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Der Berliner Künstler Kai Imhof alias "RAWS".

© Doris Spiekermann-Klaas

Spray-Künstler Raws: „Ich will eigentlich nur meine Kunst machen“

Einst sprühte Kai Imhof als „Raws“ illegal Graffitis auf den Straßen. Heute stellt er seine Kunst legal aus und erfindet seine Sparte neu.

Wo verläuft die Grenze zwischen Graffiti und abstraktem Design? Vielleicht muss man das ganz anders denken, das ist zumindest der Ansatz von Kai Imhof alias „Raws“. Neograffism nennt er das und so lautet auch der Titel seiner ersten Einzelausstellung, die Donnerstagabend in der Friedrichshainer Urban-Spree-Galerie auf dem RAW-Gelände eröffnet wird.

Als Graffitikünstler sieht Imhof sich nicht. „Graffiti gehört für mich auf die Straße“, sagt er. Auf der Straße, an Häuserwänden, liegen aber seine Ursprünge als Künstler. Mit Bombing an Fassaden, also illegalen Graffitis, fing der 28-Jährige während seiner Schulzeit an. „Der große Bomber war ich aber eigentlich nie.“ Dann hatte er ein paar Mal Ärger mit der Polizei und entschied sich für den legalen Weg. „Ich wollte auf jeden Fall weiter Graffiti machen und habe mich dann mehr auf die Ästhetik konzentriert.“

Als Abiturient sprayte er mehrmals wöchentlich an legalen Graffitiwänden, sogenannten Hall of Fames. „Dann hast du irgendwann 300 Mal deinen Namen gesprüht und willst dich weiterentwickeln.“ Er begann, Grafikdesign zu studieren und mit unterschiedlichen Kunststilen zu experimentieren, Graffiti mit Design zu verbinden, Stilmittel aus dem Bauhaus und dem Minimalismus einfließen zu lassen. Er brachte Grafik in seine Graffiti – und seine Arbeiten von der Straße auf die Leinwand.

Und auch das war irgendwann zu wenig: Mittlerweile sprayt er auf Alufelgen, gestaltet Sneaker, designt Catwalks. Seine Bilder hängen bei Tim Raue und an Wänden überall auf der Welt. Ist das noch Graffiti oder schon Kommerz? „Mit Underground hat meine Kunst nicht viel zu tun“, sagt Imhof. „Ich will eigentlich nur meine Kunst machen“, sagt er. Dass er davon mittlerweile leben kann, ist für ihn die Erfüllung eines Lebenstraums. „Ich stehe morgens auf und kann den ganzen Tag Dinge sprayen, die ich mag. Das macht einfach mega Spaß.“

Zwischen Freiheitsdrang und Kommerz

In der Graffitiszene kommt das traditionell nicht immer gut an. Ihm ist es egal. „Es gibt da gefühlt zwei Lager. Die, die erkannt haben, da geht noch was, da kann man auch Geld verdienen. Und es gibt die, die illegal sprayen und viel radikaler sind“, sagt er. Klassische Graffiti findet er trotzdem wichtig, allein wegen der gesellschaftskritischen Komponente, des Strebens nach Freiheit. Das könne man auch bewundern, ohne selbst Teil davon zu sein, betont Kai Imhof.

Die Berliner Crew 1UP schafft nach seiner Ansicht den Spagat zwischen Kommerz und Straße: Die lose, anonyme Gruppe ist bekannt für ihre aufsehenerregenden, durchaus umstrittenen, weil illegalen Sprühaktionen auf U-Bahnzügen, in Tunneln und auf Häuserdächern. Sie verkauft aber auch Fanartikel, zeigt Dokumentationen ihrer Guerilla-Aktionen im Netz und sogar in Kinos und arbeitet mit Galerien wie der Urban Spree zusammen.

Graffiti neu betrachten

Mit seiner Ausstellung will Imhof Fragen aufwerfen. „Nehme ich etwas als Graffiti wahr, nur weil es aus gesprayten Buchstaben besteht? Was ist eigentlich Graffiti?“ Auch er selbst hat noch keine abschließenden Antworten für sich gefunden. Aber vielleicht muss er das auch gar nicht. Für ihn sei zentral, seinem Stil treu zu bleiben. Wenn er einen Spiderman für Marvel sprayt, sprayt er nicht irgendeinen, sondern die „Raws“-Version. Überhaupt lege er Wert darauf, nur mit Unternehmen zu kooperieren, deren Konzept ihm passt, sagt er. Und die müssten akzeptieren, dass er sein Ding macht.

Und noch etwas ist neu am Neograffism von „Raws“: Imhof und viele weitere Künstler vermarkten sich mittlerweile in erster Linie über soziale Medien, Facebook und Instagram etwa. „Du musst heute deine Stadt nicht verlassen, um auf der ganzen Welt bekannt zu werden“, sagt Kai Imhof. Er hat das Spiel schon verstanden.

Die Ausstellung #Neograffism läuft vom 24. Mai bis 9. Juni in der Urban-Spree-Galerie, Revaler Straße 99, Dienstag bis Sonntag 12 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei. Die Vernissage findet am 23. Mai um 19 Uhr statt.

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