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Künstlerische Besetzer. Die Senioren aus der Stillen Straße stellen selbstgemalte Bilder beim Sommerfest aus.

© David Heerde

Stille Straße 10 in Pankow: Seniorentreff feiert ersten Jahrestag der Besetzung

Die ehemaligen Besetzer der Stillen Straße 10 in Pankow feiern an diesem Wochenende Sommerfest. Vor einem Jahr retteten sie in einer 112 Tage währenden Aktion ihren Freizeittreff. Über den Kauf des Seniorentreffs wird indessen hart verhandelt.

Ilse Schröder zeigt stolz auf ihre Bilder in einem der bekanntesten Berliner Seniorentreffs: Sie hängen in der Stillen Straße 10 in Pankow. Die 73-Jährige gehört zur Malgruppe, die sich gerade auf das bevorstehende Sommerfest vorbereitet. Emsig pinseln sie und mischen neue Farben. Denn am Wochenende werden am Sonnabend von 11 bis 21 Uhr und am Sonntag, 10 bis 13 Uhr, jeweils hunderte Besucher erwartet, denen sie ihre Werke zeigen wollen. Dann feiert der „Förderverein Stille Straße 10 e.V.“ zusammen mit seinen Unterstützern den ersten Jahrestag der Besetzung des Hauses.

„Eine Nacht habe ich damals hier geschlafen“, sagt Ilse Schröder. Sie war erst drei Monate Mitglied in dem Freizeittreff, als am 29. Juni vergangenen Jahres rund 50 Rentnerinnen und Rentner für 112 Tage in die Stille Straße 10 demonstrativ einzogen, um gegen die Schließung ihrer kommunalen Einrichtung zu protestieren. Die Aktion hatte Erfolg, die Senioren bekamen große Aufmerksamkeit. Auch Prominente wie Schauspielerin und Nachbarin Jasmin Tabatabai schauten zur moralischen Unterstützung vorbei. Schließlich entschied sich die „Volkssolidarität“, den Rentnern zu helfen. Seit Anfang des Jahres verhandelt der Sozialverband mit dem Bezirk Pankow über einen Erbbaurechtsvertrag, der das Fortbestehen der Senioreneinrichtung nun langfristig sichern soll.

Bezirk und Volkssolidarität verhandeln über das Haus in der Stillen Straße

Der Bezirk habe bisher einen Vertrag vorgeschlagen, der eine Kaufsumme von 75 000 Euro für das Haus vorsieht, sagt die Vorsitzende der Volkssolidarität, Heidi Knake-Werner. Ihr ist das aber zu viel. Sie fordert einen symbolischen Kaufpreis von einem Euro, denn ihr Verband müsse danach ja für die Sanierung des Baus aus den 30er Jahren aufkommen. Alleine der behindertengerechte Umbau und umfangreiche Brandschutzmaßnahmen würden 500 000 Euro kosten. Der Bezirk hatte die Sanierung sogar noch teurer eingeschätzt, er kam auf eine Summe von 2,3 Millionen. „Der Bezirk muss uns entgegenkommen“, heißt es bei der Volkssolidarität. Schließlich kümmere sich der Verband dann auch dauerhaft und intensiv um die älteren Menschen, das müsse schließlich honoriert werden. Das Bezirksamt war am Donnerstag bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.

Pankows Senioren hoffen auf viel Unterstützung bei ihrem Sommerfest

Trotz der Differenzen ist die Volkssolidarität aber optimistisch hinsichtlich der weiteren Verhandlungen, die nach der Sommerpause Ende Juli fortgesetzt werden sollen. Knake-Werner sagt: „Das kriegen wir schon irgendwie hin.“

Falls es nicht klappt, müssten die Senioren nach Ablauf des vorübergehend geschlossenen Nutzungsvertrages zum 31. Dezember dieses Jahres das Haus verlassen. Doch die Rentner bleiben eisern: „Wir haben die Liegen und Matratzen noch nicht nach Hause gebracht“, sagt die 60-jährige Eveline Lämmer, die im Vorstand des Fördervereins sitzt. Notfalls wollen sie die Besetzung fortsetzen.

Für ihr großes Sommerfest am kommenden Wochenende erhoffen sich die Senioren viel Unterstützung aus der Öffentlichkeit. Freizeit-Malerin Ilse Schröder freut sich, dass auch ihre Enkeltöchter dabei sein werden. „Ich hätte gar nicht gedacht, dass die sich für uns alte Leute interessieren. Da bin ich platt.“

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