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© dpa

Der neue Chef des Olympiastadions: Herr der Ränge

Joachim E. Thomas wird demnächst Geschäftsführer des Olympiastadions. DerJurist ist eigentlich Kölner, aber immerhin hatte seine Oma eine Laube in Mahlsdorf.

Der Neue hat eigentlich keine Zeit, Termine, Termine. Gerade sitzt er in Stuttgart, eine Konferenz, aber na gut: Müssen die Kollegen eben noch kurz warten, sagt Joachim E. Thomas am Telefon, „reden wir“. Reden übers Olympiastadion in Berlin – sein Olympiastadion.

Joachim E. Thomas ist 55 Jahre alt und bald Geschäftsführer des Olympiastadions. Seinen Job in Westend tritt er am 1. Juli an, der Vertrag läuft bis 2015. „Ich will mich voll auf Berlin einlassen und so schnell wie möglich zurück.“

Zurück? Groß geworden ist Joachim Emil Thomas am Rhein („man mag’s mir verzeihen, aber mein kölsche Hätz schlägt für den 1. FC Köln“), seine Mutter ist in Friedrichshain geboren, „meine Großeltern hatten eine Laube in Mahlsdorf“, und vor einigen Jahren hat er am Savignyplatz gewohnt, als er für Artur Brauner Filmproduktionen aufbaute. Berlin passt also schon mal gut, im Privaten.

Das Geschäft aber ist viel wichtiger, das Stadion ist schließlich ein Landesbetrieb. Viele Monate hat der Aufsichtsrat um Sportstaatssekretär Thomas Härtel nach einem Nachfolger gefahndet. Peter von Löbbecke wollte schon voriges Jahr „aus Altersgründen“ aufhören, aber das klappte nicht, somit hat der 67-Jährige noch ein Jahr drangehängt. Nun ist im Sommer Schluss nach sechs Jahren: Er habe zwei Weltmeisterschaften (2006 und 2009) erleben dürfen, viele Konzerte von Madonna über AC/DC bis zu Robbie Williams – „und auch Hertha“, sagt von Löbbecke. Das darf man als kleine Spitze verstehen, gab es doch so manchen heftigen Streit und absurde Prozesse hinter den Kulissen. Das Verhältnis zum Mieter – Hertha zahlt 175 000 Euro pro Spiel – hat sich wieder entspannt. 

Der Neue, ein Jurist, hat hingegen sehr enge Kontakte zu Hertha, da scheint’s keinen großen Ärger zu geben: Thomas ist Aufsichtsrat der Berliner Zächel AG, die sich seit Jahren um die Vips im Stadion kümmert und wiederum eng verbandelt ist mit Herthas Vermarkter Sportfive.

Kungelei? „Er muss das mit uns abstimmen. Einen Interessenkonflikt darf es nicht geben“, sagt Staatssekretär Härtel. Und Thomas stellt schnell klar: „Ich lege mein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender im Sommer natürlich nieder.“

Für den 55-Jährigen, der derzeit fürs Stadion in Frankfurt am Main arbeitet, sprechen andere Dinge. Nur ein kurzer Blick in den Lebenslauf: Er kann Massenveranstaltungen organisieren (2005, der Weltjugendtag in Köln), kennt den Markt der konkurrierenden Großhallen (er war Programmdirektor der größten deutschen Arena, der in Köln), er kennt die Medienszene (als Marketingchef bei n-tv), kann Festivals etablieren (als Direktor des Schleswig-Holstein-Klassikfestivals) und versteht sich mit den Kollegen: Gestern wurde er in Stuttgart als Vorstandschef der „Vereinigung deutscher Stadionbetreiber“ wiedergewählt.

In Berlin soll er das Stadion als Sehenswürdigkeit etablieren, es pilgern schließlich 250 000 Besucher außerhalb von Veranstaltungen in die Arena; er soll den weitgehend ignorierten Olympiapark mit in den Blick nehmen. Und natürlich soll er Events in die Vip-Räume ködern und Konzertveranstalter anlocken, nicht nur die Megastars. Warum sollte das Stadion nicht mal quer bespielt werden – also mit einer Bühne vor der Haupttribüne, auf der 20 000 Zuschauer Platz haben?

Der scheidende Manager Peter von Löbbecke sagt: „Er war mein Wunschkandidat.“ Sportstaatssekretär Thomas Härtel formuliert es pathetisch: „Er ist ein Gewinn für unsere Stadt“. Und Thomas? „Nun lassen Sie mich doch erst mal nach Berlin kommen, dann reden wir weiter.“ Er muss erst mal alle kennenlernen. So wie Hertha-Manager Michael Preetz. Den hat er Mittwochnacht beim Länderspiel in München getroffen und gesagt: „Ich bin der Neue.“ André Görke

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