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Hochkultur für die Kinder aus den späten 80er Jahre: Die Backstreet Boys.

© SCHROEWIG

Stadtentwicklung in Berlin: Wie ein altes Kindheitsfoto zur Revolution aufruft

Aufgewachsen im Plastikjahrzehnt hatten es die Kinder der späten 80er Jahren nicht leicht. Doch Constanze Nauhaus findet die Lösung fürs Mietendilemma in einer alten Fotokiste.

Es stimmt ja: Die Mitte, Ende der 80er Geborenen haben kulturtechnisch wirklich das schlimmste Jahrzehnt abgekriegt. Musiktechnisch eingepfercht zwischen Backstreet Boys, Tic Tac Toe und Kelly Family (Michael Jackson wurde von der Geschmackspolizei ja erst posthum begnadigt), kulturell sozialisiert durch Tamagotchi, Game Boy und Diddl-Maus, gefangen in Hochwasserhosen, Spaghettitops mit toten Fischen drauf, Schuhen auf Bauklötzen – wer hätte trotz der Alles-kommt-irgendwann-wieder-Regel je gedacht, dass sich die Hipsteria 2018 damit einstylen würde? Dass aus dem ein oder anderen Kind des Plastikjahrzehnts überhaupt etwas geworden ist – da hat die Natur Gnade vor Recht ergehen lassen.

Und doch gilt auch hier: Es war nicht alles schlecht. Da kommt beim Kramen in der familiären Fotokiste zum Beispiel dieses Bild zum Vorschein: Prenzlauer Berg, 1991 oder ’92, schickes ABC-Schützen-Käppi (Schirm natürlich nach hinten!) auf der Rübe. Und dahinter? Prangt ein Graffito an der unsanierten Fassade: „Mietenboykott sofort!!!“ – einer der Schriftzüge, die man im sattgefressenen Prenzlauer Berg heute vergeblich sucht; Annähernd Revolutionäres verkünden vielleicht nur noch Neuköllner Wände.

Constanze Nauhaus vor dem revolutionären Graffito.
Constanze Nauhaus vor dem revolutionären Graffito.

© privat

„Quit playin’ games with my house“

Was wollen uns die 90er damit sagen – wer soll hier was boykottieren? Wohl kaum die Vermieter ihre Mieteinkünfte, wir leben ja nicht in Bullerbü. Vielleicht die Mieter das Mieten? Klar, nur noch kaufen, lässt sich im Kollwitzkiez gut umsetzen.

Aber der Kolle ist nicht überall, also zwingt uns die Fassaden-Exegese zu einem radikaleren Schritt: Anstatt noch jahrelang weiterzujammern von wegen Mietenwahnsinn und Wo-soll-das-alles-hinführen könnten wir Mieter unser Schicksal selbst in die Hand nehmen und kollektiv unsere Mietzahlungen einstellen! Einfach Dauerauftrag löschen, dauert ein paar Klicks. Sagen wir, zum 1. Januar? Die paar Vermieter werden es kaum schaffen, Millionen Berliner gleichzeitig aus den über 1,6 Millionen Mietwohnungen der Stadt zu klagen – zumindest nicht mit dieser Justizverwaltung. Frei nach den Backstreet Boys: „Quit playin’ games with my house“.

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