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In einigen Gegenden Brandenburgs wurde am Sonntag gewählt.

© Patrick Pleul/ZB

Stichwahlen bei Bürgermeistern und Landräten: Prognosen und Prozente

Spannung bei Stichwahlen in Brandenburg: Wie schneiden AfD-Politiker in der Endrunde ab?

Von Sandra Dassler

Die Kirschbäume sind schon verblüht, die Apfelbäume noch nicht ganz. Sie gehören in der öffentlichen Wahrnehmung inzwischen wieder zu Guben – spätestens seit ein etwas kauziger Zeitgenosse den hiesigen Tourismusverein mehrfach verklagt hat, weil er nicht zum Apfelkönig von Guben gewählt wurde. „Der hat uns in ganz Deutschland lächerlich gemacht“, sagt eine ältere Frau, die auf einer Bank an der Neiße sitzt – jenem Fluss, der die Stadt seit 1945 ins polnische Gubin und deutsche Guben trennt. Die Frau war auch gerade wählen - „aber wen erfahren Sie von mir nicht“, sagt sie sehr energisch: „Ich kenne meine Rechte.“

18 000 Einwohner hat Guben; als es noch den Beinamen „Wilhelm-Pieck-Stadt“ zu Ehren des hier geborenen, ersten und einzigen DDR-Präsidenten trug, waren es 33 000. Die Wahlberechtigten konnten sich an diesem Sonntag gleich zweimal für oder gegen einen Kandidaten der AfD entscheiden: bei der Wahl ihres neuen Landrats und Bürgermeisters. Bei letzterer ging Amtsinhaber Fred Mahro (CDU) als Favorit ins Rennen. Beim ersten Wahlgang vor zwei Wochen lag er mit 48,7 Prozent deutlich vor dem Herausforderer von der AfD, dem 38-jährigen Finanzberater Daniel Münschke (34,8 Prozent).

Mahro hatte das Amt in Guben vor sechs Jahren übernommen, als Stellvertreter von Klaus-Dieter Hübner, der wegen Korruption verurteilt und von den Gubenern trotzdem wiedergewählt wurde. Allerdings durfte er sein Amt nicht mehr ausüben, was viele Einwohner noch heute kritisieren. „Das mit der Korruption war einfach nur lächerlich“ , sagt auch die ältere Frau an der Neiße: „Hübner war ein guter Bürgermeister, der die Stadt vorangebracht hat. Es ist sehr traurig, dass er kurz vor Weihnachten gestorben ist.“

In der wenige Kilometer weiter südlich ebenfalls an der Neiße liegenden Stadt Forst war ein spannendes Kopf-an-Kopf- Rennen zwischen der Juristin und Leiterin des Direktionsstabes der Polizeidirektion Süd, Simone Taubenek, und dem 40-jährigen Gärtner Thomas Engwicht erwartet worden, dessen Vorfahren sich um den berühmten Forster Rosengarten verdient gemacht hatten. Beide Kandidaten sind parteilos, gelten als seriös und kompetent und setzten sich vor zwei Wochen knapp gegen die Vertreter der Linken und der CDU durch.

In der Stadt Drebkau hatten die Wähler am 22. April auf einen Wechsel gesetzt und den bisherigen Bürgermeister Dietmar Horke (parteilos) abgewählt. Als potenzielle Nachfolger traten am Sonntag der Rechtsanwalt Paul Köhne (CDU) und der Drebkauer Ortsvorsteher Torsten Richter (Linke) an.

Bei der Landratswahl mussten sich die Gubener, Drebkauer, Forster und alle anderen Wahlberechtigten im Spree- Neiße-Kreis zwischen dem amtierenden Landrat Harald Altekrüger von der CDU und Steffen Kubitzki von der AfD entscheiden. Kubitzki kam im ersten Wahlgang auf 28,9 und Altekrüger auf 40 Prozent. Sollte der Richtmeister Kubitzki die Wahl gewinnen, wäre es das erste Mal, dass die AfD in Brandenburg einen Landrat stellt – und „eine absolute Katastrophe“, wie Dieter Friese findet. Der Politiker, der als Urgestein der brandenburgischen SPD gilt und selbst 16 Jahre lang Landrat in Spree-Neiße war, sagte dem Tagesspiegel: „Einen Sieg der AfD könnte man nur als Desaster für den Landkreis, für Investoren, für die gesamte Wirtschaftspolitik sehen – und es wäre für mich ein Grund von meinem Amt zurückzutreten.“ Er ist Vizepräsident der Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen und setzt sich für deren Interessen bei der EU ein. „Mit einem Landrat Kubitzki an meiner Seite würde ich das nicht mehr machen“, sagt er: „Der ist, sagen wir es einmal diplomatisch, nicht gerade ein Befürworter des europäischen Gedankens.“

Wie viele andere Einwohner in Spree- Neiße rechnete Dieter Friese allerdings damit, dass sich die meisten Wähler gegen die AfD entscheiden, zumal sich Unternehmer und Mittelständler in den Tagen vor der Stichwahl sowohl für einen Landrat Altekrüger als auch für einen Bürgermeister Fred Mahro stark gemacht hatten.

Stichwahlen fanden in Brandenburg am Sonntag außerdem in den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Barnim und Uckermark statt. Die Ergebnisse waren bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht bekannt.

Der alten Dame an der Neiße ist der Ausgang der Wahlen eigentlich egal. „Für mich war nur wichtig, dass der verhinderte Apfelkönig nicht wieder antritt.“ Der hatte sich tatsächlich für die Wahl zum Bürgermeister beworben, war am Ende aber nicht für das Rennen zugelassen worden.

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