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Die Rigaer 94 in Friedrichshain.

© Paul Zinken/dpa

Teilbesetztes Haus in Berlin-Friedrichshain: Erste erfolgreiche Räumungsklage gegen eine Mieterin der Rigaer 94

Nach 30 Räumungsklagen ein erster Erfolg für den Eigentümer – doch die beklagte Mieterin könnte in die nächste Instanz gehen. Und die Richter sind uneins.

Das Amtsgericht Kreuzberg hat am Dienstag einer Räumungsklage gegen die Mieterin einer Wohnung im teilbesetzten Haus in der Rigaer Straße 94 in Friedrichshain stattgegeben. Es ist die erste erfolgreiche Räumungsklage des Eigentümers gegen eine Mieterin aus dem Haus, das über die Grenze Berlins hinaus als Hotspot gewaltbereiter Linksextremisten gilt.

Die Mieterin muss die Wohnung bis Ende Juni räumen. Sie oder andere Personen hatten zwar Miete gezahlt, doch die gemietete Wohnung wurde zweckentfremdet. Die teils als linksextremistisch eingestuften Bewohner haben die Wohnung umgebaut und dort einen Sport- und Fitnessraum eingerichtet.

Zudem brachte der Eigentümer vor, dass die Mieterin rechtswidrige Zustände in dem Gebäudekomplex dulde. Sie hatte zwar seit 1992 einen Vertrag, nutzte sie seit rund 20 Jahren außer für sporadische Berlin-Besuche nicht mehr und ist dort nicht gemeldet.

Die Eigentümer hatten deshalb auf Herausgabe der Wohnung geklagt – und haben nun in erster Instanz Erfolg. Die Widerklage der verklagten Mieterin, wonach eine andere Mieterin in das Mietverhältnis eingetreten sei, wurde vom Amtsgericht abgewiesen. Es ist durchaus damit zu rechnen, dass die Mieterin gegen das Räumungsurteil in die nächste Instanz geht.

„Das ist ein Zwischenhoch“, kommentierte Eigentümeranwalt Markus Bernau das Urteil. Es ist damit zu rechnen, dass die Mieterin gegen das Räumungsurteil in die nächste Instanz geht. Zudem ist es nur die erste von rund 30 Räumungsklagen gegen Bewohner des Hauses.

Den Bewohnern sind zuvor die Wohnungen gekündigt worden. Die Räumungsklagen richten sich gegen Altmieter, die teils gar nicht mehr dort leben, sowie gegen alle Menschen, die bei Durchsuchungen der Polizei in dem Gebäudekomplex im Oktober 2021 angetroffen wurden. Damals waren bislang unbekannte Wohnungen sowie ein Tunnelstück zum Nachbarhaus entdeckt worden.

Bei allen Räumungsklagen wird es vermutlich auf eine Entscheidung der höheren Instanzen hinauslaufen. Denn uneins sind sich die verschiedenen Richter und Gericht, wie der Eigentümer und die Vertretungsrechte seiner Anwälte zu behandeln sind.

Bei einem anderen Räumungsverfahren gegen einen Rigaer94-Bewohner am Amtsgericht Kreuzberg wird zu dieser Frage zunächst ein Rechtsgutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht erstellt.

Und das Landgericht Berlin hatte Anfang vergangener Wochen ganz anders entschieden als nun das Amtsgericht Kreuzberg. Das Landgericht wies erneut eine Räumungsklage gegen die illegale Linksautonomen-Kneipe „Kadterschmiede“ ab.

Zudem hatte der Eigentümer vom Kneipenverein für die jahrelange Nutzung der Räume im Seitenflügel ohne Mietvertrag Nachzahlungen gefordert. Das Gericht entschied jedoch: Die Klage sei unzulässig, weil die Prozessvollmacht der Kläger-Anwälte für die Firma, eine Limited mit Sitz in Großbritannien, unzureichend seien.

[Lesen Sie weiter bei Tagesspiegel Plus: Bedrohliche „Erkundigungen“ - Zeugin in Räumungsprozess um die Rigaer Straße 94 eingeschüchtert]

Die Eigentümergesellschaft sei nach dem Brexit als rechtsfähige Personengesellschaft deutschen Rechts zu behandeln, entschied die Zivilkammer. Als solche habe sie nicht nachgewiesen, dass ihrem Anwalt die erforderliche Vollmacht erteilt worden sei. Damit fehle es an einer Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage.

Auch frühere Räumungsklagen der Eigentümerfirma waren aus ähnlichen Gründen abgewiesen worden – allerdings weil die Gerichte Zweifel an den Vollmachten des Geschäftsführers der britischen Firma hatten.

Jetzt beschäftigte sich das Landgericht mit der Frage, ob es sich bei der britischen Limited nach dem Brexit noch um ein Unternehmen aus dem Ausland oder eine aus Deutschland gesteuerte und verwaltete Scheinauslandsgesellschaft handelt.

Das Landgericht befand, dass der Mann hinter dem verschachtelten Firmenkonstrukt ein in Berlin lebender Unternehmer sei, der eigentlich die Entscheidungen treffe. Dass er dies aus Angst vor Gewalttaten der Linksextremisten wie bei früheren Eigentümern macht, interessierte das Gericht nicht.

Einer von vielen Polizeieinsätzen in der Rigaer 94.
Einer von vielen Polizeieinsätzen in der Rigaer 94.

© Christoph Soeder/dpa

Dass die Gerichte nun zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, hat mit dem Zivilrecht vor Gericht zu tun. Zivilgerichte entscheiden nun darüber, was die streitenden Parteien auch im Verfahren vortragen, als Beweise und Argumente einbringen. So waren bei der nun erfolgreichen Räumungsklage beim Amtsgericht Kreuzberg die Zweifel an den Vollmachten der Anwälte nicht vorgetragen worden.

In der Sache selbst hat das Landgericht zur Kadterschmiede gar nicht entschieden und hat damit ein Urteil dazu vermieden. Fest steht aber auch, dass das Kammergericht, das Landgericht, das Verwaltungs- und das Oberverwaltungsgericht in mehreren Eilverfahren 2021 die Vertretungsrechte der Anwälte und den Status der britischen Firma anerkannt haben.

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In einer Erklärung zu den Räumungsverfahren hatten die Bewohner an „auf Cops geworfene Steine“ erinnert. Sie warfen dem Eigentümer vor, „das Haus mit einem großen Schlag“ angreifen zu wollen. Das Kadterschmiede-Verfahren sei „nur ein weiterer Termin in dem kontinuierlichen Angriff von Staat und Kapital, unser Haus und seine rebellischen Strukturen zu zerstören“. Der Konflikt sein ein „Abbild eines weltweiten Kampfes“.

Der Gebäudekomplex „Rigaer 94“ ist eines der letzten Symbole der linksextremistischen Szene und ist schon lange Streitpunkt auch in der Politik. Gegen Räumungen hat sich die Szene immer wieder heftig gewehrt. Zuletzt war es im Juni 2021 zu Ausschreitungen gekommen. Hintergrund war eine seit Monaten geplante und von mehreren Gerichten bestätigte Brandschutzprüfung durch einen Sachverständigen und Vertreter des Eigentümers.

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