zum Hauptinhalt
Innerhalb des S-Bahnrings bewegen sich viele Menschen bereits heute klimaneutral.

© Imago/Photothek/Janine Schmitz

Streit um die Verkehrswende: Berliner CDU wirft rot-rot-grüner Koalition „Autohasserwahn“ vor

Die Opposition rechnet mit der rot-rot-grünen Verkehrswende ab. Die Koalition wolle aus Berlin ein „Bullerbü des Stillstandes“ machen. Auch die SPD übt Kritik.

Von Sabine Beikler

Wahlkampf ist Straßenkampf: Wie wird der Platz auf der Straße auf Autos, Busse, Bahnen, Lastenverkehr, Fahrrädern und Fußgänger verteilt? Wohin fließen prioritär die Investitionen? Und was ist mit der A100, dem Ausbau des U-Bahnnetzes oder einer autofreien Innenstadt?

Die Opposition rechnete am Donnerstag im Parlament in der von der CDU beantragten Debatte mit der rot-grünen Mobilitätswende ab. „Die linksgrüne Innenstadtpolitik im Verkehr heißt, die Idylle von Dorf und Land muss für sie in die Stadt. Und wer da nicht mitmacht, wird stigmatisiert und mit dem tradierten Autohasserwahn schikaniert“, sagte CDU-Verkehrspolitiker Oliver Friederici.

In der Verkehrspolitik habe die Koalition in den vergangenen Jahren komplett versagt. Rot-Rot-Grün, vor allem Linke und Grüne, wollten die Menschen „umerziehen und in Busse und Bahnen zwingen“. Kurz vor der Wahl würden Pop-up- Radwege „hektisch“ angeordnet ohne Beteiligung von Anwohner:innen und Gewerbetreibenden. „Blindwütig“ werde wie in der Kant- oder Attilastraße „zugepollert, ummarkiert und der restliche Verkehr ausgebremst“.

Friederici warf der Koalition vor, bewusst Staus mit Baustellen oder Ampelschaltungen zu erzeugen. Und neu geplante Straßenbahnen wie in der Leipziger Straße würden als „verkehrspolitisches Kampfinstrument gegen den Autoverkehr“ eingesetzt. Minutenlang zählte Friederici die nach seiner Ansicht verkehrspolitischen Fehler auf.

„Gleichmacher und linken Selbstverwirklicher“

Die Koalition wolle Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Prenzlauer Berg in ein „linkes Biotop der Enteigner, Gleichmacher und linken Selbstverwirklicher“ machen. Die CDU will einen attraktiven Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Statt oberirdischer Lösungen per Straßenbahn sei die U-Bahn zu bevorzugen.

„U-Bahn-Strecken müssen endlich schneller geplant und gebaut werden“, sagte der CDU-Politiker. Sie würden schließlich vom Bund „fast zu 100 Prozent bezahlt“. Ferner ist die CDU für einen Ausbau des Busverkehrs auch an den Stadträndern und bessere Verbindungen mit dem Brandenburger Umland.

[Wahlkampf konkret in den Berliner Kiezen: Hier gibt es die 12 Tagesspiegel-Newsletter für jeden Berliner Bezirk - leute.tagesspiegel.de]

Im Wahlkampf gehen auch SPD, Grüne und Linke auf Distanz zueinander und heben ihre jeweils eigenen inhaltlichen Positionen hervor. SPD–Verkehrspolitiker Tino Schopf (SPD) kritisierte die Grünen deutlich. „Dank der SPD“ spreche man beim Thema Mobilität nicht nur über ein Radgesetz, sondern über alle Mobilitätsformen. Und man werde den letzten Teil des Mobilitätsgesetzes auch erst dann verabschieden, „wenn wir die Forderung nach einer City-Maut ausräumen können“.

„So kitschig, so piefig, so spießig“

Die Einführung einer City-Maut ist eine Idee der Grünen, die mit den Einnahmen eine weitere Finanzierungssäule für den ÖPNV aufbauen möchten. Schopf kritisierte die Verkehrsverwaltung von Regine Günther (Grüne), die den Radwegeausbau nicht beschleunigt und den Ausbau der U-Bahn nicht angestoßen habe.

Die FDP warf der Koalition vor, aus Berlin ein „Bullerbü des Stillstandes“ zu machen. Diese „Stillstandsvision“ sei „besonders ausgeprägt bei den Grünen“, kritisierte Verkehrspolitiker Henner Schmidt. Diese Vision sei „so kitschig, so piefig, so spießig, dass bei mir hin und wieder ein leichter Brechreiz ankommt“. Großstadt bedeute Urbanität, und eine autofreie Stadt sei auch nicht verkehrsfrei. „Freie, grüne, ruhige Straßen gibt es in der Großstadt nicht.“ Verkehrspolitik müsse allen ein gutes Angebot machen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Schmidt teilte auch kräftig gegen die CDU aus, die sich für einen autofreien Tag ausgesprochen hatte. Und die CDU habe kürzlich einem Koalitionsantrag zugestimmt, das Autobahndreieck Funkturm „in kleinerer Vision“ zu bauen. AfD-Verkehrspolitiker Frank Scholtysek ergänzte, die CDU habe für die Umsetzung von Durchfahrtsverboten und Straßensperrungen gestimmt und würde sich an der „Autohasserpolitik des Senats“ beteiligen. Autos und Parkplätze müssten weg – das sei die Vision der Koalition.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Verkehrspolitiker Harald Moritz (Grüne) wies die „wilden Behauptungen“ der Opposition zurück. Die Grünen setzten auf ÖPNV-Ausbau, mehr Tempo-30- Zonen und autofreie Straßen. Kristian Ronneburg (Linke) betonte die Erfolge der Koalition. Der ÖPNV bleibe bezahlbar und werde ausgebaut. In den Kiezen gebe es geschützte Radstreifen.

Eine Alternative zur ökologischen Verkehrswende gebe es nicht, sagte Verkehrssenatorin Günther. Neue Mobilität werde weniger Auto-fokussiert sein. Aktiv müsse der „Abschied vom Verbrennermotor“ beschleunigt werden. Der Senat stehe für eine soziale Verkehrspolitik, mehr Radverkehr, Fußgänger und mehr Grün. Ein „Weiter wie bisher“ sei unverantwortlich. Die Verkehrswende sei nicht über Nacht zu haben. Günther: „Das ist ein Marathonlauf. Wir sind bei Kilometer 10.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false