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Am Freitag war ein Mann mit einem Messer in seiner Hand plötzlich vor der Neuen Synagoge aufgetaucht.

© Soeren Stache dpa/lbn

Staatsanwalt Feuerberg über Vorfall vor Synagoge: „Es spricht viel für eine Erkrankung“

Nach dem Messer-Vorfall am Freitag befindet sich der Mann in der geschlossenen Psychiatrie. Es gebe keine Hinweise auf eine Verbindung zum Terrorismus.

Von Frank Jansen

Herr Feuerberg, warum wurde am Sonnabend der Syrer freigelassen, der am Freitag mit einem Messer die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße angreifen wollte und von Objektschützern überwältigt wurde?

Er wurde freigelassen, weil es nach jetzigem Stand der Ermittlungen nicht einmal zum Versuch einer erheblichen Straftat gekommen ist. Die Objektschützer und die herbeigeeilten Streifenbeamten haben einen hervorragenden Job gemacht. Es besteht derzeit ausschließlich der Anfangsverdacht eines Hausfriedensbruchs durch Überklettern des Absperrgitters.

Eine bedrohliche Situation, die den Einsatz der Sicherungskräfte rechtfertigte, ist noch keine Bedrohung nach dem Strafgesetzbuch. Es wurden nach dem Vorfall noch in der Nacht alle zulässigen Schritte, insbesondere Durchsuchungen und Blutentnahme, durchgeführt. Mit dem Ergebnis, dass es keine Handhabe für eine Freiheitsentziehung gab. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Ermittlungen nach der Entlassung eingestellt worden wären. Sie werden aktuell mit Hochdruck weitergeführt.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, wirft der Staatsanwaltschaft vor, sie habe „frappierend“ versagt. Haben Sie dafür Verständnis?

Ich habe vollstes Verständnis für die Besorgnisse, die der Vorfall beim Zentralrat ausgelöst hat, insbesondere vor dem Hintergrund des besonderen Symbolcharakters, den die Synagoge in der Oranienburger Straße hat, und der Messerattacke im Pariser Polizeipräsidium vor wenigen Tagen. Gewünscht hätte ich mir allerdings, dass man uns vor entsprechenden Anwürfen selbst einmal zum Sachverhalt gefragt hätte.

Tatsache ist, dass der Vorfall gerade wegen der genannten Faktoren bei der Generalstaatsanwaltschaft im Bereich Terrorismus bearbeitet worden ist. Weil ich die Besorgnis hatte, es könnte sich bei dem Angreifer um jemanden handeln, der als Attentäter entsandt und in irgendeiner Weise gesteuert worden sein könnte. Nur haben sich nach jetzigem Stand dafür keinerlei Anhaltspunkte ergeben, geschweige denn Beweise. Derzeit spricht viel für eine akute psychische Erkrankung, wobei wir natürlich auch prüfen, ob sich nicht jemand dies zunutze machen wollte.

Dirk Feuerberg ist Leitender Oberstaatsanwalt.
Dirk Feuerberg ist Leitender Oberstaatsanwalt.

©  Wolfgang Kumm / dpa

Der Syrer soll „Allahu akbar“ und „Fuck Israel“ gerufen haben. Reicht das nicht für ein antisemitisches Tatmotiv?

Mir würde dies reichen, wobei die letztgenannte Äußerung nach den Zeugenaussagen nicht sicher ist. Was wir bräuchten, wäre eine dazugehörige Tat. Nach jetzigem Stand der Ermittlungen ist es weder zu Tätlichkeiten noch zur Androhung von Tätlichkeiten gekommen. Und die Beschaffung eines Messers reicht nach der Rechtsprechung nicht für die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat aus.

Was für ein Messer hatte der Syrer bei sich?

Ich würde es nach den mir vorliegenden Bildern als Jagdmesser einordnen. Entscheidend ist allerdings, dass der Besitz rechtlich keine Straftat darstellt.

Was hat der Täter bei der Vernehmung durch die Polizei gesagt? Was wurde in seiner Wohnung gefunden?

Der Beschuldigte hat nur sehr wenig gesagt. Er gab an, sich sein eigenes Verhalten nicht erklären zu können. Gefunden wurden Handys und Computer, die Auswertung dauert an. Aktuell gibt es keine Hinweise auf eine Steuerung des Mannes oder eine Radikalisierung, bislang nicht einmal für eine besonders strenge Auslegung des Koran.

Wie lässt sich nun sicherstellen, dass der Syrer nicht wieder eine jüdische Einrichtung attackiert?
Aktuell würde ich eine derartige Gefahr ausschließen. Der Beschuldigte befindet sich in der geschlossenen Psychiatrie.

Dirk Feuerberg ist Leitender Oberstaatsanwalt und Stellvertreter von Generalstaatsanwältin Margarete Koppers.

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