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Hubertus Knabe

© dpa/Maurizio Gambarini

Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen: Knabe soll Missstände in der Gedenkstätte befördert haben

Berlins Kultursenator Lederer und Staatsministerin Grütters weisen Kritik zurück: Die Entlassung des Chefs der Stasiopfer-Gedenkstätte sei "keine Strafaktion".

Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hat erstmals detailliert zu den Gründen für die Entlassung von Hubertus Knabe als Direktor der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen infolge von Sexismusvorwürfen Stellung genommen. In einem sechsseitigen Schreiben an den Stiftungsbeirat, das dem Tagesspiegel vorliegt, weist Lederer den Vorwurf zurück, es handle sich um eine „Strafaktion“ wegen Knabes angeblicher „politischer Unangepasstheit“.

Zugleich legt der Senator dar, dass Knabe nur unzureichend auf Vorwürfe gegen seinen Vize Helmuth Frauendorfer reagiert und dabei das Aufsichtsgremium und die Öffentlichkeit getäuscht habe. Frauendorfer hat aus Sicht des Stiftungsrats Mitarbeiterinnen sexuell belästigt. Mit dem Schreiben vom Freitag antwortete Lederer auf einen offenen Brief, verfasst von vier Vertreterinnen des 14-köpfigen Stiftungsbeirats, die eine Rücknahme der Knabe-Entlassung gefordert hatten. Auch Bundeskulturstaatsministerin Monika Grütters, die CDU-Landeschefin in Berlin ist, informierte Mitglieder der Unionsfraktion im Bundestag. Der Stiftungsrat habe einmütig den Eindruck gewonnen, dass Knabe über Jahre Missstände in der Gedenkstätte nicht nur geduldet, sondern durch seinen Führungsstil und sein Verhalten befördert habe.

Der Stiftungsrat hatte Knabe auf einer Sondersitzung das Vertrauen entzogen

Sowohl Lederer als auch Grütters weisen in ihren Schreiben jeden Verdacht einer politischen Intrige zurück. „Alle Mutmaßungen, hinter der Kündigung des Direktors stünden parteipolitische oder ideologische Erwägungen, entbehren jeder Grundlage“, erklärte Grütters. Entscheidend sei das verloren gegangene Vertrauen in Knabes Fähigkeiten als Führungskraft. Auch Kritik, Knabe sei nicht angehört und es sei damit gegen fundamentale Rechtsgrundsätze verstoßen worden, wiesen Grütters und Lederer als falsch zurück. Die Vorwürfe gegen Knabe seien „substantiiert und gravierend“.

Der Stiftungsrat hatte Knabe auf einer Sondersitzung das Vertrauen entzogen, den dringend nötigen Kulturwandel in der Gedenkstätte einzuleiten oder glaubhaft vertreten zu können. Daher sei Knabe „als Konsequenz für einen Neuanfang und aus Fürsorge für die Mitarbeiter“ gekündigt und Marianne Birthler als vorläufige Vertrauensperson eingesetzt worden. Grütters reagierte auch auf Kritik des sächsischen Bundestagsabgeordneten Arnold Vaatz. Dieser hatte Zweifel an den Entlassungsgründen geäußert: Es drohe ein irreparabler Rückschlag für die Aufarbeitung der DDR-Geschichte, sollten keine „triftigeren Gründe“ als die bis dahin öffentlich bekannten vorliegen. Knabe habe in seiner 17-jährigen Amtszeit eine Gedenkstätte von nationalem Rang etabliert, deshalb hätten die „Anwälte der untergegangenen DDR“, zu denen Lederer zu zählen sei, in Knabe „einen ihrer schmerzhaftesten Widersacher gesehen“.

Lederer tritt der Sorge entgegen, die Gedenkstättenarbeit werde umgekrempelt. Es sei ihm bewusst, dass es SED-Opfern als Zumutung erscheinen müsse, dass ein Linke-Politiker Chef des Stiftungsrates sei. Lederer bekannte sich dazu, „die historische Hypothek meiner Partei verantwortungsvoll zu tragen“.

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