zum Hauptinhalt
Auf der Berliner U6 stehen Bauarbeiten bevor. Dann fahren auf dieser Linie im Süden monatelang keine U-Bahnen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Stillstand auf der U6: Bauarbeiten bei der Berliner U-Bahn verzögern geschützte Radspuren

Ab Mitte April fährt die U-Bahn nicht zwischen Tempelhof und Alt-Mariendorf. Dann fahren Busse beinahe im Minutentakt als Ersatz. Die Radwege müssen warten.

Bei der U6 stehen monatelange Bauarbeiten bevor. Der U-Bahn-Verkehr wird in beide Richtungen in zwei Bauabschnitten zwischen den Bahnhöfen Tempelhof und Alt-Mariendorf bis Oktober jeweils für zwei Monate unterbrochen. Der erste Bauabschnitt beginnt am 11. April und dauert bis zum 20. Juni, der zweite startet am 11. August und dauert bis zum 7. Oktober. In den Sommerferien ist die U-Bahn wieder im Einsatz, da in dieser Zeit die S2 zwischen Priesterweg und Blankenfelde nicht fährt und U- und S-Bahn nicht gleichzeitig unterbrochen sein sollten. Während der Arbeiten gibt es einen Schienenersatzverkehr auf dem Tempelhofer und Mariendorfer Damm.

Der Bezirk wurde erst vor wenigen Tagen von diesen Plänen der BVG und der Verwaltung von Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) überrascht. Verkehrsstadträtin Christiane Heiß (Grüne) ist verärgert: „Offenbar gab es eine Abstimmung zwischen BVG und der Senatsverkehrsverwaltung, die uns nicht erreichte.“ Nur „aufgrund guter informeller Kontakte von der BVG“ habe sie von dem Bauprojekt erfahren, sagt Heiß.

Für sie sind es nämlich schlechte Neuigkeiten: Der Umbau des Tempelhofer Damms auf dem Abschnitt zwischen Alt-Tempelhof und Ullsteinstraße sollte in den nächsten Monaten beginnen. Dort ist nämlich schon lange geplant, geschützte Radspuren in beiden Richtungen anzulegen.

Mehr Platz. Die geplante Radspur soll 2,85 Meter breit sein, sodass Radfahrer einander gefahrlos überholen können.
Mehr Platz. Die geplante Radspur soll 2,85 Meter breit sein, sodass Radfahrer einander gefahrlos überholen können.

© Simulation: Promo

Das Projekt – die größte und wichtigste Maßnahme zur Schaffung von Radwegen im Bezirk – hatte sich immer wieder verzögert. Und wird sich jetzt weiter hinziehen, denn bei einem dichten Schienenersatzverkehr mit Bussen ist an die Einrichtung einer geschützten Radspur nicht zu denken. 36 Busse sollen je Richtung pro Stunde in den Hauptverkehrszeit auf dem viel befahrenen Tempelhofer und Mariendorfer Damm unterwegs sein.

„Für die Zukunft wünsche ich mir eine verlässliche Zwei-Jahresplanung mit der BVG und der Senatverwaltung. Angesichts unserer extrem angespannten Personalsituation leisten wir uns zu viel Doppelarbeit, die durch besseren Informationsaustausch vermieden werden kann“, sagt Heiß.

Eine überbreite Busspur für den Schienenersatzverkehr

Die Stadträtin sagt, sie habe sich dafür eingesetzt, dass sich die Situation während der Zeit der Bauarbeiten für die Radfahrer dennoch verbessere. Geplant sei, eine überbreite Busspur anzulegen, auf der auch die Radfahrer unterwegs sein dürfen, sagt Heiß. Noch ist dies aber nicht endgültig entschieden, das bestätigt auch ein Sprecher der Verkehrsverwaltung.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Wenn die Busspur kommt, müssen die Parkplätze auf ganzer Strecke weichen. Wie viele das sein werden, lässt sich nicht sagen. Die bezirkliche CDU ist wegen der neuen Entwicklung empört. „Unabhängig von der Frage, wie man zu den geplanten Fahrradspuren am Tempelhofer Damm und den weiteren Planungen in diesem Zusammenhang steht, muss man doch eines feststellen: Frau Heiß steht vor einem kommunikativen und politischen Scherbenhaufen“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Daniel Dittmar.

Die Union lehnt die geplanten Radwege auf dem Tempelhofer Damm, bei denen auch die Parkplätze wegfallen sollen, ab. „Einen ersten Vorgeschmack – quasi einen Livetest – was der Wegfall aller Parkplätze an der Hauptverkehrsachse Tempelhofs in dem Bereich bedeutet, bekommen die Anwohnerinnen und Anwohner sowie Gewerbetreibenden nach den neuesten Planungen nun sehr schnell zu spüren“, sagt Dittmar.

Die CDU will Nebenstrecken für Radfahrer ausbauen

Die Union erwarte, dass die Zeit der Bauarbeiten dazu genutzt werde, Radrouten auf den Nebenstraßen zwischen Tempelhofer Damm und Manteuffelstraße zu ertüchtigen. Das Thema wird auch die BVV an diesem Mittwoch beschäftigen; die CDU hat dazu einen Dringlichkeitsantrag eingebracht.

„Eins ist klar, eine Busspur ist keine geschützte Radspur“, sagt Jens Steckel vom Netzwerk Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg. Aber sie sei zumindest eine deutliche Verbesserung gegenüber dem jetzigen Zustand. Denn auf dem Tempelhofer- und Mariendorfer Damm gibt es zwischen Alt-Tempelhof und Alt-Mariendorf keinerlei Radweg; auf der Straße sind täglich bis zu 42.000 Fahrzeuge unterwegs. Man werde sehr darauf drängen, dass dann direkt nach dem Ende der U-Bahn-Bauarbeiten die Arbeiten für die geschützte Radspur beginnen.

Bei der U6 liegen die Gleise derzeit direkt auf einer Betonkonstruktion. Diese wird durch ein Schottergleis ersetzt und außerdem ein Weichenkreuz eingebaut. Zudem solle eine zusätzliche Gleisverbindung gebaut werden, mit der Unterbrechungen bei Baumaßnahmen verringert werden könnten. Diese Arbeiten waren bereits für das Jahr 2019 geplant, wurden damals aber verschoben.

[350.000 Leute, 1 Newsletter: Die Autorin dieses Textes, Sigrid Kneist, schreibt den Tagesspiegel-Newsletter für Tempelhof-Schöneberg. Den gibt es hier:leute.tagesspiegel.de]

+++ Die Themen der Woche:

- Gasometer, Zwölfgeschosser, Luxuswohnungen: Proteste gegen drei Bauprojekte in Schöneberg

- Denkmalgeschützt und zukunftssicher: Norbert Reinelt über die Genossenschaftssiedlung Lindenhof

- Digitale Premiere: Die BVV geht erstmals online - und befasst sich mit Bürohunden, Radwegen, Tempo 30

- Öffentliche Toiletten: Wo man wie kann - oder auch nicht 

- Die Folgen der Pandemie: So geht's den Unternehmen im Tempelhofer Hafen

- Keine Planungssicherheit: Ufa-Fabrik sagt alle Veranstaltungen für April ab

- Friedenauer TSC 1886: Engagiert und ausgezeichnet

Die Tagesspiegel-Newsletter gibt es für alle 12 Berliner Bezirke und haben mittlerweile schon 240.000 Abos. Darin informieren wir Sie einmal in der Woche gebündelt und kompakt, was so los ist in Ihrem Kiez. Auch lassen wir in den Newsletter oft Leserinnen und Leser zu Wort kommen, schließlich kennt keiner die Kieze so gut wie die Leute, die dort leben.

Zur Startseite