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Am S-Bahnhof Feuerbachstraße ist die Trasse der ehemaligen „Stammbahn“ von Berlin nach Potsdam gut zu erkennen. Platz ist da.

© Jörn Hasselmann

Strecke zwischen Berlin und Potsdam: Welche Züge sollen künftig über die Stammbahn rollen?

S-Bahnen, Regios oder beides? Das ist beim geplanten Wiederaufbau der Stammbahn von Berlin nach Potsdam jetzt die Frage. Doch es gibt Widerstand.

Seit der Wende wird über den Wiederaufbau der Gleise auf der Stammbahn gesprochen – und gestritten. Passiert ist seither nichts. Allerdings geht es jetzt voran. Berlins Bahnchef Alexander Kaczmarek sagte dem Tagesspiegel, dass im Februar alle Beteiligten über das „Layout“ im Südwesten sprechen. Damit meint er: Welche Züge fahren über die Stammbahn – S-Bahnen oder Regionalzüge? Oder gar beide?

Die Eisenbahnstrecke von Berlin nach Potsdam ist seit 1945 unterbrochen, immerhin bis 1980 fuhren noch S-Bahnen von Zehlendorf bis Düppel. Lange zuvor, 1838, dampfte hier bereits die erste Eisenbahn in Preußen. Zehlendorf, Teltow und Kleinmachnow sind heutzutage weitgehend zusammengewachsen, Zehntausende sind auf Busse angewiesen. Gäbe es die Strecke wieder, könnten die Züge in nur 15 Minuten von Kleinmachnow am Potsdamer Platz sein.

Wie berichtet, ist der Wiederaufbau der Stammbahn Teil des Milliardenschweren Infrastrukurpakets „i2030“, das die Länder Berlin und Brandenburg und der Verkehrsverbund verabredet haben. In diesem Monat folgt die nächste Sitzung des Lenkungskreises aller Beteiligten, sagte Kaczmarek. Grundsätzlich gebe es drei Varianten, also S-Bahn und Regionalbahn oder nur eines der beiden.

In Zehlendorf selbst haben sich bereits Bürgerinitiativen gegründet. Eine begrüßt den Wiederaufbau, die andere will lieber die Bäume erhalten, die in Jahrzehnten auf der Trasse – die weitgehend auf dem Grenzstreifen der DDR lag – gewachsen sind.

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Die Politik will wieder Züge, auf Bundesebene, im Land und im Bezirk. 2019 hatte das Bundesverkehrsministerium die Stammbahn wieder in die Planung für den sogenannten Deutschlandtakt aufgenommen. Begründung: „Um der wachsenden Metropolregion auch in Zukunft gerecht zu werden.“

Takt zwischen Berlin und Potsdam könnte verstärkt werden

Mit der Stammbahn könnte der Takt zwischen Potsdam und Berlin deutlich verstärkt werden, heißt es bei der Bahn. Beim Bau des Nord-Süd-Tunnels ist eine Ausfädelung für die Stammbahn bereits vorbeireitet worden. Derzeit sehe der Plan für den Deutschlandtakt drei Regionalzüge über die Stammbahn vor, berichtete Kaczmarek. Aus Kapazitätsgründen könne nur ein Zug durch den Tunnel rollen, zwei würden auf den Südring geleitet.

Mit der wachsenden Region argumentiert auch die Bürgermeisterin von Steglitz-Zehlendorf, Cerstin Richter-Kotowski (CDU). „Wollen wir, dass die Leute Bahn fahren, oder wollen wir den Wald erhalten?“ „Beides zusammen geht nicht“, sagt sie. Zuletzt hatte die Berliner SPD-Fraktion auf ihrer Klausur „höchste Priorität“ für die Bahn gefordert.

[SPD-Stadtrat Michael Karnetzki nimmt klar pro Stammbahn-Stellung: Die Alternative über die Wannseebahn sei „nicht zu Ende gedacht. Mehr lesen Sie hier im Tagesspiegel-Newsletter für Steglitz-Zehlendorf].

Rechtlich gilt die Trasse sogar noch als Bahnstrecke, was den Aufbau beschleunigen dürfte. Allerdings dauert es wohl auch bei allerhöchster Priorität noch viele Jahre, bis wieder Gleise liegen. So muss unter anderem eine neue Brücke über den Teltowkanal her, weil der Vorgängerbau im April 1945 von den Nazis gesprengt wurde. Auch über den Abschnitt der Autobahn A 115, in den 1970er Jahren gebaut, fehlt eine Brücke.

Mit dem Faktor Zeit argumentiert die Bürgerinitiative „Stammbahnalternative“ unter dem Motto „Ressourcen nutzen – Natur schützen“. Sie fordert, auf der Wannseebahn das vorhandene Gütergleis für Regionalzüge zu nutzen – um so die Stammbahn zu verhindern, die als „Band aus Stahl und Beton“ bezeichnet wird.

["Das Bezirksamt hat keine abgestimmte Position": Mehr zur Stammbahn-Debatte lesen Sie hier im Tagesspiegel-Newsletter für Steglitz-Zehlendorf. Den Bezirksnewsletter gibt es einmal pro Woche und in voller Länge und kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Die Wannseebahn macht allerdings zwischen Griebnitzsee und Zehlendorf einen Schlenker über Wannsee – die Bewohner von Kleinmachnow hätten davon nichts. Kritiker werfen der Initiative vor, nicht die Umwelt schützen zu wollen, sondern egoistische Motive zu haben: Der Vorsitzende gibt als Adresse die Straße „An der Stammbahn“ an – sein Garten grenzt an die alte Bahnlinie. „Der Verdacht liegt nahe“, sagt die Bürgermeisterin.

Tatsächlich hatte die Bahn bereits vor drei Jahren vorgeschlagen, die RB33 (Jüterbog–Wannsee) bis Steglitz zu verlängern. Es fehlt dort nur ein Bahnsteig. Doch das Land Berlin wollte das nicht bezahlen. Kaczmarek ärgert sich noch heute darüber: „Es wäre ein Zeichen gewesen, dass es voran geht.“

Bei Programm „i2030“ ist sogar beides möglich, also Wiederaufbau der Stammbahn und zusätzliche Regionalzüge auf der Wannseebahn. Dies fordert der Fahrgastverband Igeb. Die Stammbahn sollte zwei Gleise erhalten, auf denen dann Regional- und Fernzüge fahren, aber keine S-Bahnen. Kleinmachnow könnte besser über eine verlängerte S 25 von Teltow-Stadt aus erschlossen werden, sagte Igeb-Sprecher Jens Wieseke.

[Im Bezirksnewsletter aus Steglitz-Zehlendorf berichtet Tagesspiegel-Autor Boris Buchholz regelmäßig über die Stammbahn-Debatte. Den Newsletter können Sie hier bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Zehlendorfs Bezirksbürgermeisterin Richter-Kotowski will dagegen auch S-Bahnen auf der Stammbahn, weil diese in Düppel-Kleinmachnow und Zehlendorf Süd halten könnten. Sie wolle nicht, dass die Züge nur „durchrauschen“ durch den Bezirk.

Elke Krokowski, die Sprecherin des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg sagte, dass derzeit untersucht werde, wie Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf am besten angebunden werden können. Dies sei Basis für die Entscheidung, welche Züge auf der Stammbahn fahren werden, also das „Layout“.

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