehen viele Menschen die Vorschriften offenbar lockerer. In unterirdischen Bahnhöfen liege die Quote noch bei 60 Prozent.

Bei vielen baumelt die Maske beim Warten am Kinn

Die Pflicht zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes gilt seit dem 27. April im öffentlichen Nahverkehr, allerdings ist bei Einführung dieser Pflicht oft nur von "Bussen und Bahnen" geredet worden, nicht von Bahnsteigen und Haltestellen. Die BVG beobachtet, dass viele Fahrgäste die Maske erst kurz vor dem Einsteigen aufsetzen. In Briefen an den Tagesspiegel berichteten Leser, dass auch in den Zügen immer öfter auf Masken verzichtet werde und auf Ansprache immer aggressiver reagiert werde.

Ein Besuch am Bahnhof Zoo bestätigt die Angaben der BVG. In den Zügen und Bussen sind am Vormittag fast alle Münder bedeckt, auf den Bahnsteigen ist es nicht einmal jeder zweite.

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Bei vielen Fahrgästen baumelt die Maske beim Warten noch am Kinn oder ist in der Tasche versteckt. Keine Pflicht gibt es auch für das Personal in den zahlreichen Geschäften in den Bahnhöfen.

Weder im Backshop, noch im China-Imbiss oder im Zeitungskiosk hat irgendein Verkäufer einen Mund-Nasen-Schutz auf. Masken-Verweigerer gibt es in allen Gruppen, ob jung, ob alt, Touristen oder Einheimische, schick oder Gammellook.

Von der Pflicht auf Bahnsteigen, wissen viele nicht

Von vier plaudernden Oberschülern haben zwei eine Maske auf beim Umsteigen von U9 in U2, die anderen beiden nicht. Auf Nachfrage sagen einige, dass die Pflicht doch nur in den Zügen gelte. Tatsächlich hängt am Eingang zum Regional- und S-Bahnhof Zoo ein Din-A4-kleines Plakat, in dem auf die Pflicht "in öffentlichen Verkehrsmitteln" hingewiesen wird. Dies dürften die meisten Fahrgäste so interpretieren, dass Bahnhofsbereiche ausgenommen sind.

Besser sieht es am Hauptbahnhof aus. Hier wurde eine Art Wegeleitsystem auf die Böden geklebt. "Grün signalisiert den Fahrgästen die empfohlene Gehrichtung. Rot das Gegenteil", teilte die Bahn mit.

BVG-Sprecherin Nelken sagte, dass das Sicherheitspersonal auf Bahnsteigen "sehr aggressive Reaktionen" erlebe, wenn auf die Maskenpflicht hingewiesen werde. In den Zügen sei das Verständnis für eine solche Ansprache deutlich größer. Wenn es denn Ansprachen gibt. Zwischen U2-Bahnsteig und China-Imbiss stand am Vormittag eine BVG-Mitarbeiterin (mit Maske), die sich aber stoisch eine Viertelstunde ihrem Handy widmete. Durchsagen über Lautsprecher gab es auch nicht.

Auf Anfrage teilte die BVG mit: "Durch wiederholende Durchsagen in den Fahrzeugen, auf den Bahnsteigen, Hinweisen an und in der Fahrgastinformation sowie an den Anzeigetafeln, Aufklebern und natürlich bei der Abfrage der Fahrverbindungen, weist die BVG immer wieder auf die durch die Verordnung festgelegte Tragepflicht hin. Unser Sicherheitspersonal und Kontrolleure weisen ebenfalls deutlich auf die Tragepflicht hin. In der Regel werden dann die Masken auch angelegt. Für Menschen in Notlagen, haben wir inzwischen Masken besorgt, die unsere Sicherheitsleute auch immer dabei haben."

Grüne und Linke hatten sich gegen Bußgeld ausgesprochen

Am vergangenen Dienstag hatte der Senat über ein Bußgeld bei Verstößen im ÖPNV diskutiert. Wie berichtet, hatten sich SPD-Senatoren dafür ausgesprochen, die Grünen und die Linken dieses unter Verweis auf die fehlenden Kontrollen aber abgelehnt. Bekanntlich hatte der Senat bei Einführung der Regeln Ende April bewusst darauf verzichtet, Verstöße mit Bußgeld zu ahnden und auf die Eigenverantwortung der Berliner gesetzt. Die CDU hatte damals ein Bußgeld und Kontrollen gefordert

Die BVG hatte Ende April mitgeteilt, dass es keine Kontrollen durch das Personal geben werde. Personal mit Kundenkontakt werde natürlich eine Maske tragen.

Im Hauptbahnhof sind mittlerweile 63 Reinigungskräfte rund um die Uhr im Einsatz. Im Fokus stehen Flächen, die oft angefasst werden, also Türgriffe, Handläufe oder Knöpfe an Aufzügen und Fahrkartenautomaten. Es wurden Spender mit Desinfektionsmittel aufgestellt. Und es läuft an einigen Rolltreppen ein Versuch mit "innovativer Technologie". Nach Angaben der DB werden durch die dauernde Bestrahlung mit UV-C-Licht "99 Prozent aller Bakterien und Viren sicher abgetötet an den Handläufen von Rolltreppen".

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