zum Hauptinhalt
Landidyll. Auf der historischen Kopfsteinpflasterstraße in Friedenfelde gibt es auch noch solche Verkehrshindernisse. Die handbehauenen Granitfindlinge wurden vor mehr als 80 Jahren dort verlegt. Nun sollen rechts und links der Straße Asphaltstreifen angelegt und die Mitte neu gepflastert werden. Aus Sicht der Gegner des Vorhabens wird damit ein wertvolles Stück Kulturlandschaft unwiederbringlich zerstört.

© privat

Streit um Kopfsteinpflaster in der Uckermark: Geliebte alte Dorfstraße

Friedenfelde in der Uckermark ist ein historisches Idyll. Nun soll die alte gepflasterte Dorfstraße teilweise asphaltiert werden. Darum wird heftig gestritten.

Die riesigen Linden sind gut 250 Jahre alt, der Dichter Achim von Arnim soll sie gepflanzt haben, als er zeitweise im Dorf lebte. Das Gutshaus der von Arnims, ihr Park, das einstige Waschhaus und die Büdnerwohnungen – das gesamte historische Ensemble im Dorf Friedenfelde in der Uckermark ist noch weitgehend vorhanden. Und wird verbunden durch eine alte, von den Linden umrauschte Pflasterstraße. Um dieses Idyll tobt derzeit ein heftiger Streit. Der Kreis Uckermark will die Dorfdurchfahrt teilweise asphaltieren. Dagegen protestieren Bewohner, das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und die fünf in Brandenburg offiziell anerkannten, großen Naturschutzverbände.

Auch Pflasterstraßen sind im Biosphärenreservat geschützt

Das Kopfsteinpflaster halten dessen Liebhaber „als technisches und regionaltypisches Kulturdenkmal“ für schützenswert. Beim Landeskonservator haben sie beantragt, es unter Denkmalschutz zu stellen. Zumal etwa ein Viertel der Pflasterstraßen in der Uckermark bereits in den vergangenen Jahrzehnten asphaltiert worden ist, vor allem in Ortsdurchfahrten, wie das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin in einem Brief an den Landkreis schreibt. „Das Netz der historischen Pflasterstraßen trägt erheblich zur Einzigartigkeit unserer Landschaft bei“, heißt es darin weiter. Man habe der Asphaltierung überörtlicher Verbindungsstraßen nur unter der Bedingung zugestimmt, das historische Dorfstraßen wie in Friedenfelde erhalten bleiben. Pflasterstraßen sind im Reservat nach dessen Verordnung streng geschützt. Das Pflaster von Friedenfelde wurde um 1930 aus handbehauenen Granitfindlingen verlegt. Die Steine müsse man original erhalten und sorgsam sanieren, um das ursprüngliche Dorfbild zu bewahren, heißt es in einer Petition auf der Internetplattform change.org an den Landkreis, die auch Brandenburgs Ex-Landeskonservator Detlef Karg unterschrieben hat. „Besonders in westlichen Bundesländern gibt es viele ländliche Ortschaften, in denen man Pflaster mit Asphalt überzog - sie sind gesichtslos geworden.“ Das Holperpflaster bremse Autos, auch das bewahre den dörflichen Charme. Da Friedenfelde durch Eseltouren und Planwagenfahrten mehr und mehr Touristen anzieht, sei dies ein „nachhaltiges Anliegen“.

Friedenfelde in der Uckermark
Friedenfelde in der Uckermark

© PNN/Schmidt

Auch zugezogene Berliner, die in Friedenfelde ihre Wochenenden verbringen, streiten deshalb fürs Pflaster. Zum Beispiel Bildhauer Maximilian Klinge, der den verfallenen „Alten Dorfkrug“ erwarb und derzeit saniert. „Historische Dorfstraßen sind doch ein Stück Vergangenheit“, sagt er. „Sie laden zum Verweilen ein – statt zum Durcheilen.“ Der Landkreis will die Straße auf 400 Metern erneuern und ausbauen. Sie sei marode, heißt es. Sie werde als Umgehungstrecke benötigt, falls man eine nahe Kreisverbindungsstraße mal sperren müsse. Eine 5,50 Meter breite Asphaltdecke sei finanziell am günstigsten. Allerdings wichen die Verantwortlichen schon vor den Protesten ein Stück zurück. Sie werben jetzt für einen Kompromiss, der in märkischen Dörfern bereits oft praktiziert wurde. An beiden Seiten sollen 1,30 Meter breite asphaltierte Spuren entstehen, vor allem für Radler. Dazwischen will man neues Pflaster verlegen. „Das ist doch eine gute Variante“, sagt Landrat Dietmar Schulze (SPD). Er verstehe „die ganze Aufregung“ jetzt nicht mehr. Im Übrigen hätten die Gemeindevertreter der neuen Variante bereits zugestimmt.

Der Landkreis Uckermark hat das letzte Wort

Nach Auskunft des Potsdamer Verkehrsministeriums hat der Landkreis „als Träger der Verkehrssicherungspflicht“ das letzte Wort. Er kann sich über das Veto von Behörden und Verbänden, die angehört werden müssen, hinwegsetzen. Das abgespeckte Vorhaben soll laut Kreis knapp 300 000 Euro kosten, die teils vom Land bezuschusst werden. Doch Maximilian Klinge und seine Mitstreiter halten die Streifenlösung für einen „faulen Kompromiss“. Ein „Dekostreifen aus neuem Pflaster zwischen Asphalt – wie sieht das denn aus“. Autofahrer würden darauf allemal mehr Gas geben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false