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Überschaubare Arbeit, guter Lohn. Früher war selbst die Steuererklärung machen besser.

© dpa

Steuererklärung: „Lasst mich Formulare ausfüllen!“

Berliner bekommen im Schnitt 1019 Euro vom Finanzamt zurück – dank Steuererklärung. Aber wehe, man muss sie elektronisch machen.

Wahrscheinlich bin ich etwas sonderlich. In meinem Kollegen- und Freundeskreis gehöre ich auf jeden Fall zu einer Minderheit: Ich gehe nicht zum Steuerberater oder zum Lohnsteuerhilfeverein, ich fülle meine Steuererklärung selbst aus. Und es macht mir sogar ein bisschen Spaß. Zumindest war das früher so.

Natürlich lockt das Geld. Die Senatsverwaltung für Finanzen hat ausgerechnet: Jeder Berliner, der eine Steuererklärung macht, bekommt im Schnitt 1019 Euro zurück. Das ist ein guter Lohn für ein paar Stunden Arbeit, finde ich. Und: Das Geld kommt meist schnell an. Berlins Finanzämter sind nämlich gut. In Sachen Kundenfreundlichkeit liegt das Finanzamt Schöneberg deutschlandweit auf Platz vier, sagt das Internetportal Steuertipps.de. In Sachen Schnelligkeit haben es die Kollegen aus Tempelhof nach Berechnungen von Lohnsteuer-kompakt.de auf Platz zehn geschafft. Wenigstens in einem Bereich kann Berlin mit dem Rest der Republik mithalten – bei der Steuer.

Doch dieses Jahr hat sich meine Beziehung zum Steuerwesen abgekühlt. Denn das, was ich gern gemacht habe, darf ich jetzt nicht mehr tun: Formulare ausfüllen, ergänzende Erklärungen und Berechnungen auf Papier notieren, alles fein zusammenheften und abschicken. Ein Leben in Zahlen, ordentlich aufgelistet und addiert, sauber aufgeschrieben – und erledigt.

Nach vier Stunden stürzt das System ab

Das ist mir jetzt verboten. In diesem Jahr muss ich meine Steuer elektronisch machen. Das liegt an Tantiemen, die Journalisten für den Nachdruck ihrer Artikel bekommen. Die Honorare gelten steuerlich als Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit und ich somit als Unternehmerin. Obwohl ich eigentlich nichts unternommen habe. Der Sachbearbeiter im Finanzamt hat mir das im jüngsten Steuerbescheid unmissverständlich klar gemacht: nächstes Mal bitte mit Elster, der elektronischen Steuererklärung.

Das kostet Zeit. Man muss sich registrieren und dann auf einen Code per Internet und Post warten. Bis alles da ist, kann man nichts machen. Es sei denn, man kauft ein Steuerprogramm und füllt das schon mal aus.

Ich habe mir das von der Stiftung Warentest mit gut bewertete „Tax2019“ heruntergeladen. Nach 30-minütigem Coaching durch die Hotline konnte ich es schließlich öffnen, vier Stunden lang habe ich meine Daten eingegeben, dann stürzte das Programm ab. Alles war weg. Auf Papier wäre das nicht passiert.

In Reinickendorf braucht das Finanzamt übrigens im Schnitt 57 Tage für die Bearbeitung der Steuererklärung. Ich frage mich: Trotz der Digitalisierung oder wegen der Digitalisierung?

In Schweden macht man die Steuererklärung per Sms

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe nichts gegen Digitalisierung – wenn sie funktioniert. In Schweden etwa ist die Steuererklärung so leicht, dass man sie per SMS machen kann. Von mir aus könnten wir das auch in Deutschland so handhaben. Aber so lange das nicht der Fall ist, sollte man uns Steuerzahlern doch selbst überlassen, wie wir Rechenschaft ablegen. Hauptsache, wir tun es und sind ehrlich dabei. Im Supermarkt kann ich ja auch wählen, ob ich bar, mit Karte oder per Handy zahlen will.

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