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Auch die Lüderitzstrasse in Berlin Wedding soll umbenannt werden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Straßenumbenennung in Berlin-Wedding: Nach Kritik: Jury für Afrikanisches Viertel soll erneut tagen

Im Wedding soll eine Straße Nzinga Königin von Ndongo und Matamba gewidmet werden, doch die gilt als Sklavenkönigin. Die Jury will das nicht gewusst haben - und muss jetzt vermutlich erneut tagen.

Monatelang tagte eine zehnköpfige - lange geheim gehaltene - Jury, um Namensvorschläge für die Umbenennung von drei Straßen im Afrikanischen Viertel zu finden, die nach Personen der Kolonialzeit benannt sind. 196 Vorschläge waren aus der Bevölkerung eingegangen. Letzte Woche Mittwoch präsentierten der Vorsitzende der Jury, Bertrand Njoume (Grüne) und die zuständige Stadträtin in Mitte, Sabine Weißler, dann der Öffentlichkeit auf einer extra anberaumten Pressekonferenz ihre drei Vorschläge, samt Ersatzvorschlägen. Nach nicht einmal einer Woche scheint es nun so, als ob die Jury erneut zusammenkommen muss. Der Grund: Eine der Vorgeschlagenen gilt als Sklavenkönigin.

Konkret geht es um Nzinga Königin von Ndongo und Matamba, dem heutigen Angola, die von 1583 bis 1663 gelebt hat. Königin Nzinga kam sehr wahrscheinlich durch die Ermordung ihres Bruders an die Macht. Sie trat zum Katholizismus über, um mit den Portugiesen politisch ins Geschäft zu kommen, die Holländer belieferte sie mit etwa 12.000 Sklaven pro Jahr. Nachdem dies bekannt geworden war, hatte es in zahlreichen Medienberichten heftige Kritik gegeben.

Tagesspiegel-Kolumnist Harald Martenstein hatte gefordert, Straßennamen nur noch nach ihren Eigenschaften zu benennen und sich für einen Platz des himmlischen Friedens und eine Allee der Diskriminierten stark gemacht. Ein entsprechender BVV-Beschluss hatte jedoch gefordert, dass nur Personen in Frage kommen.

Wenn die progressiven Ideologen noch nicht einmal fähig sind, moralisch akzeptable neue Namenspatrone für Straßen zu finden (und diese Unfähigkeit ist sattsam demonstriert worden), sollen sie es bleiben lassen. Die bisherigen Straßennamen haben immerhin gegenüber allen denkbaren neuen einen Vorteil: sie sind bereits bekannt.

schreibt NutzerIn kleopatra

"Unter Umständen eventuell eine Ersatznominierung"

Am Dienstagabend verschickte das Bezirksamt nun eine kurze Pressemitteilung: "Nach der massiven Kritik an der Juryentscheidung „Nzinga“ als Namensgeberin für eine Straße im Afrikanischen Viertel vorzuschlagen, bittet die Bezirksstadträtin Sabine Weißler den Vorsitzenden Bertrand Njoume, die Jury erneut einzuberufen, um auf die Kritik einzugehen und unter Umständen eventuell eine Ersatznominierung vorzunehmen." Auf Nachfrage sagte Weißler, dass sie selbst nichts den Ausmaßen der Vorwürfe gewusst habe. In der Jury sei dieser Aspekt von Nzinga "nicht ausführlich besprochen worden".

Sie erinnerte aber daran, wie lange die Jury getagt hatte. "Ich habe noch nie eine Jury erlebt, die es sich so schwer gemacht hat", sagte die Stadträtin. Ihr zufolge ist die Zusammensetzung der Jury selbst mitverantwortlich für die Auswahl der Namen. "Afrikanische Geschichte wird extrem unterschiedlich bewertet", sagte Weißler mit Verweis auf unterschiedliche Gruppierungen in der Black Community, die in der Jury vertreten war. Tatsächlich wird Nzinga auf einer Unesco-Liste als "Heldin des Kolonialkampfes" geführt. Die Stadträtin nannte Nzinga am Dienstag dennoch "keine gute Entscheidung".

Jury-Mitglieder unterstützten Weißlers Vorschlag

Weißler hat deshalb heute viele Jury-Mitglieder gebeten, nochmal über die Straßennamen zu diskutieren. Ihr Vorschlag sei mehrheitlich unterstützt worden, nun so "schnellst möglichst" erneut getagt werden. Dann soll - nach dem Willen von Stadträtin Weißler - ein neuer sechster Name gefunden werden. Die BVV soll dann aus den sechs Vorschlägen drei Namen auswählen. "Für mich war immer klar, dass die Namen für alle Anwohner vermittelbar sein müssen". Nzinga sei offensichtlich nicht vermittelbar. "Das musste erst einmal klar werden", sagte Weißler.

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