zum Hauptinhalt

Studie zu Insomnie: Berlin schläft immer schlechter

Abende vor dem Computer oder am Smartphone tragen zur Unruhe bei. 1,25 Millionen Berufstätige in Berlin schlafen einer Studie der DAK zufolge schlecht. Und die Zahlen steigen.

´

Stundenlanges Wälzen im Bett – vor dem Einschlafen. Aufwachen – fünf, sechs, sieben Mal pro Nacht. Unruhige Träume – und oft gar kein Tiefschlaf. Immer mehr Berliner plagen Schlafstörungen. Rund 76 Prozent der Erwerbstätigen in der Stadt haben eigenen Angaben zufolge Schlafprobleme. Das ergab eine repräsentative Studie der Krankenkasse DAK, die am Donnerstag vorgestellt wurde. Bei einer vergleichbaren Untersuchung 2010 waren es 50 Prozent. Den Trend erklären nicht nur die DAK-Experten mit den Anforderungen der Arbeitswelt.

Hochgerechnet auf alle Erwerbstätigen der Hauptstadt schlafen 1,25 Millionen Berliner Arbeiter, Angestellte, Beamte und Selbstständige schlecht. Und jeder Zehnte leidet demnach sogar unter der schweren, chronischen Schlafstörung, der Insomnie. Im Vergleich zu 2009 hat sich diese Zahl verdoppelt. Die DAK ließ für diesen Teil ihres Gesundheitsreports 2017 nicht nur eigene Versicherte befragen, sondern auch Erwerbstätige, die bei anderen Kassen versichert sind.

Chronischer Schlafmangel ist gefährlich

„Schlafstörungen sind kein Nischenproblem“, sagte Volker Röttsches, der Berliner DAK-Chef. „Die Zahlen sind alarmierend, wenn man die Beeinträchtigungen bedenkt, die mit den Störungen einhergehen.“ Laut Report ist jeder zweite Berliner in Büro und Betrieb auf Dauer müde. „Schlafstörungen werden leicht unterschätzt“, sagte Röttsches, „dabei kann chronischer Schlafmangel ernsthaft schaden.“ Das Risiko für Stoffwechselstörungen und Herzschäden steigt, Konzentration und Leistungen leiden.

Das Flimmerlicht von Smartphones, Fernsehern und Computern hindert viele daran, vor dem Schlafengehen zur Ruhe zu kommen.
Das Flimmerlicht von Smartphones, Fernsehern und Computern hindert viele daran, vor dem Schlafengehen zur Ruhe zu kommen.

© Hildenbrand/dpa

Der Studie zufolge gehen nur wenige Betroffene zum Arzt – und davon meldet sich nur eine Minderheit beim Arbeitgeber wegen Schlafstörungen krank. Entsprechende Medikamente hatte laut DAK-Report zuletzt jeder Zehnte genommen. Tatsächlich sind offizielle Arbeitsausfälle wegen Schlafmangels statistisch äußerst selten, womöglich auch, weil viele Patienten sich wegen psychischer Belastungen oder anhaltender Schmerzen krankschreiben lassen, auch wenn Schlafmangel die Ursache dafür sein könnte

Nach wie vor sind Muskel-und-Skelett-Erkrankungen – beispielsweise Rückenleiden – sowie Seelenleiden – etwa depressive Episoden – die häufigsten Ursachen für Fehltage. Für die DAK-Versicherten allein gilt trotzdem: 2015 gab es je 100 Versicherte durchschnittlich rund vier Fehltage wegen Schlafstörungen – 2005 waren es noch 2,5 Tage. „Patienten kommen oft erst nach Monaten schlechten Schlafens“, sagt Thomas Penzel, Chef des Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums der Charité.

Berliner schlafen schlechter

„Medikamente sollte man übrigens nur drei, vier Wochen lang nehmen. Gut tut tagsüber Sport, abends Ruhe.“ Eine der Hauptursachen für Schlafstörungen sei der Job. Wer oft an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit arbeite, Nachtschichten bewältige und Termindruck habe, sei eher betroffen.

Das Wissenschaftliche Institut der AOK hatte 2015 in seinem Fehlzeiten-Report festgestellt, dass Schlafstörungen schon unter Auszubildenden ein Thema sind. Dazu kommt das, was Forscher mangelnde Schlafhygiene nennen: 85 Prozent der von der DAK Befragten gaben an, vor dem Einschlafen fernzusehen, 76 Prozent erledigen Privates am Computer, 15 Prozent noch Dienstliches. Das Flackerlicht von Bildschirmen hemmt die nötige Entspannung. Inwiefern Berlin generell als nachthelle, laute Metropole ihren Bewohnern den Schlaf erschwert, ist unklar. Die Berliner schlafen den DAK-Daten zufolge nur leicht schlechter als andere Bundesbürger.

15 Fehltage pro Tag

Für den aktuellen Gesundheitsreport wurden auch generelle Fehlzeiten der bei der DAK versicherten Arbeitnehmer ausgewertet: Die Stadt weist im Bundesvergleich einen leicht überdurchschnittlichen Krankenstand auf. Er sank 2016 im Vergleich zum Vorjahr jedoch auf 4,1 Prozent und liegt so auf dem Niveau von 2008. Im Durchschnitt hatte 2016 jeder DAK-Versicherte in Berlin 15 Fehltage, einen Tag weniger als im Vorjahr. Dazu ging auch die Zahl der Betroffenen zurück, mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen war 2016 gar nicht krankgeschrieben.

Die DAK ist eine der größeren Krankenkassen. Für den die Krankschreibungen betreffenden Teil der Studie wurden Daten von 108 000 erwerbstätigen DAK-Mitgliedern ausgewertet. Die größten Kassen in Berlin sind AOK und Techniker-Krankenkasse.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false