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Marzahns Gärten der Welt sind eine Reise durch Fauna und Flora fremder Länder. Unsere Radtour führt genau hier vorbei - Grund genug sich zwei Stunden Zeit für einen Abstecher zu nehmen.

© dpa

Stadtsafari - Sommerliche Entdeckertouren in Berlin (1): Mit dem Rad durchs Berliner Wuhletal

Ob Weitblick von den Ahrensfelder Bergen oder Nahaufnahme in den Gärten der Welt: Diese Radpartie durchs Wuhletal ist ideal für Familien. Denn in Berlins nordöstlicher Ecke ist viel zu entdecken.

Dieser See fehlt auf der Landkarte. Da kann das Papier noch so lange abgesucht und in verschiedene Himmelsrichtungen gedreht werden. Dieses Gewässer, auf dem sich sogar Boote und kleine Inseln befinden, ist nicht zu finden. Erst nach dem Aufsetzen der Fernbrille löst sich das vermeintliche Rätsel: es handelt sich um eine perfekte optische Täuschung! Denn der vermeintliche See entpuppt sich als eine blau in der Sonne glänzende Anlage voller Sonnenkollektoren, und die angeblichen Boote sind in Wahrheit weiße Elektroanschlüsse. So kann man sich also irren. Doch wie ein Plausch mit anderen Ausflüglern auf dieser Anhöhe zeigt, geht es vielen Besuchern in dieser Umgebung ähnlich.

Ein See? Nein: Photovoltaik!

Der größere der beiden Ahrensfelder Berge, der mit knapp 115 Meter Höhe im Berliner Gipfelbuch den dritten Platz hinter dem Teufelsberg und dem Großen Müggelberg belegt, erlaubt einen zauberhaften Rundblick sowohl auf die Berliner Silhouette als auch ins flache Brandenburger Land. Genau dort liegt in der Nähe von Werneuchen jene große Photovoltaikanlage, die aus der Ferne für einen See gehalten wurde. Schon aus diesem Grund sollte ein Aufstieg auf den großen Ahrensfelder Wipfel am nordöstlichen Berliner Stadtrand nicht versäumt werden. Er liegt direkt an dem heute von uns für eine Familienradtour empfohlenen Wuhlewanderweg. Dieser beginnt unweit des S-Bahnhofes Ahrensfelde und führt bis zum 30 Kilometer entfernten S-Bahnhof Köpenick. Wir haben uns für eine kürzere Variante entschieden, die schon nach 10 Kilometern am S-Bahnhof Wuhletal bzw. nach 13 Kilometern am S-Bahnhof Biesdorf endet. Unterwegs gibt es schließlich so viele sehenswerte Orte, dass auch die kurze Distanz einen ganzen Tag füllen kann.

Hoch auf dem Turm

Die „Eroberung“ des höchsten Ahrensfelder Berges kann von verschiedenen Seiten beginnen. Am schönsten ist der ausgeschilderte Aufstieg nach der ersten Brücke über einen Zufluss der Wuhle. Da liegen mit dem aus 550 Betonplatten einstiger Hochhausbalkone zusammengesetzten Kletterturm und den Weideflächen für Wildrinder schon zwei Attraktionen hinter den Freizeitradlern. Diese können ihre Räder entweder am Geländer am Fuße anschließen oder es mit nach oben nehmen. „Vorsicht Zecken“, meint ein Jogger, der unentwegt zwischen oben und unten hin- und herläuft. Der Rat ist gut gemeint, obwohl wir beim gründlichen Absuchen der Haut keine Krankheitsüberträger entdeckt haben.

Unterwegs und erst recht auf der Aussichtsplattform ist kaum etwas von der Geschichte der Ahrensfelder Berge zu ahnen. Ungefähr die Hälfte der Erhöhung hinterließ tatsächlich die letzte Eiszeit, als sie viel Geröll und Steine an dieser Stelle zusammen geschoben hatte. Der Rest besteht aus Bauschutt, der hier beim Bau der Großsiedlungen in Marzahn und Hohenschönhausen angefallen war. In der bewegten Wendezeit hatten plötzlich die russischen Truppen die Anhöhe entdeckt und allerlei gefährliche Stoffe aus ihren aufgegeben Kasernen und Truppenübungsplätzen hier mehr oder weniger illegal abgeladen. Das führte Mitte der 1990er Jahre zur Sperrung der Berge und zur aufwendigen Sanierung. Seit dieser Zeit ist der Ort zu jeder Tages- und Jahreszeit ein lohnendes Ziel.

Der Geheimtipp

Ein junges Pärchen hat es sich auf einer Decke am Rande des Gipfels bequem gemacht. Die beiden Hellersdorfer um die 20 kennen die Ahrensfelder Berge schon eine Weile. „Es ist zu allen Jahreszeiten schön hier, wenn auch nicht mehr ganz einsam“, erzählt die junge Dame. „Wir selbst haben einen Fehler gemacht und viele Fotos bei Facebook eingestellt. Seitdem kommen Freunde selbst aus anderen Bezirken her.“ Sie deutet mit dem Kopf auf eine Stelle mit Resten eines Lagerfeuers. „Gegrillt haben wir hier oben auch schon. Der Sonnenuntergang ist hier fantastisch.“

Frisch saniert. Die Kirche des Wilhelm-Giesinger-Krankenhauses rechts der Wuhle ist seit 2011 restauriert, die meisten der übrigen historischen Klinikgebäude auf dem Gelände werden für einen neue Nutzung umgebaut
Frisch saniert. Die Kirche des Wilhelm-Giesinger-Krankenhauses rechts der Wuhle ist seit 2011 restauriert, die meisten der übrigen historischen Klinikgebäude auf dem Gelände werden für einen neue Nutzung umgebaut

© Claus-Dieter Steyer

Ein durch seine Kleidung und sein teures Rad unschwer als Mountainbiker zu erkennender Mann gesellt sich zur Runde. Er muss vor dem ersten vollständigen Satz aber erst einmal kräftig durchatmen. Der Anstieg ziehe sich doch etwas hin. „Aber das ist eine wunderbare Trainingsstrecke“, sagt der sportlich wirkende Mittfünfziger. „So etwas muss man in Berlin lange suchen.“ Selbst Hardcore-Radler könnten sich abseits der Hauptwege auspowern. „Das ist ein echter Geheimtipp“, meint er lächelnd. „Wenn es jetzt noch einen Gipfelkiosk gäbe, wäre der Berg perfekt.“ Die jungen Leute schütteln den Kopf. „Dann wäre es um die Ruhe doch geschehen“, entgegnet die Frau. Recht hat sie.

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