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Gut sortiert. Heinz Ostermann in seiner "Leporello"-Buchhandlung in Südneukölln.

© Lotta-Clara Löwener

Südneuköllns letzter Buchhändler: Rudows einsame Insel für Literatur

Heinz Ostermann führt seit 2007 die letzte Buchhandlung zwischen Rudow und Gropiusstadt. Es kommen aber zu wenig Kunden. Hat seine Branche im Süden Berlins überhaupt noch eine Chance?

Südneukölln mangelt es an Buchhandlungen. Neuen Lesestoff findet man allein an einer Adresse: In der Krokusstraße 91. Hier im Blumenviertel gelegen, wird die Buchhandlung „Leporello“ seit fast zehn Jahren betrieben, die einzige ihrer Art im Gebiet zwischen Rudow, Buckow, Britz und Gropiusstadt. Trotz der über 160.000 dort lebenden Menschen und möglichen Käufer, kämpft Heinz Ostermann (60) ums Überleben seines Geschäftes: „Ob es meinen Laden noch in fünf Jahren gibt, dafür habe ich keinerlei Gewähr“.

Bis vor zehn Jahren arbeitete er als Controller

Heinz Ostermann, Jeans, dunkler Rollkragenpullover, ist ein großer kräftiger Mann. Sein Laden in Rudow liegt in einer eher dörflichen Straße des alten Ortes. Die Regale rundherum sind akkurat sortiert. Klassiker, Romane, Biografien, Kochbücher reihen sich aneinander - bis zum "Hauptstadtkochbuch", das augenfällig gleich am Eingang ausliegt. Stammkunden kommen ins Geschäft, plaudern mit ihm über neueste Literaturerscheinungen. Es macht ihm offensichtlich Spaß. Ostermann arbeitete bis vor zehn Jahren als Controller bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Kultur. "Das war gut bezahlt, aber zu eintönig", erzählt er. Also suchte er eine neue Herausforderung und fand sie im Buchhandel.

Aber die Umsatzzahlen, welche er sich bei der Eröffnung 2007 erhoffte, hat er nie erreicht. „Ich hatte einen Businessplan. Vielleicht habe ich mich einfach überschätzt.“ Das Buchgeschäft sei nicht mehr das, was es mal war. „Seit es Amazon gibt und E-Books, bietet so eine Buchhandlung kein sicheres Einkommen mehr“, sagt Ostermann.

Charlottenburg-Wilmersdorf hat die höchste Buchhandelsdichte

Hat sich etwa ganz Südneukölln vom klassischen Buchhandel abgewandt? Der Geschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Detlef Bluhm, analysiert seit längerem die Situation seiner Branche.

Er führt die mangelnde Nachfrage auf die soziale Zusammensetzung der Bevölkerung zurück. In Wohngegenden mit mehr Familien, bei denen Bücher traditionell eine größere Rolle spielen, laufe das Geschäft besser, meint er. Als Beweis nennt er Charlottenburg-Wilmersdorf. Mit 38 Geschäften hat der Bezirk die höchste Buchhandlungsdichte Berlins.

Neuköllns Bezirksstadtrat für Bildung, Schule, Kultur und Sport, Jan-Christopher Rämer (SPD), bedauert den Mangel an Buchhandlungen in Südneukölln. Selbst in Rudow aufgewachsen, engagiert er sich für den Spaß am lesen in seiner Heimat. So eröffnet er am 3. März die Literatur-Rreihe "Rudow liest!" mit zahlreichen Autorenlesungen bis zum Sonntag, 5. März - so auch in der in der Buchhandlung "Leporello" im Blumenviertel. Bis heute bedauert er, dass der letzte Buchladen in den Gropius Passagen der Gropiusstadt, die "Sosch"-Filiale, nach dreißig Jahren ihre Türen schloss. Schon als Junge hatte er dort in den Regalen gestöbert.

Als "Sosch" in Berlins größtem Einkaufszentrum dicht machte, passte das auch dem Quartiersmanagement Gropiusstadt nicht ins Konzept. Sie beklagten sich beim Centermanagement, aber mehr konnten sie nicht unternehmen. „Da es sich bei Förderungen von Buchhandlungen um ein kommerzielles Anliegen handelt, können wir uns leider nicht weiter engagieren“, sagt eine Sprecherin des Teams. „Uns liegen zwar Projekte rund um Kultur und Bildung im Kiez am Herzen, einzelne Geschäfte oder Branchen können wir aber nicht unterstützen.“

Vielleicht zieht ein neuer Buchladen in die Gropius Passagen ein

Gibt es denn Chancen, dass in Südneuköllns Gropius Passagen bald eine neue Buchhandlung aufmacht? Juliana Kuhlmann, Marketing Managerin des Shoppingcenters, sagt: „Verhandlungen laufen. Nach Abschluss der Umbauarbeiten des nördlichen Abschnitts werden Verkaufsräume für eine Buchhandlung zur Verfügung stehen“. Vielleicht bezieht dann ein Retter der aussterbenden Branche in Südneukölln die Räumlichkeiten. Für Heinz Ostermann im Blumenviertel wäre dies allerdings eine herbe Konkurrenz.

Lotta-Clara Löwener

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