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Die CDU in Berlin kämpft gegen Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge.

© Jan Woitas/dpa

Update

Stickoxid-Messwerte: CDU fordert, geplante Diesel-Fahrverbote auszusetzen

Kippen die Berliner Fahrverbote wegen neuer Messwerte aus München? Die Umweltverwaltung weist die CDU-Forderung zurück.

Arbeiten die Stickoxid-Messstationen an Berliner Hauptverkehrsstraßen zuverlässig? Stimmen die Werte, auf deren Grundlage Temporeduzierungen oder Dieselfahrverbote ausgesprochen werden? Die Berliner CDU und ihr verkehrspolitischer Sprecher Oliver Friederici äußerten daran zuletzt immer wieder Zweifel. Nachdem am Donnerstagmorgen Meldungen aus München die Runde gemacht hatten, denen zufolge Messungen der Stadt niedrigere Stickoxidwerte ergeben hatten als bisher vorliegende Berechnungen des Landes, witterte er Morgenluft.

Friederici forderte eine Aussetzung der Diesel-Fahrverbote auch in Berlin und erklärte: „Nach den Erfahrungen von München und den Zweifeln vieler Experten wie zum Beispiel der Technischen Universität Berlin erscheint es dringend geboten, die Messpunkte der Senatsumweltverwaltung zu überprüfen.“ Er forderte die zuständige Senatsverwaltung für Umwelt dazu auf, „nach dem Vorbild Münchens die Datenbasis durch zusätzliche Messpunkte“ zu erweitern und bis dahin die von Senatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) geplanten Fahrverbote auszusetzen. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ darüber berichtet, dass von der Stadt München aufgestellte Messstationen deutlich niedrigere Stickoxidwerte in der Luft ermittelt hatten als Modellrechnungen des zuständigen Landesamtes für Umwelt in Bayern. Friederici zog daraus den Schluss, die Messwerte des Umweltbundesamtes seien grundsätzlich „zweifelhaft“ und müssten mit „Vorsicht“ behandelt werden.

„Wir wissen ganz genau, was in der Stadt los ist“

Jan Thomsen, Sprecher der Berliner Umweltverwaltung, reagierte vergleichsweise gelassen. „Herr Friederici hat leider nicht verstanden, dass wir in Berlin längst schon eigene Messungen vornehmen und seit 2018 transparent veröffentlichen“, sagte Thomsen. Er schloss für Berlin aus, dass es zusätzliche Messstationen, wie 2017 in München errichtet, geben werde. Thomsen wies darauf hin, dass Berlin seit Jahren in Eigenregie Messstellen betreibe, wohingegen die Stickoxidwerte in der bayerischen Landeshauptstadt lange allein über Modellrechnungen erhoben worden seien. „Insofern ist Berlin bereits auf dem Stand, auf den sich die Stadt München jetzt offenbar erst gebracht hat“, erklärte Thomsen.

Tatsächlich wird der Stickoxi-Gehalt in der Luft an Berliner Hauptstraßen aktuell von 53 Messstellen untersucht. Darunter befinden sich laut Verkehrsverwaltung 16 Messcontainer mit automatischem Verfahren, die stundengenaue Werte liefern. Hinzu kommen ein Messbus an der Leipziger Straße sowie 36 sogenannten Passivsammlern, die zweiwöchentlich ausgewertet werden. „Wir wissen ganz genau, was in der Stadt los ist“, erklärte Thomsen mit Blick auf die CDU-Kritik.

„Vergleichmäßigung des Verkehrs“

Unterdessen nahm FDP-Verkehrspolitiker Henner Schmidt eine Mitteilung des Umweltbundesamtes zum Anlass, ein Ende von Tempo-30-Zonen aufgrund erhöhter Stickoxid-Werte in der Luft zu fordern. „Die neuen Daten zeigen, dass die Einführung von Tempo-30-Zonen oder auch Diesel-Fahrverbote kaum einen Beitrag zur Reduzierung von Stickoxiden leistet“, sagte Schmidt mit Blick auf am Donnerstag präsentierte Zahlen. Demzufolge wurde der Stickoxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel an sechs Stationen überschritten, am deutlichsten an der Neuköllner Silbersteinstraße mit 49 Mikrogramm. Dass auch die mit einem Tempolimit von 30 Stundenkilometern belegte Leipziger Straße in der Liste auftaucht, führte Schmidt zu dem Schluss: „Mit Verboten wird Rot-Rot-Grün nicht Herr der Lage werden.“ Er forderte eine bessere Verkehrslenkung, die Förderung von Nachrüstungen bei Bussen und Taxis sowie eine „Vergleichmäßigung des Verkehrs“.

Thomsen dagegen bezeichnete Maßnahmen zur Luftverbesserung, wie sie der künftige Luftreinhalteplan enthalten wird, als „unabdingbar“. Dazu zählten auch Fahrverbote auf acht Straßen, wie sie das Verwaltungsgericht im Oktober 2018 verfügt hat. „Ob und inwieweit weitere Fahrverbote auf weiteren Straßen nötig sein werden, wird derzeit geprüft“, sagte Thomsen und versicherte: „Das Ziel von Senatorin Regine Günther lautet dabei: so wenig Fahrverbote wie möglich – und nur so viel wie nötig.“

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