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Ausstellung im Filmmuseum: Angriff der Killermöwen

Das Filmmuseum Berlin zeigt das Werk des Großmeisters des Suspense: Hitchcock.

Draußen hinter der Haustür ist die Hölle los. Da ist ein Pochen, Hacken, Hämmern, ein Krächzen, Kreischen, Schreien, ein Flattern, Krachen, Schaben - die Laute einer Urgewalt, die sich voller Mordlust hineindrängt ins Heim der Menschen. Schon beginnt das Holz zu splittern, bohren sich messerscharfe Schnäbel hindurch, durchstoßen die Tür wie tödliche Dolche.

Wer Hitchcocks "Die Vögel" gesehen hat, vergisst diese Szene nicht. Die Bilder nicht, Rod Taylor und Tippi Hedren in höchster Gefahr, und schon gar nicht die Geräuschkulisse des Angriffs der Killermöwen. Der Film spielt an der kalifornischen Küste, dort wurde 1962 gedreht, die Vogelschreie aber stammten aus Berlin, waren von dem Komponisten Oskar Sala an dessen Trautonium, einem Vorläufer des Synthesizers, entworfen und eingespielt worden. Hitchcock war eigens nach Berlin gekommen.

"Casting a Shadow - Alfred Hitchcock und seine Werkstatt" heißt eine Ausstellung über den Großmeister des Suspense, die an diesem Mittwoch im Filmmuseum eröffnet wird. Die Übernahme des nahe Chicago gelegenen Block Museums stellt sein Gesamtwerk in den Mittelpunkt. Für Berlin wurde sie aus hiesiger Sicht ergänzt, ein alles andere als lokalpatriotischer Akt: Der Regisseur verdankte Berlin mehr als nur das metallische Krächzen wild gewordener Seevögel.

Auch Deutsche spielten mit

"Hitchcocks Filmsprache war sehr geprägt vom deutschen Kino der zwanziger Jahre", erzählt Nils Warnecke, einer der beiden Kuratoren der Ausstellung. Ausgegraben wurde etwa ein altes Foto von den Dreharbeiten zur deutsch-britischen Koproduktion "The Blackguard", die 1925 in Babelsberg entstand: eine Rampe, auf der Hitchcock, noch nicht als Regisseur, sondern aus Production Designer, einen endlosen Himmelsraum voller Engel arrangierte, vorne Erwachsene, dahinter Kinder, Zwerge, Puppen. Den Trick mit der Rampe hatte er ähnlich bei Murnau gesehen, der im Nachbarstudio "Der letzte Mann" drehte und dem jungen Mann aus England gern seine Arbeit erklärte. Auch privat profitierte Hitchcock von seiner ersten Berlin-Reise, lernte dabei seine spätere Frau Alma Reville kennen, die als Scriptgirl und Cutterin dabei war.

Wiederholt präsentierte "Hitch" Filme in Berlin, so 1960 "Psycho" und 1966 "Der zerrissene Vorhang". Darin setzt sich ein US-Wissenschaftler (Paul Newman) in die DDR ab, angeblich aus Gewissensgründen, an sich aber, um einem Wissenschaftler eine Formel abzujagen. Weite Teile spielen in Ost-Berlin, gedreht wurde in Hollywood, von kurzen Panoramaschwenks abgesehen. Für Szenen in der Alten Nationalgalerie nutzte Hitchcock Hintergrundmalereien, eine wurde jetzt ausgestellt, ebenso Material über Ost-Berlin, der Regisseur hatte gründlich recherchieren lassen. Auch Deutsche spielten mit, so Hansjörg Felmy und Wolfgang Kieling als Stasi-Männer. Einen lässt Hitchcock in einem Gasofen ermorden: Die Szene fällt wohl unter britischen Humor. Andreas Conrad

"Casting a Shadow. Alfred Hitchcock und seine Werkstatt". Filmmuseum, Potsdamer Straße 2, vom 29. Januar bis 10. Mai. Eintritt zur Sonderausstellung: 4 Euro. Ausführliche Krtitik am Freitag im Kulturteil.

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