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Die Liege ist schon besetzt: Ein Fuchs sonnt sich im Garten von Philine von Blanckenburg aus Schlachtensee und ist dabei anscheinend eingenickt.

© Philine von Blanckenburg

Such Mal: Auf Wildtiersafari durch Berlin

Von Amsel bis Zauneidechse: Nicolas Bogislav von Lettow-Vorbeck hat ein Buch über die Tiere der Großstadt geschrieben.

Sein Blick wandert zu den Spatzen. Immer geht das so. Während die Ehefrau Klamotten aussucht, hat Nicolas Bogislav von Lettow-Vorbeck schon wieder Vögel vor dem langweiligen Einkaufszentrum entdeckt. Oder zu Hause in Moabit: Da gibt es einen Baum, dessen Nüsse den Raben schmecken. Vom Balkon aus hat er beobachtet, wie die schlauen Tiere die harten Früchte auf die Straße fallen lassen und warten, bis Autos im Vorüberfahren die Schalen knacken.

Fast überall in der Stadt entdeckt der 33-Jährige, der seit siebeneinhalb Jahren in Berlin wohnt, wild lebende Tiere. Ihnen hat er nun ein Buch gewidmet: In „Stadtwild. Von Amsel bis Zauneidechse“ beschreibt er steckbriefartig 99 Tiere, die sich in der Stadt entdecken lassen. Die meisten davon hat Lettow-Vorbeck in Berlin beobachtet. Mit wachem Blick sieht er am Straßenrand das träge Tagpfauenauge, das aus einem Kellerloch in die ersten warmen Strahlen der Märzsonne kriecht. Natürlich hat er auch einen der ersten Berliner Maikäfer gesehen. Im Tiergarten, der nur drei Minuten hinter seiner Haustür liegt, bewegt er sich abseits der großen Wege, dort wo der Park „dicht wie ein Dschungel“ ist. Kürzlich ist ihm dort ein Biber begegnet. Auch die Ausbreitung der Amerikanischen Sumpfkrebse am Neuen See hat er im vergangenen Sommer beobachtet. Über die invasiven Krabbeltiere, die von einigen Berlinern panisch als „rote Skorpione“ wahrgenommen wurden, hatten damals sogar ausländische Medien berichtet. Einen ähnlichen Migrationshintergrund haben die Schildkröten vom Neuen See, die laut Autor mittlerweile jeder Rikschafahrer der Innenstadt kennt.

Einer von Lettow-Vorbecks Lieblingsorten in der Stadt ist das Schöneberger Südgelände. Auf dem renaturierten Güterbahnhof kann er sich den ganzen Tag lang aufhalten. „Eine schöne Mischung aus Geschichte, Kunst und Natur“ sei dort zu finden. Hier hat er die äußerst seltene Gottesanbeterin entdeckt, Zauneidechsen nachgespürt und die hübsch gezeichnete Wespenspinne fotografiert.  Eine Empfehlung für Wildtierbegeisterte spricht Lettow-Vorbeck auch für den Biesenhorster Sand aus, jene große Fläche eines ehemaligen Güterbahnhofs und eines Flugfeldes zwischen Biesdorf und Karlshorst. Anders als auf dem Südgelände können Besucher hier auch abseits der Pfade herumstreifen.

Einen seiner spektakulärsten Funde fischte der Autor aus einer Pfütze in der Döberitzer Heide: einen Urzeitkrebs, der als die älteste noch lebende Tierart der Welt gilt und bereits in 220 Millionen Jahre alten Schichten fossil nachgewiesen wurde. Faszinierend!

— Nicolas Bogislav von Lettow-Vorbeck: Stadtwild. Von Amsel bis Zauneidechse. 99 Tiere, die man in der Stadt entdecken kann. Eden Books, Hamburg. 224 Seiten, zahlreiche Fotos, 16,95 Euro.

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