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Das Konzept als „Art & Fashion House“ geht im Quartier 206 nicht auf. Seit Jahren ist das Shoppingcenter und Bürohaus in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

© imago images/Jürgen Ritter

Taxiert auf nur 39 Millionen Euro: Das Luxuskaufhaus in der Friedrichstraße wird erneut zwangsversteigert

Das Quartier 206 in der Friedrichstraße wird versteigert – bereits zum zweiten Mal. Bauen ließ es Fondsmulti Anno August Jagdfeld. Der kämpft um seinen Besitz.

Eine halbe Milliarde Euro sei das Quartier 206 in der Friedrichstraße wert, sagte Anno August Jagdfeld einmal dem Tagesspiegel – und dass es vollständig im Eigentum seiner Familie sei. Jagdfeld gilt als Deutschlands erfolgreichster Verkäufer von Fondsanteilen an Vermögende. Mit deren Geld ließ er das berühmte Hotel Adlon am Pariser Platz erbauen und das frühere Grand Hotel Heiligendamm in der „Weißen Stadt am Meer“. Aber das ist lange her: Am 24. November um 14 Uhr kommt das „Q 206“, der wohl schönste der drei Blöcke der „Friedrichstadtpassage“, im Amtsgericht Mitte unter den Hammer. Zum zweiten Mal. Und zu einem Spottpreis.

Die Zwangsversteigerung verspricht auch eine Fortsetzung des Krimis um den Besitz des legendären Geschäftshauses, das in Berlin während der Goldgräberstimmung wenige Jahre nach der Wende entstand.

Beim ersten Versuch, die Luxusimmobilie am 14. Juli zu versteigern, bekam eine Firma den Zuschlag, die Jagdfelds Familie zugerechnet wird. Jagdfeld hatte sich „sein“ Eigentum einfach zurückgeholt. Doch die Gläubiger, ein Bankenkonsortium um die „Credit Suisse International“, traten auf die Notbremse. Sie stoppten das Verfahren. Am 24. November kommt die Prunkimmobilie nun am Amtsgericht Mitte erneut unter den Hammer. Taxiert ist das Geschäftshaus mit einem „Verkehrswert“ von gerade mal 39 Millionen Euro.

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Dabei hat das „Design- und Lifestyle-Kaufhaus“ mehr als 35 Läden mit einer Fläche von 8300 Quadratmetern. Hinzu kommen 30 Büros mit weiteren 16.400 Quadratmetern. Auch elf Apartments befinden sich in dem Gebäude der Stararchitekten Pei Cobb Freed & Partners und diese bieten eine Wohnfläche von mehr als 1200 Quadratmeter. Zu dem Komplex gehört eine Tiefgarage, die sich auf zwei Untergeschosse mit Raum für rund 260 Pkw-Stellplätze erstreckt.

Finanzielle Substanz der Firma sei "gleich null" gewesen

Doch wie kam es dazu, dass der so erfolgreiche wie kultivierte Anno August Jagdfeld derart unter Druck geriet? „Die Bank Credit Suisse International läuft seit über zehn Jahren Darlehensforderungen hinterher“, sagt Ingo Winterstein. Der Rechtsanwalt der Kanzlei Görg hatte für die Bank die Zwangsversteigerung beim Amtsgericht Mitte im Juli durchgesetzt. 

Schulden von rund 180 Millionen Euro stehen Winterstein zufolge im Grundbuch des Q206. Hinzu kämen Abermillionen an Zinsen und Kosten für Verfahren. Schuldnerin sei die „Q 206 GmbH und Co KG – eine Gesellschaft, an der Herr Jagdfeld mittelbar beteiligt ist und der Rest von dessen Kindern gehalten wird“.

Blickfang. Das Quartier 206 wurde 1997 in der Friedrichstraße eröffnet.
Blickfang. Das Quartier 206 wurde 1997 in der Friedrichstraße eröffnet.

© imago images / Schöning

Am 14. Juli fiel der Hammer bei einem Gebot von 240 Millionen Euro. Den Zuschlag erhielt die Firma „Phönix GmbH & Co. KG“. Doch dem Frankfurter Rechtsanwalt zufolge hätten ernsthafte Zweifel bestanden, ob Jagdfelds Firma das „Bargebot“, wie es das Verfahren verlangt, an das Gericht bezahlen kann und will. 

Auch die verlangten Auskünfte zur finanziellen Substanz der Firma seien „gleich null“ gewesen, deshalb hätten die Gläubiger das Verfahren gestoppt. Dieser Darstellung widerspricht eine Rechtsanwältin der Jagdfeld-Gruppe: Die Phönix KG habe „alle Voraussetzungen einschließlich der Hinterlegung erfüllt“.

39 Millionen - ein Spottpreis

Dazu sagte ein Sprecher des Kammergerichts Berlin auf Anfrage: „Am 4. August wurde im öffentlichen Verkündungstermin der Zuschlag versagt, nachdem die betreibende Gläubigerin die einstweilige Einstellung des Versteigerungsverfahrens bewilligt hatte.“ Den Zuschlag bei einem Zwangsversteigerungstermin könne jeder Gläubiger jederzeit verweigern, sogar einfach nur „wenn das Meistgebot nicht seinen Vorstellungen entspricht“. Auch könne die Gläubigerin das Verfahren jederzeit fortsetzen: „Wenn sie dies tun will, wird es einen neuen Versteigerungstermin geben“ – der steht nun im November an.

Zu den Kuriositäten in dem Verfahren gehört ein Gutachten, das den Wert des von Architekturkritikern gefeierten Bauwerks auf gerade mal 39 Millionen Euro taxiert. Ein Spottpreis, der „im Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht“ festgesetzt worden sei, so das Kammergericht.

Seit mehr als neun Jahren versucht die Bank, das Gebäude loszuwerden

Zu den Fragen des Tagesspiegels an den Sprecher von Jagdfelds Gruppe nahm eine Rechtsanwältin der Kanzlei Höcker „im Namen unserer Mandantin Stellung“. Sie schreibt: „Seit über neun Jahren versucht die Bank (…) das Quartier 206 versteigern zu lassen“. Dabei stehe die Frage im Raum, „ob der Bank überhaupt Forderungen zustehen, was die Quartier 206-KG nachdrücklich bestreitet“. Dazu sei ein Gerichtsverfahren anhängig.

Nach dem Zuschlag bei der Zwangsversteigerung im Juli habe die meistbietende Phönix „alle Voraussetzungen erfüllt“, die Bank „jedoch den Zuschlag an die meistbietende Phönix KG aus unerfindlichen Gründen verweigert“. Deshalb „konnte es nicht zur Zahlung kommen“. 

Weiter schreibt die Anwältin: Als sich das Quartier 206 „vor der Zwangsverwaltung noch im Management der Jagdfeld Gruppe befand, war das Gebäude noch in einem hervorragenden Zustand und an exzellente internationale Mieter vermietet“. Erst danach sei es „heruntergewirtschaftet und zum Spielball undurchsichtiger Interessen“ geworden.

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