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''Stonewall 69'': Mit Stolz und Herzblut

Schwule Rebellen und alternde Drag Queens: Das Musical "Stonewall 69“ erzählt, was hinter dem Christopher Street Day steckt.

Von den Jungschwulen wisse doch kaum noch einer, warum jedes Jahr Christopher Street Day gefeiert wird, sagt Rino Galiano: „Das ist doch eine Faschingsparty geworden!“ 30 Jahre alt ist der Schauspieler, Sänger und Schwulenaktivist aus Mannheim. Er hat die eingängigen Songs für „Stonewall 69“ komponiert und getextet und spielt den diabolischen Conférencier.

Zusammen mit Produzent Christian Lömmersdorf und Regisseur Marcus Beisel will Galiano mit dem ersten Musical über den Beginn der Homosexuellenbewegung zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: unterhalten und aufklären. Die Geschichte sei so tragisch, erzählt Rino Galiano, der sie mit seinen Mitstreitern monatelang recherchiert hat, das sei ohne Tanz, Gesang und Liebesgeschichte gar nicht auszuhalten. Andererseits: „Leeren Spaßgesellschaftsmist sieht man überall, uns interessieren keine Lalala-Lieder, sondern Background und Inhalt.“ Der Untertitel „Don’t feel comfortable“ ist also durchaus ernst gemeint.

Und das ist der Hintergrund: Eine blutige Polizeirazzia in der Lesben-, Schwulen- und Transvestiten-Bar „Stonewall Inn“ in der New Yorker Christopher Street brachte im Juni 1969 das Fass zum überlaufen. Die geprügelten und verfemten Homos wehrten sich erst mit tagelangen Straßenschlachten und später mit Märschen gegen die Polizeiwillkür.

Erzählt wird die Geschichte anhand einiger Szene-Prototypen wie dem schwulen Rebell, dem angepassten Konformisten, einer alternden Drag Queen, einer zweifelnden Kampflesbe und einem fiesen Polizisten. „Es fließt Blut, es geht ans Leder, aber das Ende ist trotzdem schön“, tröstet Rino Galiano. Der schillernde Conférencier ist für die Zwiesprache mit dem Publikum und die Parallelen zur Gegenwart zuständig. Dazu gehört auch, schwulenfeindliche Zeitungsschlagzeilen von heute zu zitieren. „Natürlich geht’s uns inzwischen viel besser“, meint der politisch bewegte Komponist, „aber Homosexuelle sind noch längst nicht überall so akzeptiert wie sie sein sollten.“

Im August vergangenen Jahres hatte die Off-Produktion beim Mannheimer Christopher Street Day Premiere und hatte – auch bei Heteros – so viel Erfolg, dass jetzt die Deutschlandtournee ansteht. Nach dem Berliner Auftritt am Mittwoch im Postbahnhof in Friedrichshain folgen Gastspiele in Hamburg, Stuttgart, Köln und Frankfurt. Und das, obwohl „Stonewall 69“ keine Hochglanzproduktion ist. Maximal 10 bis 15 Sänger und Tänzer stürmen die Drehbühne, die Chansons, Jazz- und Popnummern werden live gesungen, aber Geld für eine Live-Band fehlt bislang. „Vor Berlin haben wir ein bisschen Angst“, lacht Rino Galiano, „da kommen Leute, die alle naselang Musicals sehen. Aber da müssen wir durch!“ Gunda Bartels

„Stonewall 69 – Don’t feel comfortable“ läuft am heutigen Mittwoch, um 20 Uhr, im Postbahnhof am Ostbahnhof, Straße der Pariser Kommune 8. Karten sind ab 25 Euro zu haben. Ab 22 Uhr gibt’s bei der After-Show-Party Retro-Pop mit DJ Doris Disse.

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