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Der Synchronsprecher Christian Brückner vor seiner privaten Büchersammlung.

© Kitty Kleist-Heinrich

Synchronsprecher Christian Brückner: „Meine Stimme ist ein Privileg“

Eine der berühmtesten Stimmen spricht über Robert De Niro, Moby Dick und die Liebe zum Soul. Am Montag ist er in der Deutschen Oper zu hören.

Von Markus Lücker

Die Big Band der Deutschen Oper unter der Leitung von Manfred Honetschläger lädt für diesen Montag, 20 Uhr zu einer Reise durch die Geschichte der Soulmusik ein. Moderiert wird der Abend von Adolf-Grimme-Preisträger Christian Brückner, der mit seiner Stimme durch Hörfunk, Lesungen, Hörbücher, Jazzmoderationen und als Synchronstimme von Robert De Niro zur Legende geworden ist.

Herr Brückner, was bedeutet es für Sie, eine Stimme zu haben?
Für mich ist das ein großes Vergnügen, ja eine große Befriedigung. Mich hat immer interessiert, etwas zu vermitteln. Weniger die Stimme als Material, sondern was erzähle ich den Menschen – der Einsatz von Stimme zur Hörbarmachung von Literatur. Das ist das Hauptthema, nicht Synchronarbeit.

Das war es auch mal. Ich habe Hunderte von Filmen synchronisiert in den 70ern und 80ern. Heute ist es die Literatur, an der ich mich abarbeite. Das mach ich ja mit meiner Frau zusammen. Wir haben einen Verlag, den wir jetzt verkauft haben, aber trotzdem weiterführen.

Zur Stimme gehört auch das Gehörtwerden. Ist es ein Privileg, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden wie Sie?

Das stimmt. Ich begegne täglich Leuten, die mich ansprechen: „Sie und Ihre Stimme, ich höre sie mein Leben lang und meine Kinder jetzt auch wieder.“

Wie wurden Sie eigentlich zur festen Stimme von Robert De Niro?

Ganz einfach, durch ein Casting. Das war die Anfrage von Martin Scorsese für „Taxi Driver“. Der hat das entschieden und seitdem bin ich De Niro.

De Niro ist berühmt für sein „Method Acting“: Für „Raging Bull“ hat er als Profiboxer gekämpft. Bereiten Sie sich ähnlich intensiv auf Ihre Rollen vor?

Well, of course it's not method acting. Im Fall De Niro blieb mir gar nichts anderes übrig, als ihn genau zu studieren im Laufe der Jahrzehnte. Ich weiß, wie hervorragend er sein kann. Aber ich weiß auch, wie beschissen er sein kann. Ich habe ja auch die Filme gemacht, die direkt in die Videothek gegangen sind.

Filme wie „Dirty Grandpa“, wo er einen versauten Rentner spielt?

Das war eine Klasse für sich, darüber wollen wir lieber gar nicht reden. Das war so ein Punkt, wo ich gesagt habe, wenn der nächste Film wieder so beschissen ist, dann steige ich aus.

Sie haben auch Karl Marx gesprochen. Wie bereitet man sich darauf vor, der Vater des Kommunismus zu sein?

Man muss eine Haltung zu jedem Buch finden. Ich habe ja Riesendinger gemacht. Auch vom Umfang her. Egal, ob es sich um „Moby Dick“, die „Ilias“ oder die „Odyssee“ handelt – ich bereite die Bücher unendlich lange vor. Oft sind es Werke, die ich lange vor meiner Zeit als professioneller Vorleser kennengelernt haben. Und das goutieren auch die Zuhörer: Mit Ahab aus „Moby Dick“ zum Beispiel werde ich immer ein bisschen identifiziert.

Wegen des Barts?
Wegen der Raserei, wegen der Wut. Dazu habe ich im letzten Jahr noch ein Event gemacht als Kapitän Ahab an der Donau. Der Wal, der mich angriff, bestand aus einem Hubschrauber. Mir geht es in der Vorbereitung darum, das Buch für mich greifbar zu haben. Es bestens zu kennen, aber auch von innen damit infiziert zu sein.

Am Montag moderieren Sie in der Deutschen Oper eine Soul-Veranstaltung. Ein Genre, das eng mit der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung zusammenhängt. Was verbinden Sie mit der Musik?

Ich habe Soul gehört, als er gerade populär wurde in Deutschland. Das waren fremde Klänge, die aber sofort mitrissen. Das war voller Emotion. Also klar, Bürgerrechte, all das. Aber es war ja nicht nur Anklage, sondern in erster Linie eine sehr kraftvolle Musik, die so gar keine Vorgänger hatte hier in Deutschland. In Amerika, da kam sie aus einer Tradition. Hier war es – bumm! – eines Tages auf dem Markt und hat mich umgehauen.

In Ihrem Bücherregal sehe ich gerade Albert Camus, „Der Mythos des Sisyphos“. Es geht um die Absurdität des Lebens im Angesicht der Sinnlosigkeit. Auch so ein Buch, dass Sie einsprechen könnten?

Könnte ich, würde ich. Aber der Witz ist ja: Gucken Sie mal, wie umfangreich die Literaturgeschichte ist und wie viele Titel ich tatsächlich gemacht habe! Am Ende des Lebens werde ich sagen: Es war nix, nur so ein Stückchen Fingernagel, das ich von dem gemacht habe.

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