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Stadtautobahn: Letzte Ausfahrt Treptower Park

Die Stadtautobahn soll am Dreieck Neukölln um 3,2 Kilometer wachsen. Dagegen regt sich Widerstand. Ein Pro & Contra.

Kein Stück Autobahn in Deutschland ist so stark befahren wie die A 100. Das soll nach dem Willen des Senats auch so bleiben: Wer die Stadtautobahn nimmt, rollt – sofern kein Stau ist – nicht nur schneller durch die City, sondern erspart den Stadtstraßen auch Lärm und Dreck. Um möglichst viel Verkehr zu bündeln, soll die Stadtautobahn nun um 3,2 Kilometer verlängert werden, vom Dreieck Neukölln entlang des S-Bahn-Rings bis zum Treptower Park.

Die Planung ähnelt der beim Großflughafen BBI: Erst werden die Unterlagen erarbeitet, dann müssen sie öffentlich ausgelegt und die Belange Betroffener gegen das allgemeine Interesse an einer schnellen Straßenverbindung nach Treptow, Friedrichshain und Kreuzberg abgewogen werden. Das soll nach Auskunft der Verkehrsverwaltung im nächsten Jahr geschehen. Weil Klagen absehbar sind, hoffe man auf den Planfeststellungsbeschluss, also die Baugenehmigung, im Jahr 2010. Dann könne man loslegen und im Jahr 2016 fertig sein. Dass ein Gericht den Bau verbiete, sei unwahrscheinlich: So wie BBI werde zwar auch die neue Autobahn Menschen belasten. Aber das sei legitim, weil zugleich weitaus mehr Menschen entlastet würden. Bei der Autobahn sind wohl am ehesten jene betroffen, die am Adlergestell und den umliegenden Straßen wohnen. Genauer will man das am Jahresende wissen, wenn die „Verkehrsprognose 2025“ vorliegen soll.

Allerdings stammt die Planung aus der Zeit der Boomtown-Träume in den frühen 90ern. Damals kostete das Fass Öl noch 20 statt 125 Dollar und der Liter Benzin 1,30 Mark statt 1,50 Euro. Von Klimawandel war keine Rede, der Autobestand in Berlin wuchs – seit dem Jahr 2000 schrumpft er.

Auch die Baupreise haben sich geändert. War 2007 noch von einem 320-Millionen-Euro-Projekt die Rede, rechnet die Verwaltung nun mit 443 Millionen, die zum größten Teil der Bund zahlt. 138 000 Euro für jeden Meter Autobahn haben die Grünen errechnet. Allein für Grundstückskäufe sind 56 Millionen Euro eingeplant. 300 Kleingärten müssen weg, außerdem acht Gewerbebetriebe und voraussichtlich vier Mietshäuser mit knapp 200 Wohnungen.

Angesichts dieser Gemengelage fordern die Grünen, das Vorhaben aufzugeben und mit dem Bund über eine anderweitige Verwendung des Geldes zu verhandeln, etwa für einen Bahntunnel durch Lichtenrade oder eine Nord-Süd- S-Bahn. In der rot-roten Koalitionsvereinbarung ist das Vorhaben festgeschrieben – trotz Bedenken der Linken: Umweltsenatorin Katrin Lompscher sieht das Vorhaben kritisch und sagt: „Was nicht gebaut ist, kann man auch noch ändern.“

Dabei soll der Autobahnstummel erst der Anfang sein: Die Planer würden ihn am liebsten über die Spree nordwärts verlängern – unter dem Ostkreuz durch Friedrichshain bis nach Prenzlauer Berg. Das gilt in den dicht bebauten Kiezen jedoch als fast unmöglich. Und liefert den Kritikern ein weiteres Argument: Die Straßen rund um den Treptower Park würden durch den zusätzlichen Verkehr des Dauerprovisoriums chronisch verstopft sein, fürchten sie. Stefan Jacobs

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