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Was oft im Illegalen, heimlich und nachts, anfängt, entwickelt sich für manche Sprayer zu einem bezahlten Job.

© Andreas Klaer

Straßenkunst in Berlin: Plattform vermittelt Street Artists Aufträge

Die Plattform „Book a Street Artist“ will talentierte Straßenkünstler mit einem interessierten Publikum verbinden. Mehr als 500 Künstler sind schon registriert.

Ein Graffiti-Workshop für den Junggesellinnenabschied? Ein Hula-Hoop-Kurs für die Party zum 60. Geburtstag? Oder vielleicht ein bisschen handgemachte Musik mit selbstgebastelten Instrumenten für die Pause auf der Konferenz? Die Plattform „Book a Street Artist“ will das möglich machen und talentierte Straßenkünstler aller Gattungen mit einem interessierten Publikum verbinden. Die Idee, Straßenkünstler zu vermitteln, ist dabei nicht neu. Auch andere Agenturen und Privatpersonen bieten ähnliche Services, konzentrieren sich dabei meist auf eine Kunstform. Book a Street Artist setzt dagegen auf Vielfalt.

„Unseren Kunden ist oft gar nicht klar, was sie eigentlich suchen“, sagt Mit-Gründerin Charlotte Specht. Sie will daher vor allem eines: Einen Überblick bieten über die unzähligen Facetten der Straßenkunst. „Wir bieten Leuten einen Zugang zu Kunst“, sagt Specht, „und gleichzeitig den Straßenkünstlern eine Möglichkeit, sich untereinander zu vernetzen und ihre Kunst einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren.“

Wertschätzung für die Künstler

Die Idee hatten Specht und ihr Geschäftspartner Mario Rueda in Portugal: Im Straßenkunst-Mekka Lissabon trafen sie auf unzählige Kreative, aber erlebten auch, dass ihre Kunst oft nicht wertgeschätzt wird. Das wollen Specht und Rueda ändern. In Berlin gingen sie daher auf die Straße: Etwa ein Jahr lang sprachen sie talentierte Künstler an und entwickelten gemeinsam mit ihnen die Plattform. Heute sind dort mehr als 500 Künstler registriert, vor allem aus Deutschland und Portugal. Sie bieten etwa 700 verschiedene Kunstformen an, vom Workshop über Mitmach-Programme bis hin zum fertigen Kunstwerk.

Die Plattform finanziert sich über einen Anteil an den Honoraren bei vermittelten Aufträgen. „Wir wollen Künstler außerdem dabei unterstützen, sich selbst zu vermarkten und ihnen Orientierung etwa in rechtlichen oder auch organisatorischen Fragen bieten“, sagt Specht.

Auch Ed Sheeran war mal Straßenmusiker

Was die Künstler von der Plattform haben? „Man kann seine Kunst präsentieren, der Kontakt zu potenziellen Kunden wird beschleunigt“, sagt Grafikdesigner Felix Hülpüsch, der als „Hülpman“ unter anderem Wandbilder sprayt und Kleidungsstücke entwirft. „Im Vordergrund steht der Community-Gedanke“, sagt er. Man treffe auch mal Menschen aus anderen Kunstfeldern für gemeinsame Projekte und vor allem könne man „Otto-Normalverbrauchern einen anderen Zugang zu Straßenkunst bieten.“ Über die Plattform nahm Hülpüsch unter anderem am Streetart-Projekt „Wandelism“ teil, bei dem über 60 Künstler kürzlich eine alte Autowerkstatt in Wilmersdorf in eine Urban-Art-Galerie verwandelten (siehe Kasten rechts). „Sehen und gesehen werden ist in der Streetart-Szene ja alles“, sagt er. Da komme die Plattform gelegen. Konflikte mit der Authentizität von Straßenkunst sieht er dabei keine: „Dafür, dass jemand versucht, in gewissem Rahmen von seiner Kunst zu leben, haben eigentlich alle Verständnis.“ Und denen, die sich und ihr Schaffen nicht im Internet vermarkten wollen, bleibt ja immer noch die Straße.

Und die hat ja auch ein enormes Vermarktungspotenzial, betont Charlotte Specht: Schließlich wurden auch international bekannte Künstler wie Ed Sheeran als Straßenmusiker groß. Und in der Streetart-Szene, sagt sie, gebe es im Grunde niemanden, der nicht mit Graffiti auf der Straße angefangen hätte. „Nichts ist härter als die Straße“, sagt Specht. Und meint: Wer auf der Straße bestehen und begeistern kann, kann das auch vor größerem Publikum. Und findet sicher auch eines, das bereit ist, für die Kunst zu zahlen.

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