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In den Streit um die Markthalle Neun hat sich nun auch das Nobelrestaurant Nobelhart & Schmutzig eingeschaltet.

© Rainer Jensen/dpa

Streit um die Markthalle IX: "Nobelhart & Schmutzig"-Betreiber schreibt an Michael Müller

Im Streit um die Markthalle Neun hat sich nun auch das Nobelrestaurant eingeschaltet. Die SPD sieht die Gefahr einer Entfremdung der Halle von ihrer Umgebung

Der Aldi soll in der Kreuzberger Markthalle Neun bleiben: Dafür protestierten zahlreiche Anwohner vergangenen Sonnabend vor der Halle. Sie sorgen sich darum, dass sich nach Auszug des Discounters viele Nachbarn dort den Einkauf nicht mehr leisten können. Laut einer Pressemitteilung der SPD zur Demo unterstützt die Fraktion den Erhalt des Supermarktes sowie ein „vermehrtes Angebot von Lebensmitteln im Niedrigpreissegment“ in der Markthalle.

Andere Kunden und Anbieter zeigen sich dagegen empört, dass sich ausgerechnet die SPD Friedrichshain-Kreuzberg für den Verbleib des Aldi-Discounters einsetzt. Das in der Friedrichstraße ansässige Lokal „Nobelhart & Schmutzig“ schrieb diesen Montag eine E-Mail an Berlins sozialdemokratischen Bürgermeister, Michael Müller.

Protest als Chance, um über Bedeutung von regionalen Produkten nachzudenken

Das Lokal ist der Markthalle Neun „seit seiner Entstehung ideell wie geschäftlich verbunden“, steht auf der Webseite der Hallenbetreiber. Ihr Ziel: „Anders-Essen“ und „Anders-Einkaufen“. Der „respektvolle Umgang mit Mensch, Tier und Umwelt“ steht im Zentrum der Betreiber-Ideologie und die Halle soll von kleinteiligem Lebensmittelhandel genutzt werden. Ergo: das absolute Gegenteil des Discounters.

Die Proteste sieht Billy Wagner, der Wirt von „Nobelhart & Schmutzig“, als Chance, über die Bedeutung von Lebensmitteln und regionalen Produkten zu sprechen. Das Geld müsse an die produzierenden Familien in der Region gehen, schreibt er dem Bürgermeister. Darüber, dass die „Sozialdemokratie zu einem Protest gegen UnternehmerInnen aufruft, die für eine gerechteres und sozialeres Lebensmittelsystem kämpfen und dafür mit ihrer Existenz einstehen“, zeigt sich Wagner erstaunt.

Antwort des Bürgermeisters bereits angekündigt

„Will die Stadt Berlin nicht zum nachhaltigen Konsum und reisen anregen?“, appelliert er an den Bürgermeister. Senatssprecherin Claudia Sünder hat die Antwort des Bürgermeisters am Montagmittag bereits angekündigt. Die SPD machte sich bereits vergangene Woche mit einem Antrag im Bezirksparlament dafür stark, dass der „Aldi Markt oder ein vergleichbarer Einzelhändler“ in der Markthalle Neun erhalten wird.

Der Discounter stehe dabei per se nicht im Fokus, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sevim Aydin: „Die Markthalle Neun muss eine Halle für alle bleiben. Dazu gehören auch Angebote für eine preisgünstige Nahversorgung“. Weiterhin fordert die SPD einen lösungsorientierten Dialog zwischen allen betroffenen Akteuren.

"25 Prozent der Bewohner sind auf Sozialleistungen angewiesen"

Der SPD-Mann Sebastian Forck denkt, dass bei der Debatte aktuell etwas schief läuft: „Manche haben vergessen, dass 25 Prozent der Bewohner auf Sozialleistungen angewiesen sind.“ Die Debatte über den Aldi sei nur der Gipfel des Ganzen, die langsame Entfernung der Markthalle von seiner Umgebung laufe schon viel länger.

So gab es beispielsweise beim „Stadt-Land-Food“-Festival vor zwei Jahren viele Anwohnerbeschwerden, da das Fest bis spät in die Nacht ging. „Das Konzept, das die Betreiber 2011 vorgelegt haben, müsse mit den Anwohnern weiterentwickelt werden“, meint Forck. Dieser Gesprächsfaden sei seiner Meinung nach aber aktuell gerissen. Die SPD vertrete die Forderung nach einem Lebensmittelangebot, dass sich jeder leisten kann. Am morgigen Dienstag soll das nächste Gespräch zwischen Hallenbetreibern, Nachbarschaftsinitiativen und dem SPD-Stadtrat Andy Hehmke stattfinden.

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