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Stadtgeschichte: Kein U-Boot-Becken unter dem Teufelsberg

Fakten und Legenden: Ein Buch schildert die Geschichte des geheimnisumwitterten Ortes

Der Teufelsberg steckt voller Geheimnisse: Stadtforscher rätseln zum Beispiel darüber, ob unter der ehemaligen Abhörstation der Amerikaner und Briten noch ein vergessener Bunker liegt. Aber das ist wohl nur eine Legende, denn die Spione sollten die Anlage im Krisenfall verlassen und auf mobile Abhörtechnik ausweichen. Wenig bekannt, aber wahr ist, dass selbst das Riesenrad auf dem Deutsch-Amerikanischen Volksfest in Dahlem den Lauschern bei ihrer Arbeit half. Die Militärs hatten herausgefunden, dass es die Leistung ihrer Antennen verstärkte. Ende der siebziger Jahre drehte es sich auf ihre Weisung hin nach dem Rummel noch tagelang weiter.

Nachzulesen sind solche Anekdoten aus dem Kalten Krieg in einem schmalen, jetzt im Berlin Story Verlag erschienenen Buch von Andreas Jüttemann und Klaus Behling. Ersterer bietet Führungen auf dem Teufelsberg an (www.berlinsightout.de), sein Co-Autor ist Ex-DDR-Diplomat und Spionage-Experte. Für ihr Buch konnten sie auch auf Zeitzeugen zurückgreifen: Zwei Amerikaner und ein Brite erzählten vom Alltag in der „Field Station Berlin“, die den militärischen Funkverkehr im Ostblock und Richtfunktelefonate von DDR-Funktionären abhörte. Die Anlage war streng bewacht, wer damals in der Nähe spazieren ging, wurde leicht Zeuge direkter Ost-West-Konfrontation: Näherte sich auf den Waldwegen ein Auto der Sowjetischen Militärmission, raste ihm von oben sofort ein US-Jeep mit aufgepflanztem MG entgegen, und die Russen zogen im Rückwärtsgang wieder ab.

Der Dienst auf dem Teufelsberg muss anstrengend gewesen sein. Bis zu neun Stunden pro Schicht saßen die Mitarbeiter in fensterlosen Sälen, nach Dienstschluss soll sich mancher dem Alkohol ergeben haben. In den achtziger Jahren wurden die Spione selbst ausspioniert, als ein US-Unteroffizier und ein für die Army tätiger türkischer Automechaniker der DDR-Staatssicherheit zuarbeiteten. Der später verhaftete US-Soldat sitzt noch immer, nach 22 Jahren hoffe er, 2012 freizukommen, heißt es im Buch.

Geheimnisumwittert war das Areal schon ohne Berg. Als 1937 der Grundstein für die nie fertiggestellte Wehrtechnische Fakultät gelegt wurde, glaubten manche, man wolle dort in einem riesigen unterirdischen Becken U-Boote erproben. Von 1950 bis 1972 rollten täglich bis zu 800 Lastzüge in den Grunewald und brachten 26 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt. Er wurde zum 115 Meter hohen Teufelsberg aufgetürmt, benannt nach dem nahen Teufelssee. Auch an die diversen sportlichen Nutzungen wird in dem Buch erinnert: Vom Teufelsberg starteten Drachenflieger, dort kletterten West-Berliner Alpinisten, es gab drei Rodelbahnen, sogar eine Skipiste mit Schlepplift, und 1986 wurde dort sogar der Weltcup im Parallelslalom ausgetragen. Man erfährt von unverwirklichten Plänen wie einer Drahtseilbahn von der Deutschlandhalle zum Berg und von einem verwilderten Weinberg am Südhang, wo einst das „Wilmersdorfer Teufelströpfchen“ wuchs.

Jüttemann und Behling bilanzieren auch die gescheiterten Ideen nach dem Alliierten-Abzug: eine Sternwarte, ein Solarkraftwerk, diverse Bauprojekte, darunter eine Luxuswohnsiedlung mit Tagungshotel sowie die „Friedensuniversität“ der esoterischen Maharishi-Stiftung. Der Kölner Miteigentümer und Architekt Hartmut Gruhl dagegen will Denkmalschutz für die Anlage beantragen und Lofts in den Altbauten schaffen. Doch da der Berg vom Senat zum Waldgebiet erklärt wurde, sind die Chancen gering. Cay Dobberke

Buchvorstellung mit den Autoren am 26. Juni, 11 Uhr, im Café von Luck, Auerbacher Straße 10 in Grunewald



Klaus Behling,

Andreas Jüttemann:
Der Berliner Teufelsberg. Trümmer, Truppen und Touristen.

Berlin Story Verlag, Berlin. 5 Euro. 48 Seiten, 40 Abbildungen,

5 Euro

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