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Konzert: Depeche Mode: Fans im Glück

Die ersten kamen gegen halb sieben: Für Depeche Mode sind sie aus ganz Europa angereist.

Flutlicht. Beats. Und überall Lidschatten. Es ist Mittwochabend, 20.50 Uhr, als Depeche Mode die Bühne betreten und 120 000 Hände in die Luft fliegen. Der erste Höhepunkt des Abends: Martin Gore singt „A question of lust“. Tausende singen mit, kennen jede Zeile, immer noch. Was für ein Abend!

Dabei hatte für viele Fans der Tag schon viel früher begonnen, kurz nach sechs Uhr – am Morgen, versteht sich. Da setzten sich die ersten schon vor das Olympiastadion, packten im Klappstuhl ihr Frühstück aus, um am Abend einen Platz ganz weit vorn zu kriegen. Da sahen sie die Jacke des Frontsängers Dave Gahan glitzern, und seine Dreitagebart-Stoppeln. Für das große Konzert waren die Fans aus dem ganzen Land angereist, und auch aus Polen. 200 sind es am Mittag. Freaks? Nein, Normalität, sagt Peter von Löbbecke, 66, der Manager der Arena. „Zu den Konzerten im Olympiastadion kommen Fans immer aus ganz Europa.“ Warum? „Zwischen Düsseldorf und Moskau“, sagt von Löbbecke, „gibt es kein vergleichbares Stadion“.

Musiker wie Depeche Mode bräuchten schließlich neueste Technik, gute Infrastruktur, die Fans hingegen wollen gute Sitzplätze mit einem Dach über dem Kopf und moderne Toiletten. „Und natürlich billige Übernachtungen und preiswerte Flüge: das alles kriegen sie in Berlin – und das überzeugt auch Stars, so ein großes Stadion zu buchen“, sagt von Löbbecke. Mietpreis: 500 000 Euro pro Gig. Die irische Rockband U2 kommt noch in diesem Sommer ins Olympiastadion. AC/DC und Bruce Springsteen wollten auch, aber da war die Arena schon ausgebucht. Pech. Nun also Depeche Mode.

Während die sich am Vormittag noch ausruhen – sie wohnen seit Dienstag im Hotel de Rome am Bebelplatz –, schwelgen die Fans in Erinnerung. Martin zum Beispiel ist seit acht Uhr vor der Stadionkasse, auch die Konzerte in Luxemburg und in Leipzig hat er besucht. Der Magdeburger ist lange Fan, er hat sie schon 1988 gesehen, auf dem einzigen Konzert der Band in der DDR. Damals war’s, bei einem FDJ-Geburtstagsfest in der Werner-Seelenbinder-Halle in Prenzlauer Berg. „Dafür habe ich damals die Schule geschwänzt“, erinnerte sich der 39-Jährige.

„Echt, auf dem Konzert warst du?“, fragt ihn eine junge Frau, die eine blaue Perücke trägt und damals noch gar nicht geboren war. Josi ist 20, Studentin, und ziemlich gut gelaunt: „Obwohl ich totale Nierenschmerzen habe“. Die sie weglächelt. Mit ihrer Freundin Carla ist sie auch schon auf dem Leipziger Konzert am Montag gewesen, und hofft, dass das Konzert in Berlin noch besser wird: „Das Publikum könnte ruhig mehr mitgehen .“ Als der aktuelle Hit „Wrong“ kommt, hält Josi und Carla nichts mehr.

Unter den Fans geht der Trend zum Fan-T-Shirt, zu schwarzer Kleidung und zum geschminkten Lid – gerade bei den Männern. Der 24-jährige Kai bessert gerade mit einem Kajalstift sein Make-up nach. Die Konzertkarten haben er und seine Freunde schon seit fast einem Jahr – 78 Euro hat der Eintritt gekostet. „Das ist unser Highlight 2009“, sagt Kai, für den die Band „Kult“ ist, auch wegen der Synthesizer. Aus Italien angereist sind die Studenten Vladimiro, Giulia, Chiara, Patricia und Angnese in Fan-T-Shirts. Sie finden die Band „unique“, einzigartig.

Der 32-jährige Jacek ist mit drei Freunden aus Warschau gekommen, wie so viele andere. „Die Musik ist so mystisch“, sagt Jacek. „Und Dave Gahan ist der beste Bandleader der Welt“, sagt sein Freund Marcin. Depeche-Mode- Fans sind die vier Polen seit Ende der 80er Jahre, und seit 2001 fahren sie immer gemeinsam auf die Konzerte, ohne Ehefrauen.

In Berlin auf Konzerte zu gehen, wird für Polen ohnehin immer interessanter: Schon Madonna oder etwa Pink haben viele von ihnen nach Deutschland gelockt. Es gibt sogar eine Internetseite – www.rockinberlin.pl – auf der polnische Fans abrufen können, welche Band die nächste Reise lohnt. „Es sind doch nur knapp 100 Kilometer nach Berlin“, sagt Stadionmanager von Löbbecke. „Richtig aus Berlin und Umgebung kommen nur 50 Prozent der Fans.“ Glück hatten sie alle: Es regnete kaum. „It’s no good“, heißt ein Song. Stimmte aber nicht.

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