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Die Berliner Verwaltung soll, wenn es nach Senatorin Pop geht, transparenter mit ihren Daten umgehen.

© Andrey Kuzmin/iStock

Stadt ohne Geheimnisse: Berliner Open Data-Verordnung nimmt erste Hürde

Für Transparenz und Bürgerbeteiligung will Wirtschaftssenatorin Ramona Pop Verwaltungsdaten öffentlich machen. Nun hat der Senat die Verordnung beschlossen.

Von Yannik Achternbosch

Geht es nach Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), könnte sich für Berliner Behörden sowie Unternehmen und Bürger in der Hauptstadt demnächst einiges ändern. Mit der „Rechtsverordnung zu Open Data“ will die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe alle Berliner Behörden dazu verpflichten, gesammelte Daten öffentlich zu machen.

Außerdem sollen mit der neuen Regelung Transparenz, Bürgerbeteiligung und wirtschaftliche Entwicklung gestärkt werden. Am Dienstag hat der Senat die Verordnung beschlossen. Nun muss der Entwurf dem Abgeordnetenhausvorgelegt werden.  

Mit der Verordnung könnte die Landesregierung einen wichtigen Punkt aus dem gemeinsamen Koalitionsvertrag umsetzen. Dort hatte man sich 2016 dazu verpflichtet, eine „zentrale Stelle zur Umsetzung der Berliner Open-Data-Strategie“ zu schaffen. 

Pops Ziel ist es, das große „wirtschaftliche Potential“ der Daten von Behörden zu nutzen. Im Entwurf wird eine Studie zitiert, derzufolge in Deutschland bei einer konsequenten Umsetzung von Open Data-Konzepten bis zu 18.000 neue Arbeitsplätze entstehen könnten. 

Generell soll die Neuerung aber nicht nur Unternehmen, sondern allen Bürgerinnen und Bürgern helfen. Durch die öffentliche Einsehbarkeit relevanter Daten würde das Handeln der Regierung und Verwaltung transparenter Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger gestärkt.

Umfassendes Themenspektrum

Sollte die Verordnung in Kraft treten, ist jede Behörde verpflichtet, einen Open-Data-Beauftragten zu ernennen. Dieser koordiniert dann die Open Data-Maßnahmen der jeweiligen Behörde und dient als interne und externe Ansprechperson. Eine zentrale Ansprechpartnerin der Senatsverwaltung koordiniert die Open-Data-Angelegenheiten aller Behörden. 

Die Daten, die Behörden laut der neuen Verordnung veröffentlichen müssen, umfassen zahlreiche Bereiche des Lebens und der Verwaltung. Im Entwurf werden unter anderem Bevölkerung und Gesellschaft, Infrastruktur, Stadtplanung, Energie und Entsorgung genannt. Vorstellbar wären zum Beispiel detaillierte Daten zur Bevölkerung in den Bezirken oder Gutachten aus dem Bereich der Stadtplanung.

Dabei müssten die Behörden nur jene Daten veröffentlichen, deren Erhebung bereits abgeschlossen ist. Gleichzeitig soll die Verordnung nur für Daten gelten, die nach Inkrafttreten des Gesetzes von den Behörden gesammelt werden. Matthias Borowski, stellvertretender Sprecher der Senatsverwaltung für Wirtschaft, sagte dem Tagesspiegel, dass „eine rückwirkende Veröffentlichung trotzdem möglich und gewünscht“ sei.

Nur durch die Veröffentlichung aktueller und alter Daten könnten beispielsweise Zeitreihen erstellt werden, aus denen bestimmte Zusammenhänge klar würden. Verpflichtend sei eine Veröffentlichung von alten Daten allerdings nicht. 

Kein Grund zur Angst vor Datensammelwut

Angst vor einer Datensammelwut durch die Behörden müssen die Berlinerinnen und Berliner bei Inkrafttreten der neuen Regelungen allerdings nichthaben. Alle Daten, die veröffentlicht werden, erheben die Behörden bereits. Aktuell werden sie lediglich unter Verschluss gehalten.  

Nun sollen diese Daten der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden und damit, wie Pop sagt, einen wichtigen Schritt für “Smart City Themen, für eGovernment und andere innovative Neuerungen” darstellen. Auch die Veröffentlichung personenbezogener Daten muss niemand fürchten: Im Entwurf gibt es Einschränkungen, die genau diese Probleme verhindern sollen.

So sind neben personenbezogenen Daten auch alle Daten ausgenommen, die das Verhältnis zu anderen Staaten negativ beeinflussen könnten oder die aus anderen Sicherheitsgründen nicht öffentlich gemacht werden können. 

Sollte die neue Open-Data-Verordnung so umgesetzt werden, tritt sie sechs Monate nach ihrer endgültigen Verabschiedung in Kraft. Sowohl die Senatsverwaltung als auch Arne Semsrott von der Open Knowledge Foundation Deutschland sehen diese Frist für betroffene Behörden als realistisch an.

Die Senatsverwaltung betont, dass die Verordnung „mit allen betroffenen Behörden besprochen und abgestimmt“ wurde, weswegen alle Behörden auf das Inkrafttreten vorbereitet sein sollten. Semsrott sagt, die Verwaltung müsse schnell liefern, nachdem die Bürgerinnen und Bürger so lange auf eine Open Data-Verordnung warten mussten. 

Immer noch kein Transparenzgesetz

Für viele Experten bleibt der Entwurf jedoch hinter den Erwartungen zurück. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft betont zwar, dass sie lediglich einen ersten Schritt zu einem Transparenzgesetz darstellt, allerdings kommt genau daran Kritik. Semsrott bezeichnet die Open Data-Verordnung als „stumpfes Schwert“: „Nur ein richtiges Transparenzgesetz gibt den Berliner Bürgerinnen und Bürgern einen Rechtsanspruch auf Informationen, den sie notfalls vor Gericht durchsetzen können.“ Zu dieser Kritik passt auch, dass die neue Regelung keinerlei Sanktionen vorsieht, falls Behörden Daten nicht veröffentlichen, wie die Senatsverwaltung auf Nachfrage bestätigte. 

Insgesamt sei die Grundhaltung der meisten Senatsverwaltungen selbst das größte Problem für Open Data, so Semsrott. „Sie begrüßen zwar nach außen Open Data, wollen aber für sich selbst Ausnahmen davon schaffen.“ Dadurch bleiben viele Daten und damit viel Wissen weiterhin unter Verschluss, Open-Data-Verordnung hin oder her. 

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