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Patente: Berliner sind erfinderisch

Auch Berliner tüfteln gerne. Manche schaffen es sogar, mit ihren Patenten Geld zu machen.

Auf dem Schreibtisch liegen eine kleine Drehmaschine, diverse Schrauben, Magnete, Schraubenzieher, Holz- und Metallspäne. Frank Schröder dreht, bohrt, fräst und schleift. In seinem „Maschinenpark im Kleinformat“, wie er das nennt. Er fertigt Tonarme für Plattenspieler – und zwar die Stradivaris unter den Tonarmen. Die berühmten Geigenbauer haben ihn sogar inspiriert: „Wie beim Instrumentenbau wirken sich die Materialien auf die Resonanz des Tonarms aus“, sagt der ausgebildete Grafikdesigner. Und wie die wertvollen Geigenbögen sind auch Schröders Tonarme aus südamerikanischem Schlangenholz. Wie genau er die dünnen Holzarme durchbohrt, damit ein Kabel hindurchpasst, soll das Geheimnis des Erfinders bleiben. Nur so viel: Für ein optimales Klangerlebnis hat Schröder ein sogenanntes Fadenlager entwickelt, das durch Magneten stabilisiert wird. Schröders handgefertigte Tonarme sind weltweit Kultobjekte unter Musikliebhabern mit großen Plattensammlungen. „Die Klangqualität ist besser als bei CDs und anderen digitalen Tonträgern“, sagt Schröder. Damit die einzigartige Konstruktion auch seine Erfindung bleibt, hat er sie patentieren lassen. Pro Jahr baut er rund 50 Stück, eins kostet bis zu 6000 Euro. Schröder tüftelt weiter. Drei andere patentfähige Ideen hat er schon.

Neue Ideen gibt es in Berlin ständig – viele sind kurios, manche geradezu revolutionär. Im vergangenen Jahr wurden in Berlin 943 Patente angemeldet. Die Schwierigkeit für die Erfinder ist, Partner und Unternehmen ausfindig zu machen, die neue Ideen vermarkten und produzieren. „Oft sind die Patente gut, werden aber nicht ernst genommen, weil die Mittel zur Umsetzung fehlen“, sagt der Berliner Patentanwalt Sebastian Tegethoff.

Um sich über Möglichkeiten und Schwierigkeiten auszutauschen, treffen sich monatlich bis zu 30 Berliner Erfinder, von der Hausfrau bis zum Wissenschaftler, beim Stammtisch in Wilmersdorf. Der Maschinenbauingenieur Peter Stepina rief ihn von 20 Jahren ins Leben, weil er Gleichgesinnte suchte. Das Konzept hat sich bewährt, inzwischen gibt es auch in anderen deutschen Städten solche Stammtische. „Von 100 Patenten werden drei bis fünf ein Geschäft“, sagt Stepina. Er vergleicht Erfinder mit Künstlern: Beide seien kreative Menschen und häufig mittellos.

An Ideen für neue Erfindungen mangelt es auch Heinz Kilian nicht. Er will Küsten vor Hochwasser schützen und hat dafür einen „Mauerhut“ erfunden. In gefährdeten Regionen müsse dafür eine Mauer etwa so hoch wie ein Stuhl in den Boden eingelassen werden. Bei Hochwasser könne der „Mauerhut“ wie auf eine Schiene aufgesetzt werden. Einzelne Betonteile würden dabei ineinandergeschoben. Um auf unterschiedliche Stärken eines Hochwassers reagieren zu können, hat Kilian zwei Varianten bis zu eineinhalb Metern entwickelt. „Das ist eine sichere Alternative zum Damm“, sagt der 73-Jährige. Sandsäcke und Einsatzkräfte würden überflüssig werden.

Um seine Idee zu schützen, leitete der frühere Fliesenleger im vergangenen Jahr mithilfe eines Anwalts ein Anmeldeverfahren beim Patentamt ein. Nur die Kosten machen ihm dabei zu schaffen. Der Anmeldeantrag kostet 60 Euro, der Prüfungsantrag 350 Euro und die Anwaltskosten für ein Patent in Deutschland bis zu 3500 Euro, bei einem europäischen Patent bis zu 40 000 Euro. Ist die Idee wirklich neu und das Patent nach rund drei Jahren erteilt, werden bald steigende Gebühren fällig: vom dritten bis zum zwanzigsten Jahr von 70 bis 1940 Euro.

Karin Büttner-Janz, die Leiterin der Orthopädie im Vivantes Klinikum in Friedrichshain, ist ebenfalls zuversichtlich. Sie hat eine neue Prothese für abgenutzte Bandscheiben entwickelt, die natürliche Bewegungen ermöglicht und die benachbarten Gelenke schont. Seit zwei Jahren läuft ihr Patentverfahren in den großen Industrienationen Amerikas, Asiens sowie in Europa und Australien. Mit geglückten Erfindungen kennt sich Büttner-Janz aus: Bereits 1982 hatte sie gemeinsam mit einem anderen Orthopäden eine Prothese entwickelt. Die wurde inzwischen weltweit bei mehreren Tausend Patienten erfolgreich eingesetzt.

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