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Weihnachtskundgebung am Siemens-Dynamowerk am Nonnendammallee in Berlin.

© DAVIDS

Stellenabbau bei Siemens: Görlitzer Bischof appelliert an Siemens-Vorstand

In seiner Weihnachtsansprache forderte der katholische Geistliche die "Eindämmung rein kapitalistischen Denkens". Bundesweit sind 3500 Arbeitsplätze in Gefahr.

Der katholische Bischof von Görlitz, Wolfgang Ipolt, hat am ersten Weihnachtstag an die ungewisse Zukunft des Siemens-Standortes in Görlitz erinnert. Christen sollten „mit nachdrücklichen Worten all das ablehnen, was der Würde des Menschen widerspricht oder ihr Abbruch tut“, sagte der Bischof in der Kathedrale Sankt Jakobus. Das gelte etwa, „wenn es um die Fragen des Lebensschutzes von der Zeugung an bis zum natürlichen Tod geht, und auch, wenn es um die Fragen menschenwürdiger Arbeit und einer Eindämmung rein kapitalistischen Denkens geht“.

Ipolt bezog sich ausdrücklich auf die Pläne des Münchner Konzerns, das Turbinenwerk in Görlitz zu schließen. Bereits Ende November hatte er sich in einem „Offenen Brief“ an die Unternehmensführung gewandt. „Ich habe den Brief an den Vorstand der Siemens AG vor einigen Wochen nicht geschrieben, weil ich ein Wirtschaftsfachmann bin und die Verantwortlichen belehren wollte, sondern weil es hier um Menschen geht und deren Familien, die eine Stimme brauchen, und weil es um das geht, was Menschen Würde verleiht.“

Kaeser will Entscheidung überprüfen

Am Donnerstag hatten rund 800 Menschen vor dem Siemenswerk mit einem Weihnachtsliedersingen gegen dessen Schließung und gegen Stellenkürzungen bei Bombardier protestiert. Aufgerufen dazu hatten die Kirchen in Sachsen. Beim Waggonbauer Bombardier sind laut Medienberichten bis zu 1.200 Stellen bedroht; das Turbinenwerk sollte nach Vorstellungen von Siemens möglichst bis Ende 2019 abgewickelt werden.

Siemens-Chef Jo Kaeser hatte nach einem Besuch in Görlitz in der vergangenen Woche laut MDR zugesagt, diese Entscheidung noch einmal zu prüfen. In einem anschließenden Gespräch mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) bekräftigte Kaeser laut Siemens diese Bereitschaft, alle Optionen noch einmal abzuwägen. Dazu wollen Konzern und Landesregierung weiter im Gespräch bleiben. - Görlitz liegt im Osten Sachsens, direkt an der Grenze zu Polen. Die Region ist vom wirtschaftlichen wie auch vom demografischen Wandel stark betroffen.

Auch in Berlin, Leipzig, Offenbach und Erfurt plant der Konzern Stellenstreichungen. Im November teilte Siemens, dass allein an der Spree 870 Arbeitsplätze wegfallen sollen, 300 im Gasturbinenwerk und 570 im Dynamowerk. Den Standort Berlin wolle man erhalten, jedoch auf die Planung, Engineering und der Vertrieb reduzieren. Insgesamt sollen bundesweit 3500 Stellen gestrichen werden.

Die Pläne des Unternehmensvorstands waren bei Betriebsräten und Gewerkschaften auf massive Kritik gestoßen.  SPD-Chef Martin Schulz bezeichnete den Stellenabbau auf einer Kundgebung in Berlin als „asozial“ und erntete damit viel Beifall von den Beschäftigten. „Dass durch Arbeitsplatzabbau die Effizienz des Unternehmens gesteigert wird, heißt übersetzt: Damit wir noch ein bisschen mehr Gewinn machen, schmeißen wir die Leute raus“, so Schulz.  (mit kna)

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