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Kreuzberg: Junge Fotografen stellen im Willy-Brandt-Haus aus

20 junge Fotografen aus Indien, Polen und Deutschland stellen ihre Bilder aus Bombay, Warschau und Berlin aus. Es geht um die Hoffnungen, die Menschen in die Metropolen treiben.

Die Stadt ist eine Lügnerin. Ihre gebrochenen Versprechen spiegeln sich auch im Gesicht des Bauarbeiters Mirek, der seit 15 Jahren jede Woche aus einem kleinen Dorf 200 Kilometer nach Warschau pendelt. Weil er hier genug Geld verdient, um seine große Familie zu ernähren. Das Glück liegt für ihn aber weiterhin auf dem Dorf. „Ein einziges Wochenende musste Mirek in diesen Jahren in Warschau bleiben“, sagt der junge Fotograf Damian Lemanski, der den Pendler fotografiert hat, seinen leeren, müden und freudlosen Blick. Dieses Wochenende sei für Mirek die schrecklichste Zeit seines Lebens gewesen.

Damian Lemanski ist einer von 20 jungen Fotografen aus Indien, Polen und Deutschland, deren Bilder bis zum 9. Mai im Willy-Brandt- Haus in Kreuzberg zu sehen sind. Die Ausstellung, die von der Berliner Ostkreuz-Schule für Fotografie verantwortet wird, steht unter dem Motto „Glückssucher“. Sie erzählt Geschichten aus Bombay, Warschau und Berlin. Und sie ist eines von Dutzenden Unterprojekten, die das Polnische Institut Berlin und die Goethe-Institute in Warschau und Bombay ins Leben gerufen haben: Sie alle werden unter dem Titel „Promised City“ zusammengefasst. In den Kunstausstellungen, Film- oder Textprojekten geht es immer wieder um die Frage, welche Hoffnungen die Menschen in die Metropolen treiben.

Mit einem Meer aus Armen, Beinen und Köpfen hat sich die Fotografiestudentin Danny Klein für die „Glückssucher“ beschäftigt: Menschen, die täglich zwischen den rund 100 Bahnstationen Bombays hin- und herfahren. Und im Gewühl aus Mitreisenden eine Möglichkeit finden müssen, sich festzuhalten, damit sie nicht aus dem Fenster fallen. „Das passiert etwa fünf Personen am Tag“, sagt die Fotografin, die Beine zeigt, die schon aus dem Fenster baumeln, und Passagiere mit schmerzverzerrten Gesichtern.

Alexander Labrenz hat in Berlin einen Künstler fotografiert: den „gelben Theodor“, der vor 25 Jahren aus den USA hierher kam. Die Farbe Gelb steht für Theodor im Zentrum seines Lebens, und sie prägt auch seine Kleiderauswahl. Alles, was er trägt, hat die Farbe von Dotter oder Bananen. Theodor lebt, wo er Kunst schafft, und umgekehrt. Deshalb stellt er das Bild, an dem er vor der Linse von Alexander Labrenz arbeitet, auch nicht in einem angemieteten Atelier fertig, sondern in seiner Wohnung, unter einem riesigen Bücherregal. Und bei aller Konzentration sieht man Theodor an: zumindest bei ihm hat die Stadt ihr Versprechen gehalten. Rita Nikolow

Die Ausstellung ist noch bis zum 9. Mai dienstags bis sonntags von 12 bis 18 Uhr zu sehen im Willy-Brandt-Haus, Stresemannstraße 28, Kreuzberg. Der Eintritt ist frei, ein Ausweis erforderlich.

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