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Eine Protest-Sternfahrt der Berliner Taxen gab es schon 2015.

© IMAGO

Taxi-Protest in Berlin: Sternfahrt gegen Uber & Co.

Mit einer Sternfahrt protestieren die Taxifahrer am Mittwoch gegen die Liberalisierung des Marktes zugunsten der Konkurrenz

Das wird ein schönes Foto für die Tagesschau werden: Die Straße des 17. Juni zwischen Großer Stern und Brandenburger Tor, vollgestellt mit Taxen. Nur soll hier nicht Werbung für die Dienstleistungsmetropole Berlin gemacht werden, sondern Protest gegen die geplante Liberalisierung der Beförderungsbranche. Am Dienstag beklebten viele Taxifahrer ihre Wagen mit dem Slogan „ScheuerWehr“ – Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister (CSU), hat ein Eckpunktepapier zur Liberalisierung vorgelegt, das ist der eigentliche Anlass des bundesweiten Aktionstags der Taxibranche am Mittwoch.

Mit 3000 protestierenden Fahrern rechnet die Taxiinnung, damit wäre etwas mehr als ein Drittel der 8200 konzessionierten Taxen außer Dienst gestellt. In einer Sternfahrt wollen die Fahrer ab 12 Uhr vom Flughafen Tegel, dem Olympischen Platz und Ostbahnhof zum Brandenburger Tor fahren, dort soll um 13.30 Uhr die zentrale Kundgebung beginnen. Für die Autofahrer bedeutet dies zunächst Staus entlang der Demorouten. Die Polizei sperrt die Routen ab 12 Uhr ab und gibt sie nach rund einer Stunde wieder frei.

Taxifahrer Alex Koch möchte, dass jeder Anbieter von Fahrdiensten zu den gleichen Regeln arbeitet
Taxifahrer Alex Koch möchte, dass jeder Anbieter von Fahrdiensten zu den gleichen Regeln arbeitet

© Thomas Loy

„Wir wollen unsere Jobs sichern“, sagt Sarman, der am Bahnhof Südkreuz auf Fahrgäste wartet. „Es geht um gleiche Ausgangschancen für alle.“ Andere Fahrdienste wie Uber, Berlkönig oder Clevershuttle sollten entweder unter die gleichen Restriktionen fallen wie das Taxigewerbe – Ortskundeprüfung, feste Fahrpreise, ständige Betriebspflicht – oder sich eben aus dem Taximarkt heraushalten. Minister Scheuer denkt vor allem darüber nach, die so genannte Rückkehrpflicht zu streichen. Das würde vor allem dem US-Konkurrenten Uber entgegenkommen, der Fahrgäste an Mietwagenunternehmen vermittelt.

Die Fahrer müssen nach jedem Auftrag wieder an den Sitz des Unternehmens zurückkehren – in der Regel wird diese Praxis aber unterlaufen. Die Fahrer warten irgendwo in der Stadt auf den nächsten Auftrag und agierten damit „taxiähnlich“, also illegal, kritisieren Taxiverbände.

Taxifahrer Sarman macht beim Protest mit, weil er um seinen Job fürchtet.
Taxifahrer Sarman macht beim Protest mit, weil er um seinen Job fürchtet.

© Thomas Loy

„Es soll jeder sein Ding drehen“, sagt Alex Koch, seit 20 Jahren Taxifahrer, aber der Branche dabei nicht das Wasser abgraben. Koch ist angestellt und verdient nach eigenen Angaben rund 900 Euro netto im Monat, weniger als der Mindestlohn, wenn er seinen Verdienst auf die Arbeitszeit umrechnet. Sein Chef habe schon von sieben auf zwei Taxen reduziert. „Schwere Zeiten“, sagt Koch, er arbeite eigentlich nur noch, um seinen Kindern ein gutes Vorbild zu sein, „ich könnte genauso gut vom Amt leben.“

Uber ist an normalen Tagen preiswerter als ein Taxi zu rufen. Wenn es regnet oder gerade eine Messe läuft, steigen die Preise allerdings erheblich, dann kämen auch Uber-Fahrer aus Polen nach Berlin, um mitzuverdienen, erzählt der Chef der Berliner Taxiinnung, Leszek Nadolski. Die Zahl der Mietwagen sei im vergangenen Jahr um 700 gestiegen, das bucht Nadolksi vor allem auf das Uber-Konto.

Das global agierende Unternehmen, das im Bereich der Mobilität Marktführer werden will, wie Amazon und Airbnb, erklärte auf Anfrage zu Scheuers Reformplänen: "Wir begrüßen, dass Bewegung in den Reformprozess kommt, denn Deutschland muss ein Vorreiter für die Mobilität der Zukunft sein." Konkrete Daten zu Fahrern und Umsätzen in Berlin lieferte Uber nicht.

SPD-Fraktion stellt sich hinter die Taxilobby

Die SPD-Fraktion stellt sich gegen Scheuers Pläne zur Deregulierung des Marktes. „Die nun vorliegenden Eckpunkte zur Reform des Personenförderungsgesetzes sind absurd. Anstatt das Taxigewerbe vor globalen Unternehmen zu schützen, werden hier in Berlin circa 16.000 Arbeitsplätze massiv gefährdet. Das ist verantwortungslos“, erklärt der SPD-Arbeitsmarktexperte Lars Düsterhöft. Die Rückkehrpflicht für Mietwagen dürfe nicht legalisiert werden, sie gehöre bestraft. Die Tarifpflicht für Taxen sollte erhalten bleiben. Wie viel eine Taxifahrt kostet, bestimmen die Kommunen. Die Taxiverbände beantragten vor einem Jahr einen Zuschlag von sieben Prozent. Die Kilometerpreise sollten für die ersten sieben Kilometer von zwei auf 2,20 Euro, ab sieben Kilometer von 1,50 auf 1,65 Euro pro Kilometer steigen. Doch die Senatsverwaltung für Verkehr gab bislang kein grünes Licht. „Die Unternehmer können so den gestiegenen Mindestlohn nicht zahlen“, sagt Nadolski. Die Lage sei für viele existenzbedrohend. Die Umsätze im Taxigewerbe seien in den vergangenen Jahren um 30 Prozent gefallen.

Verband fordert farbige Kennzeichen

Um die Geschäftspraktiken der Uber-Konkurrenz offenzulegen, fordert der Bundesverband Taxi und Mietwagenunternehmer eine Kennzeichnung der Uber-Autos. Sie sollten blaue oder rote Kennzeichen haben. Bislang sind sie von Privatwagen nicht zu unterscheiden. Zumindest für den Laien. Taxifahrer erkennen Uber-Autos an bestimmten Merkmalen. Häufig würden japanische Hybridautos eingesetzt, die in Brandenburger Landkreisen gemeldet sind. Dort seien die gesetzlichen Vorschriften noch laxer als in Berlin. Uber ist vor allem bei internationalen Touristen beliebt, weil sie nur einmal die Uber-App herunterladen müssen und dann in jeder Stadt weltweit ein „Taxi“ rufen können. Rund 1500 Berliner Taxiunternehmer lassen sich inzwischen auch von Uber Fahrgäste vermitteln.

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