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Berliner Sommer: Der Christopher Street Day ist ein fester Bestandteil des Veranstaltungskalenders - bislang.

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Streit um Berlins Mitte: Zu viel Spektakel am Brandenburger Tor

Die Termine für Fanmeile, Fashion Week und Christopher Street Day überschneiden sich in diesem Sommer. Das sei zu riskant, heißt es im Rathaus Mitte. Muss jetzt eine Veranstaltung ausfallen?

Es sind drei der wichtigsten Berliner Großveranstaltungen in diesem Sommer. Jetzt droht der Bezirk Mitte, der Fanmeile zur Fußball-Europameisterschaft, der Modemesse Fashion Week und der mit einem großen Straßenfest verbundenen Homosexuellen-Demonstration Christopher Street Day (CSD) die Genehmigungen zu versagen. Denn alle drei finden mit zeitlichen und räumlichen Überschneidungen rund um das Wochenende 23./24. Juni zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule statt – für den Bezirk und die Sicherheitsbehörden ein nicht akzeptables Sicherheitsrisiko, wie der Ordnungsstadtrat von Mitte, Carsten Spallek, am Freitag in einer Erklärung warnte.

„Sollten wir gemeinsam mit den Veranstaltern keine einvernehmliche Lösung für die vorliegenden Sicherheitsprobleme finden, werden eine oder mehrere Veranstaltungen nicht wie geplant stattfinden können“, droht Spallek. Er habe bereits vor einem halben Jahr alle Beteiligten darauf hingewiesen, dass nicht genügend Flucht- und Rettungswege zur Verfügung stehen, sagte Spallek dem Tagesspiegel – angesichts von Besucherzahlen von bis zu einer Million Menschen bei der Fanmeile seit das unverantwortlich. Seitdem sei „nichts passiert“.

„Eine zweite Duisburg-Loveparade wird es mit mir nicht geben“

Deswegen geht der CDU-Politiker jetzt mit einem dramatischen Vergleich an die Öffentlichkeit: „Eine zweite Duisburg-Loveparade wird es mit mir nicht geben“, sagt er. „Die Sicherheit der Besucher der Veranstaltungen auf der Straße des 17. Juni hat absolute Priorität.“ Bei der Duisburger Loveparade waren 2010 bei einer Massenpanik 21 Menschen im Gedränge gestorben und viele Besucher verletzt worden.

Bei den Veranstaltern und beim Senat provozierte die Warnung Verwunderung. „Wir verstehen die Aufregung nicht“, sagte Robert Kastl vom Veranstalterverein des Christopher Street Day. Seit zwölf Jahren organisierten er und seine Mitstreiter den Umzug jetzt schon, dabei habe es immer wieder Überschneidungen mit anderen Massenveranstaltungen gegeben. Und immer habe man einvernehmliche Lösungen gefunden.

Bislang ist geplant, dass eine vom Veranstaltungsmanager Willy Kausch organisierte Fanmeile in der Nähe der Siegessäule Fußballfans zum öffentlichen Gucken der aus deutscher Sicht besonders spannenden EM-Spiele zwischen dem 8. Juni und dem 1. Juli einlädt. Die CSD-Demonstration soll am 23. Juni zum Brandenburger Tor ziehen, wo dann auch ein Straßenfest stattfindet. Und die Fashion Week soll inklusive Auf- und Abbau vom 24. Juni bis zum 13. Juli die Straße des 17. Juni am Brandenburger Tor belegen. Vor allem durch das mehr als 100 Meter lange Veranstaltungszelt der Fashion Week, das die Straße in voller Breite ausfüllen soll, wäre den Besuchern der Fanmeile im Notfall ein zentraler Fluchtweg versperrt, sagt Spallek. „Es wird ohne Bewegung bei allen Beteiligten nicht gehen“, sagt er.

Torjagd vor dem Tor: Die Fanmeile bei großen Fußballturnieren hat sich inzwischen ebenfalls zum Sommerklassiker entwickelt.
Torjagd vor dem Tor: Die Fanmeile bei großen Fußballturnieren hat sich inzwischen ebenfalls zum Sommerklassiker entwickelt.

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Wie diese Bewegung aussieht und ob es zum Beispiel mit einem kleineren Zelt für die Fashion Week oder kürzeren Auf- und Abbauzeiten für CSD und Fashion Week getan wäre, soll jetzt in Gesprächen mit den Veranstaltern ermittelt werden, an denen teilweise auch der Senat teilnimmt.

„Die Obergrenze ist erreicht“

Denn das Land Berlin hat großes Interesse daran, dass alle drei für die Stadt sehr wichtigen Veranstaltungen stattfinden, sagt Senatssprecher Richard Meng. „Wir hoffen, es lässt sich ein Kompromiss finden.“ Der Konflikt zeige, dass die Nutzung des Areals „ihre Obergrenze erreicht“ hat. Für Stadtrat Spallek hingegen ist die Schmerzgrenze bei mehr als 100 Tagen, an denen die Straße des 17. Juni gesperrt ist, längst überschritten. Er will die Zahl der Großveranstaltungen am Tor reduzieren: „Wir müssen mit dem Senat darüber reden, welche Veranstaltungen künftig wirklich nötig sind.“

Aus Sicht des Linken-Kulturpolitikers Wolfgang Brauner zeigt der Streit noch etwas anderes: „Der Bezirk Mitte ist offenbar nicht in der Lage, so viele Großveranstaltungen zu koordinieren.“ Er fordert, dass der Senat eine landesweite Koordinierungsstelle einrichten soll. Das wiederum hält Senatssprecher Meng für unnötig: Der Bezirk Mitte handhabe derartige Herausforderungen „sehr routiniert“.

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