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Der "Zug der Liebe" fand zum ersten Mal 2015 statt.

© Kai-Uwe Heinrich

Techno-Parade in Berlin: Dem "Zug der Liebe" fehlt Geld

Andere Strecke, mehr Wagen und die Botschaft bleibt: Der Zug der Liebe soll in diesem Jahr wieder stattfinden – nur das Geld fehlt noch.

Im vergangenen Jahr haben sie den Techno erfolgreich zurück auf die Berliner Straßen gebracht: Für die Veranstalter vom „Zug der Liebe“ ist daher längst klar, dass es auch in diesem Sommer wieder eine Parade für mehr Mitgefühl und Toleranz geben soll. Damit das klappt, müssen sich Raver und Aktivisten allerdings auf ein paar Änderungen einstellen – und auch die Finanzierung der Großdemonstration ist noch lange nicht gesichert.

„Die Strecke wird kürzer und wir gehen mit mehr Wagen an den Start“, sagt Jens Schwan, Sprecher des Zugs der Liebe. Dabei gehe es aber nicht um mehr Party, verspricht er, die Gründe seien rein organisatorischer Natur. „Natürlich müssen wir nicht alle Teilnehmer mit Musik beschallen, aber damit können wir die Massen einfach besser entlang der Straße verteilen.“

Tatsächlich hatten sich die Veranstalter im vergangenen Jahr ordentlich verkalkuliert: Für 15 000 angemeldete Teilnehmer waren zehn Wagen geplant – letztlich tanzten und demonstrierten aber, laut Schätzungen der Polizei, rund 50 000 Menschen auf den Straßen rund um den Alexanderplatz. Immerhin blieb alles weitgehend störungsfrei, 380 Polizisten waren im Einsatz. Nur bei der Streckenführung musste kurzfristig nachgebessert werden: Nachdem der Zug über den Alexanderplatz gezogen war, sollte es eigentlich rüber nach nach Kreuzberg gehen – um eine Brückenüberquerung zu vermeiden, wurde der Tross aber nach Friedrichshain umgeleitet. Dort endete der Umzug dann frühzeitig vor der Elsenbrücke, das geplante Ziel, den Treptower Park, erreichten die Tänzer nicht mehr.

Die Route steht noch nicht fest

Zumindest Umweltschützer dürfte dies gefreut haben, denn sie befürchteten ähnliche Zerstörungen, wie sie seinerzeit die Loveparade im Tiergarten angerichtet hat. Aktuell gibt es aber schon wieder Proteste: Zwar bekommt der Zug der Liebe eine neue Route, im Treptower Park soll in diesem Jahr aber das große Lollapalooza Festival stattfinden.

Zwar ist die Veranstaltung bei der Versammlungsbehörde angemeldet, wo der Zug der Liebe aber genau langführen soll, ist derzeit noch nicht klar. Die Polizei teilte auf Anfrage mit, dass es bisher nur ein informelles Treffen mit den Veranstaltern gegeben habe. „Da wir den Schwerpunkt wieder ganz klar auf politische Inhalte legen und auch Reden gehalten werden, machen wir uns um die Anmeldung als Demonstration keine Sorgen“, sagt Schwan.

Wie schon im vergangenen Jahr ist auch der Berliner DJ Helge Baumberg mit seinem Label „Zuckertütentraum“ wieder dabei, die geplanten Änderungen gefallen ihm sehr gut: „Mehr Wagen bedeuten, dass mehr gemeinnützige Vereine unterstützt werden“, sagt Baumberg. Außerdem bekämen wichtige Projekte so mehr Aufmerksamkeit.

Auch über Crowdfunding und eine Soli-Party werde nachgedacht

2016 sollen aber längst nicht mehr nur lokale Gruppen dabei sein: Auch mitfahren will diesmal beispielsweise die Kölner Initiative „Kein Hass, nur Bass“. „Im letzten Jahr waren wir noch als Fußvolk in Berlin“, sagt der Kölner DJ Mike Altmeier, dieses Mal wolle man den Zug mit einem eigenen Wagen unterstützen. „In Köln haben wir bereits ein kleines Festival gegen Hass und Menschenfeindlichkeit organisiert“, sagt Altmeier. Außerdem sei man „immer dabei, wenn es gegen Pegida geht.“

Anmeldung und Teilnehmerzahlen sind für die Zug-der-Liebe-Veranstalter also kein Problem – Kopfzerbrechen bereitet Schwan und seinen Mitstreitern hingegen etwas ganz anderes: „Für Wagen, Lautsprecher, Versicherung und Gema-Gebühren werden rund 35 000 Euro fällig“, rechnet Schwan vor.

„Wir bewerben uns gerade bei einem Radiosender, der gemeinnützige Projekte unterstützt.“ Auch über Crowdfunding und eine Soli-Party werde nachgedacht, denn trotz der vielen Änderungen bleibt den Veranstaltern eines heilig: Jeder Vergleich mit der Loveparade, die zwischen 1989 und 2006 regelmäßig durch Berlin zog und zum Schluss zu einem kommerziellen Mega-Event mutierte, wird kategorisch abgelehnt. Der unkommerzielle Charakter des Zugs der Liebe soll um jeden Preis erhalten bleiben, Sponsoring und Werbung sind also nach wie vor absolut tabu.

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