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Eine Verlängerung der U7 wird schon länger diskutiert.

© Doris Spiekermann-Klaas / Tagesspiegel

Streit in Berlin um U-Bahn-Verlängerung zum BER: SPD-Fachpolitiker stellen sich gegen Giffeys U7-Plan

Die Regierende Bürgermeisterin hat einem Ausbau der U7 zum BER „Priorität“ bescheinigt. In der Koalition hat sie dafür wenig Rückhalt.

In der Berliner und Brandenburger SPD regt sich Unmut über die Äußerungen von Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zum U-Bahnausbau in der Hauptstadtregion. Fachpolitiker beider Landesverbände kritisieren den Vorstoß Giffeys, die Verlängerung der U7 von Rudow zum Flughafen BER zur Priorität unter den U-Bahn-Plänen zu erklären.

„Nur für eine verbesserte ÖPNV-Anbindung der Wohngebiete im südlichen Neukölln und Schönefeld sowie der geplanten Gewerbegebiete östlich des BER-Terminals 1 - 2 ist die Gesamtstrecke mit mindestens 1 Mrd. Euro Baukosten nicht angemessen“, heißt es in einem gemeinsamen Beschluss des Arbeitskreises Verkehr der SPD Brandenburg und des Fachausschusses Mobilität der SPD Berlin von Mittwochabend, der dem Tagesspiegel vorliegt.

Dieser ist nach Tagesspiegel-Informationen am Donnerstagabend und Freitagmorgen auch den Parteigremien der Sozialdemokraten zusammen mit einem zwölfseitigen Positionspapier übermittelt worden.
Das Projekt stehe demnach „in erheblicher Konkurrenz zu den Schienenprojekten des i2030-Programms in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg“ und könnte diesen Vorhaben daher die nötigen Landesmittel und Bundesförderungen sowie die planerischen Kapazitäten in Behörden und Unternehmen streitig machen.

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Dabei besitze es im Vergleich zu fast allen dieser Projekten eine „geringe verkehrliche Wirkungen bei hohen Bau- und Planungskosten“, schreiben die Fachpolitiker. Die „schon jetzt attraktive Schienenanbindung des Flughafen BER“ nach Berlin und Brandenburg werde sich zudem durch die Inbetriebnahme der Dresdner Bahn 2025 „nochmals erheblich verbessern“. Insgesamt würden dann 13 Zugabfahrten mit der S- und Regionalbahn Berlin und den BER verbinden, darunter der künftige Flughafen-Express in die Innenstadt mit Fahrzeiten von 20 bis 25 Minuten.

Die Fachpolitiker fordern daher die beiden Landesregierungen auf, beim Bund nur Projekte aus dem i2030-Programm zum Ausbau von S- und Regionalbahn „mit deutlich höherem verkehrlichen Nutzen“ beim Bund anzumelden und dafür vertiefende Planungen zu beauftragen und zu finanzieren.

Für die U7-Verlängerung zum BER solle hingegen statt der im Berliner Koalitionsvertrag vereinbarten Nutzen-Kosten-Untersuchung vorerst nur eine vereinfachte standardisierte Bewertung erfolgen, „um eine grundsätzliche Förderwürdigkeit abschätzen zu können“, heißt es in dem Beschluss.

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Für das Flughafenumfeld solle stattdessen gemeinsam mit dem Landkreis Dahme-Spreewald, dem Bezirk Neukölln und den Anliegergemeinden ein stufenweises ÖPNV-Konzept mit Bus und Straßenbahn umgesetzt werden, das die notwendige Feinerschließung sicherstelle und zugleich die Trasse der möglichen U7-Verlängerung für spätere Planungen freihalte.

Giffey: Verlängerung der U7 zum BER hat „Priorität“

Giffey hatte am Mittwoch am Rande eines Termins bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) erklärt, dass für sie der U-Bahnausbau und dabei insbesondere die Verlängerung der U7 zum BER „Priorität“ habe. „Ein Hauptstadtflughafen braucht auch eine Hauptstadtanbindung. Das ist für die Berlinerinnen und Berliner wie auch für unsere Gäste und Partner wichtig“, sagte sie.

Bei Fachpolitikern auch aus den eigenen Reihen löste das Kopfschütteln aus. „Prioritäten beim Bau neuer Verkehrswege müssen ausschließlich nach fachlichen und nicht nach politischen Gesichtspunkten gesetzt werden“, sagte der ehemalige Brandenburger Infrastrukturminister Reinhold Dellmann (SPD) dem Tagesspiegel. Eine kluge länderübergreifende Verkehrspolitik zwischen Berlin und Brandenburg stelle die i2030-Projekte und nicht die U7-Verlängerung zum BER in den Mittelpunkt.

Für Giffeys Aussagen gibt es wenig Rückhalt in der Koalition

Auch in der rot-grün-roten Koalition gibt es für die Aussagen der Regierenden Bürgermeisterin wenig Rückhalt. Verkehrssenatorin Bettina Jarasch hatte erst vergangene Woche erklärt, dass sie den Lückenschluss der U3 zum S-Bahnhof Mexikoplatz und die Verlängerung der U7 in Spandau zur Heerstraße-Nord für die wichtigsten U-Bahn-Vorhaben in Berlin hält. Jaraschs Sprecher betonte am Donnerstag zudem, dass in der Koalition verabredet sei, dass es für den U-Bahn-Ausbau zusätzliche Ressourcen brauche, um dadurch den Ausbau des Straßenbahnnetzes sowie die geplanten Taktverdichtungen im Nahverkehr nicht zu beinträchtigen.

Auch Kristian Ronneburg, verkehrspolitischer Sprecher der Linke-Fraktion und designierter Vorsitzender des Mobilitätsausschusses im Abgeordnetenhaus sah sich als Reaktion auf Twitter genötigt zu betonen, dass der gemeinsame Koalitionsvertrag den Ausbau der Straßenbahn priorisiere.

Offen zu Tage tritt damit abermals ein schwelender Streit in der Koalition um den Ausbau des Nahverkehrs. Während Grüne und Linke vorrangig das Straßenbahnnetz erweitern möchten, will die SPD lieber die Berliner U-Bahn-Linien verlängern. Auf Drängen der Sozialdemokraten wurde daher im Koalitionsvertrag vereinbart, die Planungen zur Erweiterung von insgesamt fünf U-Bahn-Strecken voranzutreiben. Voraussetzung soll dafür allerdings sein, dass die Vorhaben die Finanzmittel und Planungskapazitäten für den Straßenbahnausbau nicht beeinträchtigen.

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