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Mitglieder der Gärtner-Initiative Arnswalder Platz in Berlin-Prenzlauer Berg.

© Thilo Rückeis

Stille Helden der Stadt: Ist doch Ehrensache!

Wer ehrenamtliches Engagement nicht unterstützt, lässt die Demokratie verdorren. Ein Kommentar zum Start unseres Newsletters Ehrensache.

Ein Kommentar von Gerd Nowakowski

Am Mittwoch startet unser neuer Newsletter Ehrensache. Darin werden wir die vielfältigen Aktivitäten von ehrenamtlichen Engagierten würdigen, den Aktiven eine kraftvolle Stimme für ihr Anliegen sein und auch die Kommunikation untereinander verbessern. Abonnieren können Sie ihn unter: ehrensache.tagesspiegel.de.

Sie drängen nicht ins öffentliche Licht, sie pöbeln nicht gegen Fremde und die Politik, sie machen einfach Deutschland besser. Die ehrenamtlich Engagierten sind die unsichtbaren HeldInnen, ohne die das sichtbare Deutschland viel ärmer wäre. Das beweisen sie an jedem Tag an unzähligen Stellen.

Millionen Menschen kümmern sich um kranke und bedürftige Menschen, managen Sportvereine, engagieren sich in Problemkiezen oder der Freiwilligen Feuerwehr und integrieren Geflüchtete. Sie fragen nicht, was der Staat für sie tun kann, sie krempeln einfach die Ärmel auf und legen los.

In der Krise der etablierten Parteien und einer schwindenden Glaubwürdigkeit von Politik wird ihr Einsatz immer wichtiger. Ehrenamtliche sind der Kitt unserer demokratischen Gesellschaft, sie halten ganz aktiv zusammen als Verteidiger eines partizipativen Zusammenlebens und immunisieren ein Deutschland in der Legitimationskrise gegen den Populismus. Denn nur wer ein positives Bild von unserer Demokratie hat, findet es auch lohnenswert, sich für sie einzusetzen.

Das bedeutet nicht, dass die Engagierten keine Kritik haben an der Arbeit staatlicher Institutionen oder politisch Verantwortlicher – bei maroden Parks, fehlenden Pflegekräften oder mangelnder Förderung benachteiligter Kinder. Aber aus ihrer Kritik wächst keine Entfremdung von der Gemeinschaft, sondern bürgerschaftlicher Einsatz. Sie warten nicht, bis die schwerfällige Bürokratie reagiert, sie nehmen die kritisierten Mängel als Selbstermächtigung zum Handeln.

Nur mit der Hilfe von Initiativen konnte etwa in der Flüchtlingskrise 2015 das desaströse Versagen der Berliner Verwaltung bei der humanen Versorgung ankommender Menschen aufgefangen werden. Engagierte sind Seismografen des Mangels und neuer Probleme. Sie leisten jene Arbeit an der Gesellschaft, die ohne sie nicht erledigt wird. Ein Drahtseilakt, denn die Gefahr, ausgenutzt zu werden, ist immer gegeben.

Ehrenamtliche dürfen nicht die billigen Dauer-Dienstleister sein

Klar ist deshalb: Wenn deutlich wird, dass sich neue soziale Probleme und gesellschaftliche Herausforderungen entwickelt haben, muss die Politik die Mittel und das Personal für professionelle Arbeit bereitstellen. Ehrenamtliche dürfen nicht die billigen Dauer-Dienstleister für eine versagende Bürokratie sein.

Es ist eine ermutigende Entwicklung, dass sich nach aktuellen Studien jüngere Menschen und junge Familien mit Kindern überdurchschnittlich häufig engagieren. Ihre Generation will nicht in als unattraktiv empfundenen Parteien mitarbeiten, sondern etwa mit selbst gegründeten Kitas oder Ökologie-Initiativen dort mittun, wo sie ihre Umwelt zum Guten verbessern können. Sie engagieren sich für die Zukunft ihrer Kinder, der Gesellschaft und der Welt.

Allfällige Sonntagsreden, die ihren Einsatz loben, werden ihrer Bedeutung nicht gerecht. Wer diese Millionen Menschen entmutigt, weil die Anerkennung und konkrete Unterstützung ihrer Arbeit fehlt, der gefährdet das soziale Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Hilfe muss nicht teuer sein. Kostenlose BVG-Tickets gehören dazu oder Bonuspunkte für junge Menschen bei der Studienplatzvergabe und in der Mieten-Boomtown Berlin die Unterstützung bei geeigneten Räumen. Aber wer den Humus des Engagements austrocknen lässt, lässt auch die Demokratie verdorren.

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