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Gitter vor dem Sowjetischen Ehrenmal im Tiergarten

© Jörn Hasselmann

Update

Tag der Befreiung in Berlin: Polizei will russische Einrichtungen mit Großaufgebot sichern

Das Gedenken zum 8. Mai steht unter den Vorzeichen des Krieges in der Ukraine. 1800 Polizisten werden an beiden Tagen 50 Veranstaltungen in Berlin schützen.

Die Gitter stehen schon. Stadtweit hat die Berliner Polizei alle wichtigen russischen Einrichtungen gesichert. Die Straße des 17. Juni und der Boulevard Unter den Linden sind mit hunderten Gittern umstellt worden. Am Sowjetischen Ehrenmal wird die Sperrzone am heutigen Sonntag und am Montag bis hinein in den Tiergarten reichen. Auch vor der Russischen Botschaft in Mitte ist der Gehweg bereits seit Sonnabend früh gesperrt.

Die Polizei wird an beiden Tagen etwa 1800 Beamte im Einsatz haben, um die etwa 50 Versammlungen und Gedenkfeiern zu schützen. Die mit Abstand größte Veranstaltung findet laut Polizei mit 1300 Teilnehmer am Montag ab 11 Uhr auf der Straße des 17. Juni statt, und zwar der „Rotarmisten-Gedächtnis-Aufzug zum Gedenken an die gefallenen sowjetischen Soldaten während des Zweiten Weltkriegs“, an dem auch Mitglieder der Putin-nahen Rockergruppe „Nachtwölfe“ teilnehmen wollen.

Alle anderen Kundgebungen und Demonstrationen sind deutlich kleiner, am Sonntag werden auf den zahlreichen Veranstaltungen jeweils nur 100 bis 200 Menschen erwartet.

Schwerpunkte sind die sowjetischen Ehrenmale im Tiergarten, im Treptower Park und in Pankow-Schönholz. An diesen und zwölf weiteren Orten dürfen keine Fahnen und Symbole der Sowjetunion oder der Ukraine gezeigt werden. Das hat die Polizei in einer Allgemeinverfügung festgelegt.

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Polizeipräsidentin Barbara Slowik nannte zwei Ziele für die beiden Tage: "Wir schützen das würdevolle Gedenken an 15 Gedenkstätten und Mahnmalen." Und: "Gleichzeitig gehen wir gegen jede Form der Unterstützung, Billigung, Verherrlichung oder gar Glorifizierung des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine insbesondere in Versammlungen vor."

Melnyk: „Eine Ohrfeige an die Ukraine“

Die Senatsinnenverwaltung lehnt es am Sonnabend ab, die Allgemeinverfügung zurückzunehmen. Dies hatte unter anderem der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk gefordert. Bei Twitter schrieb Melnyk: „Die skandalöse Entscheidung der Polizei muss widerrufen werden.“ Sie sei „eine Ohrfeige an die Ukraine und ein Schlag ins Gesicht des ukrainischen Volkes".

Innensenatorin Iris Spranger betonte, dass das Verbot nur an den 15 von der Polizei festgelegten Orten gelte. In der restlichen Stadt dürfte die ukrainische Flagge selbstverständlich gezeigt werden, so Spranger.

Die Polizei hatte die russische Botschaft Unter den Linden bereits am Sonnabend abgeriegelt.
Die Polizei hatte die russische Botschaft Unter den Linden bereits am Sonnabend abgeriegelt.

© Jörn Hasselmann

Dass die Lage angespannt ist, zeigt ein Vorfall in der Steglitzer Lepsiusstraße. Dort war im Kellerlichtschacht am Freitagabend ein Brandsatz gefunden worden. In dem Haus befindet sich ein Büro der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti, zudem wohnen mehrere Mitarbeiter dort. Das Haus gehört dem russischen Staat.

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Die Polizei konnte am Sonnabendnachmittag noch nichts zur Gefährlichkeit und zum Inhalt der Flasche und des Kanisters sagen. Die russische Botschaft sprach dessen ungeachtet davon, dass die Polizei „einen Terroranschlag vereitelt“ habe. In einer Meldung hieß es: „Die Botschaft schließt nicht aus, dass dieser eklatante Vorfall einen direkten Zusammenhang mit der in Deutschland ausgelösten Hetze gegen sämtliche russische staatliche Medien haben könnte, die wegen vermeintlicher Propaganda und Desinformation beschuldigt werden."

Die russische Botschaft wandte sich deshalb mit einer Note an das Auswärtige Amt mit der Aufforderung, "Ermittlungen durchzuführen". Wegen der politischen Brisanz hatte sich am Sonnabend die Berliner Staatsanwaltschaft in den Fall eingeschaltet. In einer Meldung von Samstagabend hieß es, dass der Brandsatz nach dem Wurf einer leeren Bierflasche durch Unbekannte auf die Fassade des Hauses gefunden wurden sei. Polizeikräfte hätten bei einer anschließenden Begehung den verdächtigen Gegenstand in einem Lichtschacht gefunden. Da eine Gefährdung nicht auszuschließen war, erfolgte eine Zerstörung noch vor Ort durch  Kriminaltechniker. "Tatsächliche Gefährlichkeit und etwaige Tatmotivation sind Gegenstand der  Ermittlungen des Polizeilichen Staatsschutzes beim Landeskriminalamt und der Generalstaatsanwaltschaft Berlin", hieß es.

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