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Schüler und Lehrerin an der Tafel in einer Grundschule in Berlin.

© picture alliance / dpa

Streit um Besoldung an Berliner Grundschulen: 5200 Euro für Lehrer ohne Abitur?

Berlin ist Vorreiter bei der Bezahlung der Grundschulpädagogen. Dennoch gibt es Streit. Es geht um ehemalige Ost-Lehrer für untere Klassen.

Da haben sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Berliner Senat wohl missverstanden: Während die GEW erwartet, dass es bald für alle Grundschullehrer die höhere Besoldung von 5200 Euro geben soll, hat der Senat die rund 1700 ehemaligen DDR-Lehrer für untere Klassen („LuK-Lehrer“) und die ehemaligen DDR-Sonderschullehrer nicht auf der Rechnung.

Für Dienstag plant die GEW außerordentliche Personalversammlungen mit einem Protestzug zur Bildungsverwaltung, die wiederum von einer „unlauteren Skandalisierung“ sprach. Was ist geschehen?

Aus purer Not besoldet Berlin besser

Berlin will seine Grundschullehrer ab August 2017 ebenso gut besolden wie Oberschullehrer. Formale Begründung: Die Ausbildung für beide Gruppen dauert neuerdings gleich lange. Tatsächlich steht aber die pure Not hinter dieser Entscheidung und zwar der extreme Mangel an Grundschullehrkäften, nachdem Berlin jahrelang zu wenig Lehrer ausgebildet hat. Dieser Mangel spitzt sich aktuell zu, weil die Pensionierungswelle rollt, während gleichzeitig die Schülerzahl extrem ansteigt.

Vor diesem Hintergrund ist der Senat also bereit, die Grundschullehrer besser zu besolden - allerdings zunächst nur die neuen Kräfte, die nach der neuen Studienordnung ausgebildet wurden. Im nächsten Schritt war aber klar, dass die Massen von Grundschullehrern, die nach der alten Ordnung ausgebildet worden waren, ebenfalls mehr Geld verdienen sollten, weil sie teilweise über jahrzehntelange Erfahrungen verfügen.

Deshalb schloss die GEW vor der Wahl im Herbst eine Vereinbarung mit dem Finanzsenator, in der nicht nur stand, dass die neuen Grundschullehrer mehr verdienen sollten, sondern auch, dass er sich dafür "einsetzen" wollte, dass Grundschullehrer, die ihre Lehramtsbefähigung nach "früheren gesetzlichen Regelungen erworben haben", durch die Teilnahme an Fortbildungen "zeitnah" ebenfalls die hohe Besoldungstufe (E13) erreichen sollten.

Vor der Wahl sollte Ruhe herrschen

Als Folge dieser Vereinbarung herrschte im Sommer und Wahlherbst 2016 Ruhe an der Gewerkschaftsfront. Aber damit ist es jetzt vorbei, denn der Senat ist der Auffassung, dass es bei den Verhandlungen vor der Wahl gar nicht um die "LuK-Lehrer" gegangen sei. Die Bildungsverwaltung erinnerte daran, dass die "LuK-Lehrer" in der Regel nicht einmal das Abitur abgelegt hätten. Mit anderen Worten: Diese Lehrer haben zwar ein vierjähriges Studium absolviert, aber insgesamt war ihre Ausbildung etwa vier bis sechs Jahre kürzer als heute bei Grundschullehrern üblich, wenn man das Abitur und ein fünf-jähriges Studium mit anschließendem Referendariat zugrunde legt.

Diese Unterschiede werden heute allerdings nicht mehr wichtig genommen, weil diese Lehrkräfte seit über 25 Jahren als vollwertige Mitglieder der Kollegien wahrgenommen werden. Und so berichtet GEW-Tarifexperte Udo Mertens denn auch, dass dieser Unterschied bei den Verhandlungen im Herbst keine Rolle gespielt habe: „Es ging um alle Grundschullehrer“, betonte er am Dienstag auf Anfrage.

Es geht um rund zehn Millionen Euro

Anders verhält es sich bei den rund 50 ehemaligen LuK-Lehrern, die erst 2015/16 reaktiviert worden waren, nachdem sie seit der Wende als Erzieherinnen in den Horten gearbeitet hatten: Diese kleine Gruppe kommt laut GEW nicht für die 5200-Euro-Besoldung in Betracht. Aber auch so wäre die GEW-Forderung teuer: Wenn man von einem Gehaltsunterschied von rund 500 Euro im Monat ausgeht, wären bei rund 1700 Lehrern, um die es aktuell geht, rund zehn Millionen Euro pro Jahr zusätzlich fällig. Unabhängig davon hat der Senat es mit rund 13.000 "Bestandslehrern" an Grundschulen zu tun, die alle nach der alten Ordnung ausgebildet wurden und ebenfalls mehr Geld bekommen sollen, was kaum strittig ist. Bei ihnen geht es eher um die Frage des "Wann" und "Wie".

Vor diesem Hintergrund fragen sich nicht wenige Koalitionäre, ob Berlin es sich leisten kann, zusätzlich und "ohne Not" auch noch die Lehrmittelfreiheit einzuführen, was 2018 rund 30 Millionen Euro kosten soll. Die Initiative stammt von SPD-Fraktionsschef Raed Saleh.

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