zum Hauptinhalt
Menschen waten am 29. Juni 2017 durch Berliner Straßen.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Starkregen im Juni 2017: Als Berlin unter Wasser stand

Vor genau einem Jahr fielen 200 Liter Regen pro Quadratmeter auf die Hauptstadt. Daraus werden Lehren gezogen.

Während der Wind in diesen Tagen schon trockenes Laub durch die Straßen bläst, erlebte Berlin vor genau einem Jahr etwas, das statistisch nicht einmal pro Menschenleben vorkommt: Einen großflächigen Regen, der morgens begann und schon am Nachmittag jenes 29. Juni ganze Straßen unter Wasser gesetzt hatte. Bis zur Nacht waren an manchen Stellen vor allem in den nördlichen Stadtteilen 200 Liter auf jeden Quadratmeter geprasselt – 20 große Wassereimer.

Zu viel für Kanalisation und Böden. In den Wochen danach folgten noch mehrere dieser monsunartigen Güsse, die einerseits das über mehr als drei Jahre gewachsene Regendefizit linderten, aber anderseits die teils problematisch hohen Grundwasserspiegel wieder steigen ließen.

Überflutungskataster ist in Arbeit

In manchen ungünstig gelegenen Gegenden wie dem mit Kleingärten bestückten Erpetal in Friedrichshagen und Leegebruch nördlich der Stadtgrenze stand das Wasser wochenlang. Grund genug, Konsequenzen zu ziehen?

Ja, sagt Stephan Natz, Sprecher der Berliner Wasserbetriebe (BWB). Gemeinsam mit Feuerwehr und anderen Landesbehörden arbeite man einer Art Überflutungskataster. Dass soll zum einen helfen, Stellen zu lokalisieren, an denen Sachwerte und womöglich Menschen in Gefahr geraten könnten. Zum anderen solle eine Art Management entwickelt werden, um beispielsweise Sport- oder Grünflächen gezielt als Polder einzusetzen. Aber noch sei nichts spruchreif.

Einen Grund, ihre Infrastruktur anzupassen, sehen die Wasserbetriebe nicht: Das System sei darauf ausgelegt, statistisch ein- bis dreijährlich wiederkehrende Regengüsse problemlos zu bewältigen, teilweise schaffe das Kanalnetz auch mehr. Nur eben keinen Jahrhundertregen, für dessen sofortige Ableitung gewaltige Investitionen nötig wären.

Es folgt Trockenheit

Nach dem ungewöhnlich nassen Jahr 2017 setzt sich nun wieder der Trend der drei Jahre davor fort: Es regnet viel weniger als im langjährigen Mittel. Von den einst üblichen 300 Litern pro Quadratmeter sind im ersten Halbjahr je nach Kiez nur 150 bis 200 gefallen, was in Kombination mit monatelanger unnormaler Wärme der Natur zusetzt – und die Grundwasserspiegel wieder sinken lässt.

Davon profitieren vor allem jene Hausbesitzer, die vor Jahrzehnten beispielsweise in Rudow oder in Heiligensee und anderswo im Urstromtal gebaut haben und nach der Wende mit nassen Kellern zu kämpfen hatten, weil der plötzlich stark gesunkene Wasserbedarf der Stadt das Grundwasser wieder auf jenes Niveau steigen ließ, auf dem es sich zuletzt vor Beginn der Industrialisierung befand.

Durch Grundwassermanagement ließe sich dieser natürliche Lauf des Wassers mit großem technischen Aufwand bekämpfen, also aus dem Boden zurück in die Gewässer pumpen, was beispielsweise in Johannisthal am Teltowkanal jahrelang unter dem Etikett der Altlastensanierung gemacht wurde.

Berliner Gewässer und die zugehörige Infrastruktur. So ist das System der Wasserbetriebe in der Hauptstadt aufgebaut.
Berliner Gewässer und die zugehörige Infrastruktur. So ist das System der Wasserbetriebe in der Hauptstadt aufgebaut.

© Tagesspiegel/Pieper-Meyer

Laut Beschlusslage der rot-rot-grünen Koalition sollen solche Eingriffe aber nicht über die von allen Berlinern zu zahlenden Wassertarife passieren, sondern müssen lokal organisiert werden. Einigen Berlinern dürfte es also sehr recht sein, dass dieses Jahr bisher genauso ungewöhnlich trocken ist wie die vergangenen.

Zur Startseite