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CSD

© ddp

Christopher Street Day: Raver und Sammler

Schrille Demo der Homosexuellen: Auch Berlins Politiker demonstrierten Solidarität. Die Putztruppe hatte ebenfalls einen starken Auftritt. Die Straßen waren gleich nach der Parade wieder sauber.

Es war eine schrille und glitzernde Party, bei der am Sonnabend nach Angaben der Veranstalter 550 000 Lesben, Schwule, Transsexuelle und Schaulustige den Christopher Street Day feierten. Der CSD erinnert an Proteste, mit denen sich Homosexuelle 1969 in New York gegen Polizeigewalt wehrten.

Auch im Berlin des Jahres 2009 forderten Veranstalter und Politiker mehr Rechte für Homo- und Transsexuelle. Die Pride-Parade stand unter dem Motto „Stück für Stück ins Homoglück – Alle Rechte für alle“. Die Veranstalter forderten, den Schutz und die Anerkennung der sexuellen Identität in den Artikel drei des Grundgesetzes aufzunehmen. Die Fraktionen von SPD, Linke und Grünen im Abgeordnetenhaus hatten sich am Donnerstag für die Grundgesetzänderung ausgesprochen. Dafür erhielt der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) während der Abschlusskundgebung an der Siegessäule viel Applaus. Gleichzeitig dämpfte er die Erwartungen an die Initiative, die eine Zweidrittelmehrheit erfordert. „Aber wir werden weiter kämpfen“, sagte Wowereit.

Wowereit forderte außerdem eine Entschädigung und eine Rentenregelung für diejenigen, die unter dem 1994 abgeschafften Paragrafen 175 des Strafgesetzbuches verurteilt wurden. Der Paragraf hatte den Geschlechtsverkehr zwischen Männern unter Strafe gestellt. Der Regierende kündigte außerdem eine Kampagne gegen Homophobie an. „Wir lassen es uns nicht gefallen, dass Küssen in der Öffentlichkeit als abartig bezeichnet wird“, sagte er in Anspielung auf einen Vorfall in Schöneberg. Und auch auf Plakaten wurde daran erinnert, dass der Inhaber einer Eisdiele Anfang Mai zwei küssende Frauen beschimpft hatte.

Auch andere Politiker zeigten auf dem CSD Gesicht: Die Fraktionschefin der Grünen, Renate Künast, und die CDU-Bundestagsabgeordnete Monika Grütters eröffneten mit Wowereit die Parade. Der FDP-Vorsitzende im Abgeordnetenhaus, Christoph Meyer, zog ebenso mit wie Linken-Chef Klaus Lederer. Am Abend wurden Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) und der Rechtsanwalt und Aktivist für Homosexuellenrechte, Helmut Graupner, mit dem Zivilcouragepreis geehrt.

Zwischenfälle, bei denen die Polizei hätte eingreifen müssen, gab es am Sonnabend nicht. Die Feier am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen im Tiergarten wurde wegen eines Unfalls abgebrochen. Der 96 Jahre alte frühere KZ-Häftling Rudolf Brazda stürzte am Rednerpult und verletzte sich leicht.
Anna Sauerbrey

Erst tanzten die Demonstranten, dann fegten die anderen. Und wie. Die Männer in Orange, mittlerweile erfahren im Beseitigen von tonnenweise Müll nach Großereignissen, hatten die Straßen am Sonnabend ruckzuck wieder sauber. Vor allem Papier, aber auch leere und zerbrochene Flaschen lagen nach der CSD-Parade herum. Mehr als 50 Kubikmeter Müll hatte die Stadtreinigung am Schluss eingesammelt.

Gemäß Putzplan hatten 120 Mitarbeiter fast im "Windschatten" des letzten Fahrzeugs die Paradestrecke und meist auch die angrenzenden Straßen vom Müll befreit, so dass die Polizei die Route schnell von Kreuzung zu Kreuzung wieder freigeben konnte. Die BSR setzte 50 Kehr-, Spül- und Sammelfahrzeuge ein. Noch in Sichtweite hinter dem letzten Parade-Lastwagen bliesen zwei Sprengwagen den gröbsten Müll mit scharfem Wasserstrahl an die Straßenränder. BSR-Leute mit großen Besen nahmen sich die Gehwege vor, umgerüstete Schneepflüge schoben die größeren Brocken - Glasscherben, Dosen, Plastikbecher, Papier - zu Haufen zusammen, die von Mitarbeitern Minuten später mit Baggern auf große Lastwagen geschaufelt wurden. Zwischendurch hatten Männer, bewaffnet mit Laubgebläse, auch noch die kleineren Teile sowie den Inhalt der übergequollenen Papierkörbe in den Rinnstein bugsiert.

Was die Baggerschaufeln nicht erwischt hatten, wurde anschließend von einem Quintett aus zwei Sprengwagen und drei großen Kehrmaschinen beseitigt. Als Nachhut folgten schließlich zwei kleine Kehrmaschinen, deren Bürsten auch in die Parkbuchten reichten. Besondere Probleme machten die weggeworfenen Flyer, die fast Stück für Stück aufgesammelt werden mussten. Eine Stunde nach der CSD-Parade war auch die Armada der BSR weitergezogen. Die Potsdamer Straße sah so sauber aus wie sonst fast nie. Gegen 21.30 Uhr war nach Angaben von BSR-Sprecher Thomas Klöckner die gesamte Demonstrationsroute bis zur Yitzhak-Rabin-Straße an der Straße des 17. Juni wieder sauber. An der Siegessäule begannen die Aufräumarbeiten gegen 23 Uhr. Und um 6 Uhr konnte die Putz-Armada Vollzug melden, wie es der Plan vorgesehen hatte.

Probleme, für die Arbeit am Sonnabend genügend Mitarbeiter zu finden, habe der Betrieb nicht, sagte Klöckner. Wer zur Sonderschicht antritt, die als normale Arbeitszeit mit einem entsprechenden Ausgleich bewertet wird, erhält ein extra CSD-T-Shirt. Das sei Ansporn genug für die Mitarbeiter.
Klaus Kurpjuweit, Stefan Jacobs 

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