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Hubertus Knabe.

© imago/IPON

Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen: Bürgerrechtler werfen Knabe-Unterstützern Rechtspopulismus vor

40 namhafte DDR-Bürgerrechtler und Historiker melden sich zu Wort: Sie setzen auf eine Stasiopfer-Gedenkstätte in Hohenschönhausen ohne Hubertus Knabe.

40 bekannte DDR-Bürgerrechter und namhafte Historiker haben sich in einer gemeinsamen Erklärung besorgt über die jüngsten Entwicklungen in der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen rund um die Entlassung des bisherigen Direktors Hubertus Knabe geäußert. Sie sehen „mit Sorge, dass das Anliegen der Aufarbeitung hinter der Debatte um eine Person verschwindet - zur Freude all jener, die die Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur als störend empfinden“, heißt es in der Erklärung. „Die gesamte Aufarbeitung wird durch den Streit um die Entlassung des Direktors in Hohenschönhausen beeinträchtigt.“

Zu den 40 Erstunterzeichner gehören bekannte Bürgerrechtler wie Wolf Biermann, Rainer Eppelmann, Ulrike Poppe, Gerd Poppe, Markus Meckel, Wolfgang Templin und Arno Polzin. Auch mehrere Vertreter anderer Institutionen zur DDR-Aufarbeitung tragen die Erklärung mit, darunter Anna Kaminsky, Geschäftsführerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der DDR-Diktatur, Axel Klausmeier, Direktor der Stiftung Berliner Mauer, die Brandenburger Aufarbeitungsbeauftragte Maria Nooke. Auch Mitarbeiter und Zeitzeugen der Gedenkstätte Hohenschönhausen sind darunter, aber auch der mehrere Historiker wie Wolfgang Eichwede und der Theologe Richard Schröder.

Zwar unterstützen die Unterzeichner nicht ausdrücklich, dass Knabe vom Stiftungsrat Ende September wegen seines Umgangs mit Sexismusvorwürfen entlassen und vor eineinhalb Wochen abberufen wurde. Dennoch beziehen sie deutlich Stellung zu Äußerungen von Knabe-Unterstützern wie dem sächsischen Bundestagsabgeordneten und Vizechef der Unionsfraktion Arnold Vaatz. Der hatte Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) vorgeworfen, mit "krimineller Energie" gegen Knabe vorgegangen zu sein und Gerichte unter Druck gesetzt zu haben. Andere CDU-Politiker teilten Vaatz' Erklärung dazu.

„Es hat sich eine Schlammschlacht entwickelt“

Der Streit um Knabe habe sich „in Teilen zu einer Schlammschlacht entwickelt“, befinden die Bürgerrechtler nun in ihrer Erklärung. „Uns geht es hier um die Zukunft einer Gedenkstätte, die nicht durch politische Instrumentalisierung von in ihren Wagenburgen verharrenden Akteuren geprägt werden darf“, erklären die Bürgerrechtler und Historiker. „Wer die Gerichte umstandslos als politisch beeinflussbar und Teil einer linken Verschwörung des Stiftungsrats darstellt, bedient sich schlicht rechtspopulistischer Argumentationsfiguren. Es stellt die Realität des Rechtsstaats in Frage.“ Wer schließlich den Entscheidungsprozess des Stiftungsrats als „puren Stalinismus“ bezeichnet, wie es ein Kommentator der „Welt“ getan hat, „verharmlost die totalitäre Diktatur“.

Zugleich sprechen sich die Erstunterzeichner dafür aus, „dass die Amtszeit des zukünftigen Leiters der Gedenkstätte zeitlich befristet ist“. Die Mitarbeiter müssten in die inhaltliche Arbeit einbezogen werden sei, auch sei ein hoher wissenschaftlicher Standard in der Forschung und bei Bildungsangeboten etwa für Besuchergruppen nötig. Grundsätzlich mahnen die Unterzeichner zur Zurückhaltung: „Die Aufarbeitung hat viele Facetten, die Gedenkstätte Hohenschönhausen ist nur eine davon.“ Hintergrund dieser Äußerung ist, dass Knabe sich stets als bekanntester Anwalt der SED-Opfer präsentiert und die Gedenkstätte darauf ausgerichtet hatte. 

Schließlich heißt es in der Erklärung: Aktuell würden wieder mehr Menschen die „autoritäre und obrigkeitsstaatliche Führung eines Gemeinwesens“ begrüßen. „Jetzt sollte jeder Ort wichtig sein, der daran erinnert, wohin es führen kann, wenn man leichtfertig Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie zur Disposition stellt.“

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